FlüssigerdgasKlimaschädliches LNG, das viel kostet und nicht gebraucht wird

Ein Plakat an einer Pipeline über dem Boden. Darauf steht "LNG - mit Schwung in die Klimakrise"
Protestaktion gegen das LNG-Terminal in Brunsbüttel 2024 (Bild: Ende Gelände, flickr, CC BY 2.0)

Während die besonders klimaschädliche Wirkung von Flüssigerdgas wissenschaftlich bestätigt ist, muss der deutsche Staat tiefer in die Tasche greifen, für den Bau von LNG-Terminals. Häfen, die nach Ansicht vieler nicht mehr gebraucht werden.

09.10.2024 – Es ist eine Studie, die vor einem Jahr Aufsehen erregte: Laut dem US-Wissenschaftler und Biogeochemiker Robert W. Howarth sei Flüssigerdgas in seiner ganzen Betrachtung – vom Abbau, über den Transport, bis zur Verbrennung – weitaus klimaschädlicher als die Energiegewinnung aus Kohle. Besonders schlecht sei die Emissionsbilanz, wenn das auch LNG (Liquefied Natural Gas) genannte Gas mittels der Fracking-Technologie gewonnen wird, wie es vor allem in den USA Standard ist und bei der große Mengen Methan austreten können. Unter Berücksichtigung aller Faktoren, seien die Treibhausgasemissionen bei Flüssigerdgas bis zu 274 Prozent höher.

Bei der vor einem Jahr noch nicht von Wissenschaftlern begutachteten Veröffentlichung der Studie, entzündete sich auch Kritik. Methanaustritte an Bohrstellen seien zu hoch angesetzt, Energiegewinnung aus der Verbrennung von Gas effektiver als die Verfeuerung von Kohle und Gas könne viel schwieriger auf dem Energiemarkt ersetzt werden. Die Millionen Gas-Heizungen in Deutschland auf klimaneutrale Energieträger umzustellen, erfordert tatsächlich einen immensen Kraftakt.

Methan anfangs weitaus klimaschädlicher

Grundsätzlich aber bestätigen Wissenschaftler:innen inzwischen die Analysen von Robert W. Howarth. Im Durchschnitt würden LNG-Exporte aus den USA in einem Zeitraum über 20 Jahre einen 33 Prozent höhere klimaschädliche Bilanz aufweisen, als die Nutzung von Kohle. „Zwar wird bei der Verbrennung von Kohle mehr CO2 freigesetzt als bei der Verbrennung von Gas, aber die Methan-Emissionen können diesen Unterschied mehr als ausgleichen“, schreibt Howarth in seiner Analyse. Methan verflüchtigt sich zwar schneller in der Atmosphäre als Kohlendioxid (CO2) hat aber anfangs eine weitaus klimaschädlichere Wirkung.

Doch was ist LNG eigentlich? LNG ist für den Transport verflüssigtes Erdgas. So kann es in konzentrierter Form per Schiffen über weite Strecken transportiert werden. Etwa von den USA nach Deutschland. Deutsche Banken und Firmen investieren immense Summen in LNG-Terminals in den USA, um den Import hierzulande sicherzustellen, während in Deutschland auch der Staat den Bau von LNG-Terminals kräftig mitfinanziert.

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Deutsche Banken und Firmen investieren immense Summen in LNG-Terminals in den USA – für Flüssigerdgas, das jahrzehntelang nach Europa verschifft würde und auch hier Terminals aufgebaut werden, die mit den Klimazielen nicht vereinbar sind.

Mit dem Ende der Pipeline-Gaslieferungen aus Russland machte sich Panik breit. Es ging die Angst vor einer Gasmangellage und kalten deutschen Häusern im Winter rum. Doch durch Auffüllen der Speicher und Gaslieferungen von anderen europäischen LNG-Terminals konnte die Mangellage abgewendet werden. Mittelfristig sollen, nach Willen der Bundesregierung, eigene LNG-Terminals in Deutschland den Bedarf decken. Bis zu 13 Terminals in Deutschland sind geplant. Fünf schwimmende Terminals sind bereits in Betrieb, einige davon sollen zu stationären Anlagen werden. Ein LNG-Beschleunigungsgesetz machte die schnellen Inbetriebnahmen möglich.

Das lässt sich der Staat einiges kosten. Wie Recherchen des Norddeutschen Rundfunks zeigen, erhöhen sich die Kosten des LNG-Terminals in Brunsbüttel für den Bund um fast 30 Prozent. Von 740 auf 940 Millionen Euro musste die staatliche Förderbank KfW ihre Investitionskosten steigern, die die Hälfte des Projekts trägt, während sich die anderen 50 Prozent der Energiekonzern RWE und das niederländische Staatsunternehmen Gasunie teilen.

Keine Gasmangellage

Dabei landet bereits jetzt nur in drei der vier in Betrieb befindlichen LNG-Terminals Flüssigerdgas an. Voll ausgelastet ist keines der Terminals. So waren die Terminals, nach Auswertung der Berliner Energiewirtschaftsberatungsgesellschaft Team Consult, im zweiten Quartal 2024 nur zu 48 Prozent ausgelastet. Unwesentlich anders sieht es in anderen westeuropäischen Staaten, wie der Niederlande (65%), Belgien (37%) und Frankreich (51%) aus, über die Gas per Pipelines nach Deutschland gelangt. Zudem ist die Auslastung in den meisten Ländern im Vergleich zum Referenzzeitraum (2. Quartal 2023) gesunken.

Im September 2024 erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck das Ende der Gasmangellage (die auch durch gute Krisenwirtschaft des Ministeriums nie wirklich eine war). Doch die Notlage dahinter und damit beschleunigte Ausbau und staatliche Förderung von LNG-Terminals gilt weiterhin. Daran gibt es deutlich Kritik. Unter anderem von Claudia Kemfert und Christian von Hirschhausen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die fordern im Tagesspiegel Background eine Umkehr des „LNG-Rausches“.

„Vergessen wir nicht: Erdgas als fossiler Energieträger muss in den nächsten zwei Jahrzehnten aus dem Energiemix verschwinden, wenn wir die Klimaschutzziele halten wollen“, so Kemfert und von Hirschhausen. Es gelte die Ausrichtung des Sektors am ökonomisch und ökologisch sinnvollen Ziel, dem Erdgasausstieg. mg

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