Greenpeace Report: CCS ist ein Irrweg
Das Abscheiden und die unterirdische Endlagerung von Kohlendioxid (CCS) hat bisher in keinem der wenigen weltweit umgesetzten Projekte reibungslos funktioniert. Die Technologie kann der deutschen Wirtschaft nicht zur Klimaneutralität verhelfen.
18.09.2024 – Das Fazit der Greenpeace-Studie ist eindeutig: CCS ist ein Irrweg, das Verpressen von Kohlendioxid ist teuer, riskant und kaum umsetzbar. Den Report „Irrweg CCS“ hat das Forschungsbüro Energy Comment im Auftrag von Greenpeace verfasst.
Alle bisherigen CO2-Deponien sind demnach von Verzögerungen, unerwarteten Projektabbrüchen und geologischen Unsicherheiten geprägt. Die Kosten sind unverändert hoch, langwierige Störungen sind an der Tagesordnung. Ohne staatliche Unterstützung würde kein Projekt die frühe Planungsphase überleben. Die Gemeinschaft wird auf dem CCS-Pfad dauerhaft die Entsorgung von Klimaemissionen finanzieren, statt ihre Entstehung gleich von vornherein zu verhindern.
Vergleiche mit der Kostenentwicklung bei der Solar- oder Windindustrie seien völlig fehl am Platz. Im Verlauf der letzten Jahrzehnte konnten bei CCS-Projekten keine Kostensenkungen beobachtet werden. Zudem sind CO2-Deponien sind nicht standardisierbar. Jedes Projekt muss die individuelle Geologie der Lagerstätte mit großem Aufwand analysieren und eine maßgeschneiderte Lösung entwickeln.
Bisher gibt es weltweit nur eine Handvoll größerer CCS-Anlagen, in Europa nur die norwegischen Projekte Sleipner und Snøhvit. Beide kämpfen mit erheblichen Problemen, wie der Bericht analysiert. So breitet sich das CO2 im Endlager Sleipner mittlerweile in Erdschichten aus, die vorab gar nicht bekannt waren und die viel näher an der Erdoberfläche liegen als vorgesehen. Bei Snøhvit mussten erste Versuche der Verpressung abgebrochen werden, da der Druck unter der Erde zu schnell anstieg.
Das geologisch ähnliche CCS-Projekt In Salah (Algerien) scheiterte vollständig. Die Projektbetreiber ignorierten den unerwartet rasch steigenden Druck in der CO2-Lagerstätte viel zu lang. In der Region über der Deponie hob sich der Boden um mehrere Zentimeter. Erst im letzten Moment wurde die Einpressung von CO2 abgebrochen und das Projekt beendet.
Größenordnungen übersteigen das Machbare
Außerdem konstatiert der Report, dass die verpressten CO2-Mengen bei allen bisherigen CCS-Projekten weit hinter den ursprünglichen Plänen zurückbleiben. Doch um nur zehn Prozent der derzeitigen fossilen Emissionen unterirdisch zu deponieren, bräuchte es 3300-mal die Kapazität des bislang größten europäischen CCS-Projekts Sleipner (Norwegen). Das sei eine Größenordnung, die weder technisch noch ökonomisch in den nächsten Jahrzehnten auch nur ansatzweise bewältigbar ist. Von den absehbaren Verzögerungen beim Bau von Hunderttausenden von Kilometern CO2-Pipelines, Häfen und CO2-Tankern einmal ganz abgesehen.
Nur wenige CCS-Projekte wollen CO2 dauerhaft deponieren
Nur neun der bereits betriebenen Projekte haben eine dauerhafte CO2-Deponierung zum Ziel. Von diesen neun CCS-Projekten sind zwei in Europa (Sleipner, Snøhvit). Fast alle großen Projekte in dieser Gruppe haben Natural Gas Processing zum Ziel, also die Reinigung CO2-reicher Erdgasvorkommen. Das Erdgas erzeugt dann anschließend bei den Abnehmern genauso viel Emissionen wie bei anderen Erdgasangeboten. Hier erzeugt die Gasindustrie also erst das Problem, nämlich die Ausbeutung CO2-reicher Gasvorkommen, statt sich von vornherein auf CO2-arme Gasvorkommen zu konzentrieren.
Deutschland will Kohlendioxid in der Nordsee lagern
Bislang ist das unterirdische Verpressen von CO2 in Deutschland aus Sicherheitsgründen verboten. Doch mit der Änderung des CO2-Speichergesetzes will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Weg für CO2-Endlager unter der Nordsee freimachen.
Greenpeace warnt davor, dass für einige Industriebranchen und vor allem für die Öl- und Gasindustrie nun aus dem Notnagel ein üppig subventionierter, weltumspannender Rettungsanker wird. Und nicht nur das: Aus CCS werde in den nächsten Jahren ein milliardenschweres Geschäftsmodell. Die Öl- und Gaskonzerne verlängern damit ihre Werkbank und verdienen nicht nur beim Verkauf von Öl oder Gas, sondern auch bei der Entsorgung der dadurch erzeugten Emissionen. pf