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Energieträger der ZukunftDer Wasserstoff, aus dem die Träume sind

Wasserstoff Elektrolyse
Wasserstoff Elektrolyse (Foto: DLR/Thomas Ernsting)

Wasserstoff könnte ein Schlüssel zur Vollendung der Energiewende sein – doch dafür muss er mit Erneuerbaren Energien produziert werden. Und selbst dann ist die Zukunft des Energieträgers ungewiss.

06.05.2021 – Für die einen ist es der Energieträger der Zukunft, für andere ein überbewerteter Hype. Wasserstoff könnte zukünftig eine zentrale Rolle bei der Vollendung der Energiewende spielen – oder aufgrund zu hoher Kosten und einem zu niedrigen Wirkungsgrad als Nischentechnologie verdrängt werden. Vielleicht liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Auf jeden Fall fließt gerade eine Menge Geld in den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur und zahlreiche Projekte stehen in den Startlöchern. Dabei könnte der Energieträger vor allem im Mobilitäts- und Industriesektor die Dekarbonisierung vorantreiben. Denn hier steht die Energiewende noch immer in den Startlöchern.

Nach monatelangem Ringen verabschiedete das Bundeskabinett vor etwa einem Jahr Deutschlands „Nationale Wasserstoffstrategie“. Geplant war dieser Schritt schon deutlich früher. Den nötigen Anstoß gab das Konjunkturpaket der Bundesregierung als Reaktion auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise. In dessen Rahmen sollen bis zum Jahr 2030 stolze sieben Milliarden Euro in den Aufbau einer nationalen Wasserstoffproduktion sowie -infrastruktur fließen und Anlagen mit einer Gesamtleistung von bis zu fünf Gigawatt entstehen.

Deutschland soll bei Wasserstofftechnologien „die Nummer 1 in der Welt“ werden, verkündete Wirtschaftsminister Peter Altmaier vollmundig, Wasserstoff sei ein „Schlüsselrohstoff für eine erfolgreiche Energiewende“.

Da hierzulande die erneuerbaren Erzeugungskapazitäten begrenzt seien, müsse ein überwiegender Teil des Wasserstoffs importiert werden, heißt es in der Nationalen Wasserstoffstrategie. Ein erster Dämpfer der Euphorie. Bis 2030 soll der Bedarf bereits auf rund 100 Terrawattstunden ansteigen, wovon nur etwa vierzehn Prozent in Deutschland produziert werden können. Schließlich müssen auch die erneuerbaren Erzeugungskapazitäten entsprechend ausgebaut werden – zusätzlich zur eigentlichen Energiewende.

Farbenlehre der Wasserstoffproduktion

Denn die Produktion von Wasserstoff soll hierzulande auf grünen Wasserstoff ausgerichtet werden. Tatsächlich gibt es den Energieträger je nach Art der Produktion in vielen unterschiedlichen Farben. Beim sogenannten Elektrolyse-Verfahren wird Wasserstoff durch den Einsatz elektrischer Energie hergestellt. Dabei wird Wasser (H2O) in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) aufgespalten. Während der Sauerstoff bei dem Prozess aufsteigt, wandern die Wasserstoffionen zur Elektrode und können in gasförmigen Wasserstoff umgewandelt werden. Möglich ist bei diesem Schritt jedoch auch die Produktion von Kohlenwasserstoffen und Ammoniak, die als Energieträger und Industrierohstoffe genutzt werden können.

Stammt der Strom für die Elektrolyse aus Erneuerbaren Energien, handelt es sich bei dem Endprodukt um grünen und klimaneutral produzierten Wasserstoff. Der Energieträger ist anschließend vergleichsweise einfach zu lagern und zu transportieren, bei der Umwandlung von Wasserstoff in Strom entsteht als Nebenprodukt lediglich Wasser. Problematisch sind eher die derzeit noch recht hohen Energieverluste an der Elektrode. Wissenschaftler erforschen deshalb weiterhin die Nutzung anderer Edelmetalle, die den Prozess effizienter und günstiger machen könnten. Dadurch soll der Wirkungsgrad der Elektrolyse und damit auch die Wirtschaftlichkeit gesteigert werden.

Wasserstoff kann jedoch auch aus Erdgas hergestellt werden, indem der fossile Energieträger großer Hitze ausgesetzt wird. Beim herkömmlichen Verfahren entsteht dabei grauer Wasserstoff – und als Nebenprodukt CO2, das ungehindert in die Atmosphäre entweicht. Wird das Treibhausgas abgeschieden und gespeichert (mithilfe des sogenannten Carbon Capture and Storage (CCS)-Verfahrens), handelt es sich um blauen Wasserstoff. Die Hersteller versprechen, dass auch diese Form der Herstellung CO2-neutral ist. Umweltverbände haben daran ihre Zweifel. Sowohl bei der Förderung als auch beim Transport von Erdgas entweicht immer wieder Methan, wie Untersuchungen zeigen. Und dieses Gas ist weitaus klimaschädlicher als CO2, bereits kleine Mengen sorgen für einen großen Treibhauseffekt. Außerdem ist die Speicherung von Kohlenstoffdioxid hoch umstritten.

Mit der Herstellung von grünem, grauem und blauem Wasserstoff ist die Farbpalette noch nicht komplett. Durch die thermische Spaltung von Methan kann auch noch türkiser Wasserstoff erzeugt werden, man spricht in Fachkreisen auch von Methanpyrolyse. Der Vorteil: Als Nebenprodukt entsteht immerhin kein CO2, sondern nur fester Kohlenstoff. CO2-neutral ist dieses Verfahren jedoch nur dann, wenn die Hitze mittels erneuerbarer Energiequellen erzeugt und der Kohlenstoff dauerhaft gebunden wird. Jedoch benötigt auch dieses Verfahren Erdgas als Ausgangsressource.

Fazit: Wasserstoff kann nur dann ein Energieträger der Zukunft sein, wenn er mittels Elektrolyse aus Erneuerbaren Energien erzeugt wird. Dabei ist jedoch umstritten, welche Fortschritte bei der Steigerung des Wirkungsgrades zukünftig noch erreichbar sind. Derzeit sind die Energieverluste noch sehr hoch – und vielleicht sogar zu hoch. Forscher auf der ganzen Welt arbeiten fieberhaft daran, den gesamten Prozess effizienter und kostengünstiger zu machen. Außerdem fehlt derzeit die Perspektive für einen deutlichen Ausbau der Erneuerbaren Energien, die für die Herstellung von grünem Wasserstoff essenziell sind. Experten warnen vor einer klaffenden Ökostromlücke. Damit bleibt abzuwarten, ob Wasserstoff tatsächlich zum Energieträger der Zukunft wird. Joschua Katz


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