Strategische Rohstoffprojekte der EU: Viel neue Förderung und ein wenig Recycling

Die EU fördert 60 strategische Rohstoffprojekte in Europa und der Welt. Ziel ist, den Zugang zu kritischen Rohstoffen für die grüne Wirtschaftswende zu sichern. Aktivisten warnen vor Schäden für Menschen und Umwelt.
10.06.2025 – Der 2024 verabschiedete Critical Raw Materials Act (CRMA) soll die Kapazitäten der EU für kritische Rohstoffe entlang der gesamten Wertschöpfungskette stärken. Im Rahmen dieser Rohstoffstrategie hat die EU insgesamt 60 strategische Projekte ausgewählt, die Europas Zugang zu kritischen Rohstoffen für die Digitalisierung und die grüne Wirtschaftswende stärken sollen. Ende März stellte die EU 47 strategische Projekte innerhalb Europas vor, drei davon in Deutschland. Vergangene Woche folgten 13 weitere Projekte außerhalb der EU. Die strategischen Projekte decken die Bereiche Gewinnung, Verarbeitung, Recycling und Substitution von Rohstoffen ab. Umweltorganisationen und Bürger kritisieren die Folgen von Bergbauprojekten für die Bürger vor Ort.
Europas Industrie mit Rohstoffen versorgen
Die 47 strategischen Projekte sind über ganz Europa verstreut und zielen in erster Linie auf Förderung und Verarbeitung der Batterierohstoffe Lithium (22), Nickel (zwölf), Graphit (elf), Kobalt (zehn) und Mangan (sieben). Viele Projekte werden von Kooperationen mehrerer EU-Staaten gestemmt und umfassen verschiedene Verarbeitungsschritte der Rohstoffe. Insgesamt wird die EU die ausgewählten Projekte mit 22,5 Milliarden Euro fördern sowie sicherstellen, dass Genehmigungsverfahren nicht länger als 27 Monate dauern. Bisher konnten sie sich über fünf bis zehn Jahre erstrecken.
Die ausgewählten Projekte umfassen zum Beispiel das Recycling von Germanium-Substrat für Weltraum-Solarzellen und Mikroelektronik in Belgien, aber auch offene Minen in Portugal und Spanien für Lithium, Gold, Kupfer und weitere strategische Rohstoffe. Auch in Deutschland wurden zwei Projekte ausgewählt, die die Lithiumversorgung sicherstellen sollen. Das Pionierprojekt des Unternehmens Vulcan Energy plant allerdings, am OberrheingrabenLithium aus Geothermalwasser zu gewinnen. Bei erfolgreicher Skalierung könnte die Gewinnung in Verbindung mit Geothermie eine effiziente und umweltfreundlichere Alternative zur Gewinnung von Lithium darstellen.
Die 13 Projekte außerhalb der EU liegen größtenteils in Ländern, mit denen die EU bereits Rohstoffabkommen getroffen hat. Dazu gehören unter anderem Norwegen, Kanada, Grönland und die Ukraine. Die 13 strategischen Rohstoffprojekte außerhalb der EU umfassen hauptsächlich Projekte zur Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen. Es gibt jedoch auch einige Projekte, die sich auf das Recycling konzentrieren, insbesondere in Ländern wie Kanada und Sambia, wo es um die Rückgewinnung von wertvollen Metallen aus Abfällen geht. Zu den neuen strategischen Projekten außerhalb der EU zählt allerdings auch die umstrittene Lithium-Mine in Serbien.
Unabhängiger werden
Zu den zentralen Zielen des CRMA gehört, die Abhängigkeit von einzelnen Lieferländern zu reduzieren und die heimische Produktion zu fördern. Bisher sind die europäischen Lieferketten stark von Drittstaaten abhängig, Bergbau wurde in der EU kaum noch betrieben. Der CRMA sieht vor, dass die EU bis 2030 mindestens 10 Prozent ihres jährlichen Bedarfs an kritischen Rohstoffen selbst fördert, 40 Prozent verarbeitet und 25 Prozent recycelt. Weiterhin soll kein einzelnes Land außerhalb der EU mehr als 65 Prozent des jährlichen Bedarfs der EU an strategischen Rohstoffen decken.
Der CRMA sei grundsätzlich zu stark auf Extraktion von Rohstoffen ausgerichtet, kritisiert die NGO PowerShift. Die EU, in der weniger als sechs Prozent der globalen Bevölkerung lebt, nutzt 25 bis 30 Prozent der globalen Rohstoffe. Den Verbrauch zu senken, werde jedoch kaum angesprochen. Mehr als zehn Prozent der globalen CO₂-Emissionen, Abholzung der Regenwälder und ein immenser Wasserverbrauch gehen auf die Gewinnung und Weiterverarbeitung von Metallen zurück. Von den 47 in der EU angesiedelten Förderprojekte zielen jedoch nur zehn auf Recycling und zwei auf den Ersatz von Rohstoffen ab.
Kontroverse um Umweltschäden
Bergbau ist immer ein starker Eingriff in die Natur und wird häufig mit Umweltverschmutzung und sozialer Ausbeutung in Verbindung gebracht. Die EU versichert zwar, dass Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards gewahrt bleiben sollen. Umweltorganisationen warnen jedoch, dass Umweltauflagen und Mitspracherechte der Anwohner vor Ort besonders bei gestrafften Verfahren unter den Tisch fallen könnten.
Initiativen verschiedener Staaten wie Portugal oder Spanien, den heimischen Bergbau zu fördern, trafen bereits in der Bevölkerung auf Widerstand. In Nordschweden, wo eines der größten Vorkommen an Seltenen Erden entdeckt wurde, beklagen indigene Gemeinden das Trockenlegen von Seen und Vertreibung aus ihren Dörfern. Der geplante Abbau im serbischen Jadar-Tal wurde in den vergangenen Jahren von erheblichen Bürgerprotesten begleitet und lag zeitweise auf Eis. Grund waren neben den Massenprotesten fehlende Umweltverträglichkeitsprüfungen.
Die Aktivisten verweisen auch auf Präzedenzfälle anderer strategischer Abbauprojekte, die mit erheblicher Umweltverschmutzung einhergingen. Sie fordern, dass die EU bindende Richtlinien verabschiedet, und nachhaltig prüft, ob Umwelt- und Menschenrechtsstandards eingehalten werden. jb