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Bild: LEE NRW

Meinung 25.02.2025

Keine Industrie ohne Erneuerbare Energie

Der Klimawandel schreitet voran, die Wirtschaft steckt in der Krise. Eine konsequente, ganzheitliche Energie- und Wärmewende liefert den besten Lösungsansatz für beide Probleme. Doch dafür muss die kommende Bundesregierung schnell ins Handeln kommen.

Maximilian Feldes, Geschäftsführer Landesverband Erneuerbare Energien in Nordrhein Westfalen (LEE NRW)


Meinung 25.02.2025

Keine Industrie ohne Erneuerbare Energie

Der Klimawandel schreitet voran, die Wirtschaft steckt in der Krise. Eine konsequente, ganzheitliche Energie- und Wärmewende liefert den besten Lösungsansatz für beide Probleme. Doch dafür muss die kommende Bundesregierung schnell ins Handeln kommen.

Bild: LEE NRW

Maximilian Feldes, Geschäftsführer Landesverband Erneuerbare Energien in Nordrhein Westfalen (LEE NRW)



Die Auswirkungen des Klimawandels sind immer deutlicher zu spüren: Starkregen überlastet die Kanalisation, führt zu Überschwemmungen, beschädigt Straßen, Häuser und Infrastruktur – mit Milliardenschäden für Wirtschaft und Versicherungen. Dürreperioden lassen Flüsse und Böden austrocknen, mindern damit die Ernteerträge und erschweren die Binnenschifffahrt. Die Liste der Folgen ließe sich beliebig fortsetzen.

Gleichzeitig befindet sich Deutschland bereits im zweiten Jahr in Folge in wirtschaftlicher Rezession. Wie das statistische Bundesamt Mitte Januar mitteilte, betrug der Rückgang der Wirtschaftsleistung in Deutschland im vergangenen Jahr 0,2 Prozent.  In dieser Situation wird deutlich, wie dringend wir eine ganzheitliche und konsequente Energie- und Wärmewende brauchen – nicht nur, um den Klimaschutz zu sichern, sondern auch, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu gewährleisten, Arbeitsplätze zu schaffen und somit den Strukturwandel in Deutschland und im Industrieland NRW zu vollziehen. Daher müssen sowohl die Bundes- als auch die Landesregierung den Ausbau Erneuerbarer Energien und effizienter Technologien weiterhin energisch vorantreiben.

Direktbelieferungen mit Ökostrom: Eine Win-Win-Situation

In der auslaufenden Legislaturperiode wurden bereits wichtige Maßnahmen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien umgesetzt.  So wurden beispielsweise die Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen deutlich beschleunigt, was sich auch in den Genehmigungszahlen widerspiegelt. Auch NRW hat in den letzten Jahren die Weichen auf Zukunft gestellt: Landesweit sind im vergangenen Jahr 154 neue Windenergieanlagen mit einem Nettoleistungszuwachs von 626 Megawatt neu in Betrieb genommen worden. Die Solarenergie ist ebenfalls auf Kurs: Über 200.000 neue Anlagen mit einer Leistung von rund 2 Gigawatt wurden 2024 ans Netz gebracht. Damit liegt NRW im Bundesländervergleich bei der Windkraft auf Platz eins und bei der Solarenergie auf Platz zwei. Trotz dieser beeindruckenden Entwicklungen liegt der Anteil des Ökostroms jedoch weiterhin bei nur rund 30 %. Der Weg ist also noch weit.

Die Erfolge der vergangenen Jahre bilden eine starke Grundlage, um die Energiewende weiter zu beschleunigen und die Klimaziele zu erreichen. Es ist nun entscheidend, dass die kommende Bundesregierung den positiven Trend in der Wind- und Solarenergie nicht gefährdet. Auf Basis der Bundestagswahlergebnisse müssen zügig Koalitionsgespräche geführt und schnell eine stabile Regierung auf die Beine gestellt werden, welche sich zum Ausbau der Erneuerbaren bekennt und ein entsprechendes Energiemarktdesign auf den Weg bringt.

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Die nordrhein-westfälische Erneuerbaren-Branche macht hingegen bereits heute vor, wie eine erfolgreiche Energiewende aussehen kann. In Zusammenarbeit mit der Industrie hat die Branche innovative Konzepte entwickelt, die als Vorbild für die Energiewende in ganz Deutschland dienen können. Ein Beispiel hierfür ist die direkte Belieferung eines Tochterunternehmens von Thyssenkrupp mit kostengünstigem Ökostrom aus einem Windpark. Leider ist ein derartiger Direktbelieferungsvertrag bundesweit bisher noch die absolute Ausnahme. Im Rahmen eines 100-Tage-Programms sollte die kommende Bundesregierung sich klar zu Modellen dieser Art bekennen und alle Regularien abschaffen, die bislang verhindern, dass die Direktversorgung von Industrie- und Gewerbe mit günstigen Wind- und Solarstrom der Standard sind.

Heimisch produzierter Wasserstoff schafft klare Perspektive für den Wirtschaftsstandort der Zukunft

Auch im Bereich Wasserstoff besteht erheblicher Handlungsbedarf: Die Bundesregierung setzte in ihrer bisherigen Strategie auf den Import von bis zu 70% des benötigten Wasserstoffs. Die NRW-Landesregierung rechnet sogar mit 90%. Trotz verschiedener angekündigter Kooperationen mit dem Ausland bleibt es fraglich, ob ausreichend Wasserstoff importiert werden kann, um den zukünftigen Bedarf zu decken – und wann diese Importe tatsächlich verfügbar sein werden. Zusätzlich benötigen Unternehmen, die nicht direkt an das Wasserstoffkernnetz angeschlossen sind, eine klare Perspektive für die Verfügbarkeit des Energieträgers.

Angesichts der Unsicherheiten, die mit der Importstrategie verbunden sind, erfordert die Zukunft der Wasserstoffversorgung – ergänzend zu den Importen - dringend einen dezentralen, heimischen Hochlauf von Elektrolyseuren. Dieser würde nicht nur Planungs- und Investitionssicherheit für Unternehmen schaffen, sondern auch einen direkten Beitrag zur Netzstabilität leisten. Um dies zu ermöglichen, muss die Bundesregierung in den kommenden Jahren die richtigen Weichenstellungen vornehmen.

In der Wärmewende ist Kreativität gefragt

Der Stromsektor ist jedoch nicht der Einzige, der Beachtung finden sollte: Rund 40 Prozent der energiebedingten CO2-Emmissionen entstehen auf dem Wärmemarkt. Damit ist die Dekarbonisierung des Wärmesektors eine zentrale Herausforderung für Wirtschaft und Politik. Die kommunale Wärmeplanung bietet dafür eine Grundlage, muss nun aber effizient und mit Kreativität umgesetzt werden. Denn: Es gibt einen Blumenstrauß an Technologien, die je nach lokalen Gegebenheiten klimafreundliches Heizen ermöglichen können.

Eine zentrale Technologie ist dabei die Wärmepumpe. Im Neubau liegt ihr Anteil bereits bei zwei Dritteln. Doch bei den Verunsicherungen durch die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) braucht es dringend Vertrauen und Förderung, um auch den Bestand klimafreundlich zu sanieren. Von einer Rückabwicklung des GEG ist hingegen dringend abzuraten. Im ländlichen Raum kann Abwärme von Biogasanlagen hingegen eine sinnvolle Lösung sein – dafür braucht es auch nach 2026 hohe Ausschreibungsmengen. Auch die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), Geothermie und Power-to-Heat-Technologien sind wichtige Bausteine der Wärmewende, um auch klimaneutrale Wärme für die Industrie zu erzeugen. Der Bedarf an industrieller Prozesswärme macht immerhin 19 Prozent des gesamten deutschen Energiebedarfs aus.

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Wirtschaftswachstum und Klimaschutz sind untrennbar miteinander verbunden. Statt der Suggestion, dass Investitionen in den Klimaschutz unerschwinglich seien, sollten die Chancen im Fokus stehen: Der energische Ausbau Erneuerbarer Energien und die Sektorenkopplung ermöglichen es Deutschland, seine Klimaschutzverpflichtungen zu erfüllen und gleichzeitig die Wirtschaft voranzubringen.

Der Grundstein für den Ausbau der Erneuerbaren Energien als Standortfaktor für die Industrie ist gelegt, an diesem darf die neue Bundesregierung nicht wackeln, denn ein klares Bekenntnis bietet die Möglichkeit Planungs- und Investitionssicherheit zu schaffen und somit den Wandel zu einem Energiemarkt der Erneuerbaren Energien und einer klimaneutralen Industrieregion.

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