: RWE weitet Einfluss auf Tagebau-Kommunen aus
In einem neuen „Zweckverband Garzweiler“ wollen vom Braunkohleabbau betroffene Kommunen im Rheinischen Revier ihre Kräfte bündeln. Per Geheimvertrag und als Finanzier mit dabei: Braunkohlekonzern RWE. Ein Kritiker spricht von einem „Maulkorbvertrag“.
07.12.2017 – Neben den Städten Mönchengladbach und Erkelenz sind die Gemeinden Jüchen und Titz Mitglied im neuen Bündnis. Sie alle liegen am Tagebau Garzweiler und sind von den gewaltigen Folgen des Kohleabbaus und der Verfeuerung in nahegelegenen Kohlekraftwerken betroffen. Ebenfalls Mitglied im Zweckverband soll der Kohlekonzern RWE werden, Betreiber der Tagebaue und Kraftwerke. Der WDR berichtet von „einer Art Geheimvertrag“, der dem Essener Konzern weitreichenden Einfluss auf das neue Gremium sichern soll.
RWE-Verhaltenskodex wird Pflicht
Der fünfseitige Entwurf garantiert RWE offenbar, in die Erstellung von Pressemitteilungen und Reden des Zweckverbands im Vorfeld eingebunden zu werden. Zudem verpflichtet sich der neue Verband, den betriebsinternen Verhaltenskodex von RWE zu übernehmen. „In diesem Kodex ist unter anderem die Mehrung der Rendite für die RWE-Aktionäre als eine Handlungsmaxime festgelegt“, schreibt der WDR. Laut Vertragsentwurf erhält der Kohlekonzern den Status des beratenden Mitglieds und einen permanenten Sitz im Lenkungsausschuss, dem fünfköpfigen Gremium, das die Tagesgeschäfte führt. Im Gegenzug erhält das neue Bündnis 200.000 Euro jährlich vom Kohlekonzern.
Es ist ein merkwürdiger Vorgang. Denn die Kommunen sind ohnehin stark abhängig vom Kohlekonzern, sowohl finanziell als auch durch Arbeitsplätze in der Region. Und sie sind von den gewaltigen Folgen der Tagebaue und Kohlekraftwerke sowie dem Profitstreben RWEs betroffen. Sie sollten eher als Kontrollinstanz wirken statt sich ihr neues Bündnis so massiv sponsern und in Pressemitteilungen reinreden zu lassen. Das Vorgehen zeigt einmal mehr wie mächtig die Kohleindustrie in Deutschland ist.
Kommunen als Geiseln gegen Kohleausstieg
Kritiker sehen das ähnlich: „Dieser Zweckverband sollte die Kommunen stärken in ihrer Position gegen RWE – und nicht ihre Position durch RWE manipulieren lassen“, sagte Torben Schultz, Ratsmitglied für Die Linken in Mönchengladbach und Delegierter des Zweckverbandes, dem WDR. Selbstverständlich müssten die Städte und Gemeinden mit RWE reden, aber „man muss sie nicht ins eigene Boot holen“.
„Für wenig Geld sichert sich RWE Power weitgehend Einfluss auf die geschädigten Kommunen, die ihre Meinung nicht mehr ohne Aufpasser kundtun dürfen“, sagte Heinrich Spelthahn, Ex-Gemeindedirektor von Jüchen und Rechtsanwalt, dem Kölner Stadtanzeiger. „Das nenne ich ‚Maulkorb‘.“ Die Interessen des Kohlekonzerns würden sich nur zu einem sehr geringen Teil mit denen der Kommunen decken. „RWE ist vor allem daran interessiert, die Kommunen als Geiseln gegen den Ausstieg aus der Kohle zu nehmen“, so Spelthahn. Diese müsse er allerdings in Schutz nehmen: Da sich das Land NRW aus der Verantwortung gestohlen hätte, würden sie gezwungen sich mit dem Konzerne einzulassen. cw