LNG: Den Gashahn abdrehen
Flüssiges Erdgas galt als Rettung in der Gaskrise und wird als saubere Übergangslösung vermarktet. Doch der Ausbau des fossilen Sektors befeuert die Klimakrise und führt in eine neue fossile Abhängigkeit. NGOs protestieren gegen LNG-Summit in Berlin.
10.12.2024 – Flüssiges Erdgas, auch LNG genannt, boomt. In der Gaskrise kauften viele Länder – auch Deutschland, vermehrt LNG und investierten in den Ausbau entsprechender Infrastruktur. Obwohl die Gasmangellage inzwischen vorbei und ausreichend Gas in den Speichern verfügbar ist, geht der Ausbau weiter. Greenpeace fordert ein Ende der fossilen Gasförderung und den schnellen Umstieg auf Erneuerbare Energien.
Von einer fossilen Abhängigkeit in die nächste
Deutschland und Europa schaffen eine Infrastruktur für massive Überkapazitäten an fossilem Flüssiggas. Mehrere Studien zeigten bereits kurz nach Veröffentlichung der Ausbaupläne in Deutschland, dass mit zu großen Kapazitäten geplant wurde. Fast zwei Jahre später bestätigt sich dies: Die vorhandenen Anlagen in Deutschland und Europa sind nur etwa zur Hälfte ausgelastet, dabei sind viele Projekte noch gar nicht gebaut. Bis 2030 könnten bis zu drei Viertel der europäischen LNG-Terminals ungenutzt bleiben, prognostiziert eine Studie des Institute for Energy Economics and Financial Analysis. Politik und Investoren setzen trotzdem ungehemmt auf LNG.
Zu große und zu viele Exportterminals sowie zu viele und zu langfristige Importverträge kurbeln die Produktion des fossilen Gases an und gefährden die Klimaziele. Über 80 Prozent der deutschen LNG-Importe sind US-amerikanisches Fracking-Gas. Die Fracking-Methode gilt als extrem umwelt- und gesundheitsschädlich und wird derzeit in Deutschland nicht betrieben. Im vergangenen Jahr hatte US-Präsident Biden einen vorläufigen Stopp für weitere LNG-Exportprojekte veranlasst. Vor Ort hatte es massive Proteste gegen den weiteren LNG-Ausbau gegeben. Donald Trump hat allerdings bereits angekündigt, das Moratorium sowie Umwelt- und Klimaschutzprüfungen zurückzunehmen.
“Vom fossilen Hardliner Trump ist in den nächsten Jahren kein Klimaschutz zu erwarten. Umso wichtiger wäre es, von europäischer Seite den fossilen Ausstieg voranzutreiben, statt die Nachfrage beim dreckigen Fracking-Gas noch zu steigern”, sagt Mira Jäger, Energieexpertin von Greenpeace.
Explosives Erdgas
Ein aktueller Report von Greenpeace zeigt weiterhin, wie häufig es zu Unfällen entlang der LNG-Lieferkette kommt. In der Branche mangele es an Sicherheitsstandards und Verarbeitungsanlagen würden häufig nicht sachgemäß in Stand gehalten, um Kosten zu sparen. Bei mehreren Unfällen seien bereits Menschen ums Leben gekommen.
Viele LNG-Anlagen befinden sich zudem in der Nähe von Küsten, um den Transport zu erleichtern. Die Küstennähe macht die Anlagen allerdings auch anfälliger für immer häufiger auftretende Extremwetterereignisse. “Wer heute noch in den Ausbau von Flüssiggas investiert, handelt fahrlässig“, warnt Jäger. „Wir müssen schnell aus Gas aussteigen. Sicherheit und Unabhängigkeit gibt es nur mit Erneuerbaren Energien.”
LNG-Branche trifft sich in Berlin
Seit Sonntag trifft sich die Branche beim World LNG Summit in Berlin. Um gegen das Treffen zu protestieren, projizierten Greenpeace-Aktivisten den Slogan “Sauberes Gas ist eine dreckige Lüge” an die Fassade des Luxushotels Adlon, wo das Treffen stattfindet. Sie wollen damit auf den großen Klimaschaden von LNG aufmerksam machen.
“Auf ihrer Champagnerparty schmiedet die Gasindustrie Pläne, wie sie ihr zerstörerisches Geschäftsmodell möglichst lange aufrechterhalten kann. Für Menschen, die weltweit heute bereits unter der immer schneller voranschreitenden Klimakatastrophe leiden, ist das ein Schlag ins Gesicht”, sagt Jäger.
Ein internationales Bündnis von Umwelt- und Klimaschutzakteuren, unter ihnen Greenpeace, urgewald, PowerShift und Fridays for Future, rufen zu einer gemeinsamen Demonstration gegen den Gasgipfel am Dienstag, den 10. Dezember auf. jb
Kommentare
Wilfried Brandt am 16.12.2024
Wenn die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft an Innovationen arm sind, sollten sie besser abdanken. Sonst fahren sie das Klima weiter vor die Wand und befördern so neue Konflikte auf dem Globus. Wir brauchen kreativesund muitges Führungspersonal und keine Angsthasen, die nur auf Lobbyisten hören.