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ElektrizitätDas Stromzeitalter ist angebrochen

Strommast vor blau-rosa Himmel
Das Stromzeitalter kommt. Jetzt muss das Stromsystem flexibler werden (Bild: Nikola Johnny Mirkovic / Unsplash).

Die globale Stromnachfrage steigt schneller als je zuvor. Der Zuwachs von jährlich etwa 4 Prozent bis 2027 wird fast vollständig durch den Zubau Erneuerbarer Energien gedeckt. Doch das Stromsystem muss flexibler werden, um resilient zu bleiben.

19.02.2025 – Das Zeitalter der Elektrizität ist angebrochen. Bereits über die kommenden drei Jahre wird die globale Stromnachfrage so stark ansteigen wie kaum jemals zuvor, zeigt der Bericht Electricity 2025 der Internationalen Energieagentur (IEA).

Asien treibt Stromnachfrage, Afrika hinkt hinterher

Im vergangenen Jahr ist die globale Stromnachfrage um 4,3 Prozent gestiegen. Getrieben von der zunehmenden Elektrifizierung, der Industrieproduktion, Klimaanlagen und dem Ausbau von Rechenzentren weltweit werde die Stromnachfrage bis 2027 weiterhin um fast 4 Prozent pro Jahr ansteigen. Dies entspricht einer jährlichen Zunahme des weltweiten Stromverbrauchs um rund 3 500 TWh. Ende 2027 könnte der jährliche Stromverbrauch demnach bei rund 30 000 TWh liegen.

Besonders stark steigt die Stromnachfrage in China, Indien und Südostasien. Im Vergleich zu 2023, als noch eine 2,5-prozentige Zunahme verzeichnet wurde, werden die Zuwächse in Asien in den kommenden Jahren nicht mehr durch Rückgänge in den stärker industrialisierten Ländern abgefedert. 2024 war China allein für die Hälfte des globalen Zuwachses der Stromnachfrage verantwortlich. In den kommenden drei Jahren dürften rund 85 Prozent des Anstiegs auf dem zunehmenden Bedarf der asiatischen Länder beruhen. Anders sieht es in Afrika aus: Südlich der Sahara leben noch immer 600 Millionen Menschen ohne zuverlässigen Stromzugang.

China elektrifiziert

Um die Pariser Klimaziele einzuhalten, haben sich die G20 Länder zum Ziel gesetzt, den Stromanteil am Endenergieverbrauch bis 2025 auf 35 Prozent zu steigern. Mindestens die Hälfte muss mit Erneuerbaren Energien erzeugt werden.

China ist der größte Stromkonsument weltweit und Vorreiter bei der Elektrifizierung. Der Stromanteil am Endenergieverbrauch ist in China mit 28 Prozent bereits derzeit deutlich höher als in den USA mit 22 Prozent oder der EU mit 21 Prozent.

Der Stromverbrauch in China wächst schneller als die Wirtschaft – und auch in den kommenden Jahren wird China das Wachstum der Stromnachfrage maßgeblich weiter vorantreiben. Etwa ein Drittel der chinesischen Zunahme der Stromnachfrage beruht auf der Herstellung von PV-Solarmodulen, Batterien und Elektrofahrzeugen.

Trendwende in Europa

Für die fortgeschrittenen Volkswirtschaften wie Australien, Kanada, die Europäische Union, Japan, Korea und die Vereinigten Staaten wird im kommenden Dreijahreszeitraum entgegen dem Trend der letzten 15 Jahre wieder ein Wachstum der Stromnachfrage prognostiziert.

Seit 2009 blieb die Stromnachfrage in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften trotz Wirtschaftswachstum mehr oder weniger gleich oder sank sogar. Ermöglicht wurde dies durch eine Kombination aus mehr Effizienz im Endverbrauch sowie Umstrukturierung und Verlagerung von Schwerindustrien in den letzten Jahrzehnten.

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Die Stromnachfrage in der EU erholt sich langsam und steigt bis 2027 wieder auf das Niveau von 2021 an. Der Rückgang lag vor allem an der Konjunkturschwäche, während die allmähliche Erholung auf der zunehmenden Nutzung von Wärmepumpen, Elektrofahrzeugen und Rechenzentren beruht.

Erneuerbare decken zusätzlichen Strombedarf

Erneuerbare Energien wie Solar-, Wind- und Wasserkraft werden etwa 95 Prozent des Stromnachfrageanstiegs decken. Die Autoren des Berichts gehen davon aus, dass Erneuerbare 2025 mehr als ein Drittel der gesamten Stromerzeugung weltweit liefern werden, und damit die Kohle überholen. In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften sollte die Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen zudem weiter zurückgehen.

Der Anteil an Solar-PV am globalen Strommix betrug 2024 7 Prozent und steigt bis 2027 weiter an. In den nächsten drei Jahren wird ein Zuwachs von rund 600 TWh Solarstrom pro Jahr erwartet. Rund die Hälfte des Wachstums der Stromnachfrage wird im Prognosezeitraum durch Solarenergie gedeckt, ein weiteres Drittel durch Windenergie.

Emissionen aus Stromsektor stagnieren

Im Prognosezeitraum werden die Emissionen des Stromsektors erstmals nicht mehr steigen, sondern stagnieren. Durch den Ausbau Erneuerbarer Energien weltweit wird zudem mit großer Wahrscheinlichkeit der Anteil der Kohleverstromung am globalen Strommix bis 2027 unter ein Drittel sinken.

Der Anteil von Erdgas an der Stromerzeugung wird allerdings weiterhin um jährlich etwa 1 Prozent steigen. Dabei sinkt die Gasverstromung in Europa, Nord- und Südamerika, und steigt in Asien und dem Nahen Osten. Mit rund 13 800 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr bleibt der Stromsektor vorerst die größte Emissionsquelle.

Strompreise sinken

Der Energierohstoffpreis ist im vergangenen Jahr weltweit gesunken, ebenso die Strompreise am Strommarkt. In der Europäischen Union, Indien, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten fielen die Strompreise im Vorjahresvergleich durchschnittlich um 20 Prozent. In Nordeuropa und den USA entsprechen sie damit wieder etwa dem Preisniveau vor der Covid-Pandemie.

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Die Zukunft Europas ist elektrisch. Das müsse auch die Energiesicherheitsstrategie widerspiegeln, und einen größeren Fokus auf Ausbau und Flexibilisierung eines Erneuerbaren Stromsystems legen, fordert der europäische Stromverband Eurelectric.

Die Strommarktpreise schwanken allerdings stärker als früher, da mehr Erneuerbare Energien eingespeist werden und das System noch zu unflexibel ist. Mehrere Regionen verzeichnen deshalb zunehmend Phasen negativer Strompreise. Diese sollten einen Anreiz für flexible Verbraucher und Erzeuger sowie Speicherlösungen setzen.

Flexibler werden

Die Autoren des Berichts mahnen an, dass die Preisanreize möglicherweise von ordnungspolitischen Maßnahmen flankiert werden müssen, um schnell genug ausreichend Systemflexibilität zu erreichen. Entscheidend seien angemessene rechtliche Rahmenbedingungen, Marktdesigns und Tarifstrukturen.

Kurzzeitige Dunkelflauten und entsprechende Preisspitzen hatten kaum Einfluss auf die Durchschnittspreise. Auch sie seien jedoch ein Signal, dass mehr Flexibilität geschaffen und Hürden für den Stromhandel reduziert werden müssten, um die Energieversorgung langfristig stabil und günstig zu sichern.

Zunehmende Extremwetter einkalkulieren

Die Zunahme an Extremwetterereignissen in Folge der Klimakrise stellt zunehmend eine Gefahr für die weltweite Stromversorgung dar. Stürme, Dürren und Hitzewellen führten im vergangenen Jahr zu zahlreichen Unterbrechungen der Stromversorgung sowie einen häufigen Ausfall der Wasserkraft zur Stromerzeugung.

Ein flexibleres Stromsystem mit abschaltbaren Kapazitäten, Speichern und anderen Flexibilitätsoptionen wie Nachfragereduzierung und Verbundnetze werden die Versorgungssicherheit entscheidend verbessern. jb

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