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Global Coal Exit List 2024Kein Ausstieg in Sicht

Bagger
Kohleunternehmen expandieren weiter (Bild: Getty Images / Unsplash+ Lizenz).

Nie wurde mehr Kraftwerkskohle produziert als im vergangenen Jahr, zeigt die Global Coal Exit List 2024. China plant sowohl Kohlekraftwerke als auch Erneuerbare zuzubauen. Aus der Kohle aussteigen wollen weniger als 5 Prozent der Unternehmen.

30.10.2024 – Rund zwei Wochen vor dem Auftakt der 29. Weltklimakonferenz (COP29) veröffentlicht die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald mit über 50 Partnern die diesjährige Global Coal Exit List (GCEL). Ihre Recherchen zeigen: Trotz des Aufschwungs der Erneuerbaren weltweit bleibt der Kohlesektor auf Wachstumskurs und die Produktionen von Kraftwerkskohle hat einen neuen Höchststand erreicht. Die GCEL ist die wohl umfassendste öffentliche Datenbank über die Kohlebranche weltweit. Sie umfasst mehr 1.500 Unternehmen entlang der Kohlewertschöpfungskette und wird jährlich aktualisiert.

40 Prozent der in der GCEL 2024 aufgeführten Unternehmen entwickeln neue Kohleprojekte. Das heißt, sie erschließen neue Kohleminen, bauen Infrastruktur für die Kohleindustrie oder Kohlekraftwerke. „In diese Unternehmen zu investieren, ist, als würde man in einem brennenden Haus neue Feuer entfachen. Banken und Investoren, die die Pariser Klimaziele ernst nehmen, müssen Finanzgeschäfte mit Kohleentwicklern sofort beenden“, warnt Heffa Schücking, Geschäftsführerin von urgewald.

Weniger als 5 Prozent der analysierten Unternehmen haben einen Plan für den Ausstieg aus der Kohle. Viele von Ihnen nennen wiederum Ausstiegsdaten, die über die Mitte des Jahrhunderts hinausreichen. Nur sieben geben Ausstiegspläne an, die mit den Pariser Klimazielen vereinbar sind.  Die absolute Mehrheit setzt auf eine kohlschwarze Zukunft.

China und Indien heizen den Kohlesektor an

Zusammengenommen planen Kohleunternehmen, die Produktion von Kraftwerkskohle jährlich um 2.636 Millionen Tonnen pro Jahr (Mtpa) zu steigern. Das entspricht über einem Drittel des derzeitigen Produktionsvolumens.

Mehr als zwei Drittel des Ausbaus von Kohleminen sind in Indien (947 Mtpa) und China (873 Mtpa) geplant. Coal India ist sowohl der weltweit größte Kohleminenentwickler als auch Kohleproduzent. Knapp drei Viertel des Stroms in Indien wird durch Kohle erzeugt. Neben Indien und China setzen auch Russland und die Türkei auf eine Zukunft mit Kohle.

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Der größte Anteil neuer Kohlekraftwerkskapazitäten ist mit 392 GW in China geplant. Insgesamt planen Kraftwerksentwickler, eine Gesamtleistung von 579 GW zuzubauen. Das entspricht 27 Prozent der derzeitigen Kohlekraftwerkskapazität weltweit.

„China betreibt ein doppeltes Spiel. Das Land baut zwei Drittel aller neuen großen Wind und Solarkraftwerke weltweit und ist gleichzeitig für 68 Prozent der globalen Neubauvorhaben für Kohlekraftwerke verantwortlich“, kommentiert Schücking.

Die Finanzindustrie reagiert nur langsam

Einige Finanzinstitutionen haben inzwischen Regeln für die Finanzierung von Kohleunternehmen, doch der Wandel geht nur langsam voran. 89 Finanzinstitutionen haben ein an den Pariser Klimazielen orientiertes Kohle-Ausstiegsdatum. Einige große Banken und Versicherungsgesellschaften, darunter AXA und Munich Re, investieren nicht mehr in Unternehmen, die mehr als 15 Prozent ihres Umsatzes mit Kohle machen. Bei der dänischen Danske Bank, der schwedischen Handelsbank und dem norwegischen Vermögensverwalter KLP reichen sogar 5 Prozent für den Ausschluss.

Detaillierte Daten zu Finanzinstituten, die mit der Kohleindustrie verstrickt sind, liefert der Coal Policy Tracker von Reclaim Finance, einer Partnerorganisation von urgewald. Eine große Mehrheit von 80 Prozent der Finanzinstitute hat Investitionen in Kohle nicht reguliert. Im vergangenen Jahr haben eine Reihe großer Banken, besonders aus den USA und Kanada, ihre Investitionen in die Kohleindustrie im Vergleich mit 2015 sogar erhöht.

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„Genau hier liegt das Problem. Wenn die Mehrheit der Finanzinstitutionen diese Unternehmen weiterhin unterstützt, werden wir nicht in der Lage sein, das Kohlezeitalter rechtzeitig zu beenden“, kritisiert Yann Louvel, Leitender Analyst bei Reclaim Finance.

Reguliert aussteigen

Es gibt jedoch auch Lichtblicke. Als erstes G7-Land hat Großbritannien Ende September 2024 die Kohleverstromung beendet. 2012 machte Kohle noch 40 Prozent des britischen Strommixes aus. Der Coal Exit war politisch determiniert: Die Regierung setzte ein ehrgeiziges Ausstiegsziel und schaffte Rahmenbedingungen, um es zu realisieren. Schärfere Emissionsgrenzwerte, höhere CO2-Kosten sowie günstige Bedingungen für den Ausbau Erneuerbarer Energien drängten die Kohle aus dem Netz. jb

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