Lausitzer Revier: Geschäftsgebaren der Leag könnte den Staat Milliarden kosten

Geht der Leag genau dann das Geld aus, wenn sie die Milliarden für die Rekultivierung der Braunkohletagebaue leisten muss? Davor warnen Greenpeace und Grüne und fordern den Energiekonzern stärker in Verantwortung zu ziehen.
24.06.2025 – Berechnungen der Umweltorganisation Greenpeace zufolge, hat die Leag bislang weniger als 10 Prozent der 5,4 Milliarden Euro zurückgelegt, die der Energiekonzern, eigenen Angaben nach für die nötige Rekultivierung der Tagebaugebiete in Brandenburg und Sachsen braucht. Die Berechnungen beruhen auf der von der Leag beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft G. Flascha GmbH, Das Dokument liegt der energiezukunft vor. Demnach wurden seitens der Leag bis zum Stichtag 31.12.2023 Vermögenswerte von 213,2 Millionen Euro für Brandenburg geleistet und 290,2 Millionen für Sachsen.
Der Energiekonzern und Betreiber von Braunkohletagebauen, ist gesetzlich verpflichtet, nach Beendigung des Braunkohleabbaus, die genutzten Landschaften wieder zu rekultivieren – also zu fluten, renaturieren oder für Landwirtschaft und andere Belange nutzbar zu machen. Greenpeace teilt auf Grundlage des Dokuments der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit, dass, unter Berücksichtigung von weiteren Vermögen und Rückstellungen der Leag, bis zum Jahr 2038 – dem Tag des endgültigen Kohleausstiegs – noch 3,3 Milliarden Euro erwirtschaftet werden müssen. Angesichts steigender Preise für CO2-Zertfikate sei dies ausgeschlossen.
Dabei könnten schon die 5,4 Milliarden Euro einer sehr konservativen Schätzung unterliegen. Unter anderem der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) kommt in einer Kostenschätzung auf mindestens 10 Milliarden Euro für die Rekultivierung und verweist unter anderem auf die Rekultivierung der ehemaligen DDR-Tagebaue, die bis heute 13 Milliarden Euro verschlungen haben und weiter steigen. Auch wenn heute, im Gegensatz zu früher, Rekultivierungsmaßnahmen schon während des Tagebaubetriebs laufen, sind zugleich die allgemeinen Kosten gestiegen.
Den Plänen nach soll ein Großteil der Tagebaue zur Rekultivierung geflutet werden. Die großflächige Flutung gilt dabei als billigste Lösung, da die LEAG dann weniger Landflächen an den Ufern mittels Verdichtung absichern muss. Bei kleineren Seen müssten größere Landmassen bewegt werden, was zusätzlich Geld kostet. Doch in der zunehmend von Dürre bedrohten Lausitz steht immer weniger Wasser zur Verfügung. Es ist fraglich, ob genug Wasser für eine großflächige Flutung vorhanden ist.
Die Flutung des ehemaligen Tagebaus Cottbus-Nord etwa, der zur sogenannten Cottbuser Ostsee werden soll, stockt wiederholt, weil zu wenig Wasser zur Verfügung steht. Der Umweltverband die Grüne Liga kritisiert, dass eine Entnahme von Flutungswasser aus den Flüssen für den Tagebaubetreiber kostenlos ist, aber spätere Kosten aufgrund von Wassermangel für die Allgemeinheit nicht eingepreist sind. Zudem warnen Expert:innen vor höheren Verdunstungsverlusten großflächiger Seen.
Damit die LEAG in Zukunft Rekultivierungsmaßnahmen leisten kann, hat sie mit den Ländern Brandenburg und Sachsen Vorsorge auf zwei Ebenen geschaffen. Zum einen gibt es Rückstellungen aus dem Kohlegeschäft, zum anderen Vorsorgegesellschaften, in die Sondervermögen gezahlt werden, die sich etwa aus neuen Geschäftsaktivitäten der LEAG ergeben, wie auch Zahlungen des Bundes von 1,75 Milliarden Euro nach dem Kohleausstiegsgesetz.
Doch Anfang des Jahres hatte die Leag eine von langer Hand geplante Umstrukturierung ihres Geschäftsmodells beschlossen. Das zukunftsträchtige Geschäft mit Erneuerbaren Energien und die Kohlesparte wurden in zwei verschiedene Bereiche aufgeteilt. Zwar unter dem Dach einer Holding zusammengefasst, befürchten Umweltorganisationen und Politiker:innen, die Kohlesparte werde de facto in eine Art „Bad Bank“ ausgelagert, was erhebliche Risiken für die langfristige finanzielle Absicherung der Rekultivierungskosten mit sich bringe. So kann die Bergbausparte der Leag nach dem Kohleausstieg gar keine Gelder für die Sanierung der Tagebaue mehr erwirtschaften. Es gibt zudem die Sorge, bei einer Insolvenz der Kohlesparte könne die Erneuerbaren-Sparte der Leag nicht haftbar gemacht werden.
Milliardenrisiko für den Staat
„Das Land rennt sehenden Auges in ein Milliardenrisiko. Es darf nicht sein, dass sich die LEAG durch Verschiebung von Vermögen ihrer Verantwortung entzieht – und das Land Brandenburg tatenlos zuschaut“, erklärt Andrea Lübcke, Landesvorsitzende der Brandenburger Bündnisgrünen: „Noch immer ignoriert die SPD-geführte Landesregierung die Risiken der Kohlestruktur. Während der Bevölkerung im aktuellen Haushalt drastische Kürzungen zugemutet werden, fehlt es an jedem politischen Willen, milliardenschwere Folgekosten im Bergbau endlich wirksam abzusichern. Wir dürfen nicht warten, bis das Kind endgültig in den Brunnen gefallen ist.“
Karsten Smid, Greenpeace-Experte für Energie, sagt: „Es ist ein Skandal, wie die Eigentümer der Leag durch die Ausgliederung milliardenschwerer Vermögenswerte ihre Kosten auf die Allgemeinheit abwälzen wollen. Davor müssen sich die Landesregierungen schützen.“ Auf Antrag von Greenpeace hat die Rechtsanwaltskanzlei Günther Gläubigerschutz der Länder Sachsen und Brandenburg beantragt, um nach der Umstrukturierung der Leag Verpflichtungen in Milliardenhöhe abzuwenden.
Demnach sollten die zuständigen Oberbergämter den gesetzlichen Anspruch auf Wiederherstellung und ordnungsgemäße Nutzung der Braunkohletagebaue nach dem Ende der bergbaulichen Tätigkeit absichern – weil dieser Anspruch durch Umstrukturierung und Vermögensverlagerungen gefährdet sei. Grundlage seien die entsprechenden Vorschriften im Bundesberggesetz und im Umwandlungsgesetz. mg