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Import von WasserstoffWeder nachhaltig noch günstig

Erdgasförderanlage in Russland
Auch für den Import von blauem Wasserstoff aus Russland, gewonnen aus Erdgas, zeigen sich die CDU-Parlamentarier offen. (Bild: Tim Reckmann, flickr, CC BY 2.0)

Europaabgeordnete der CDU fordern den raschen Aufbau einer Import-Struktur für Wasserstoff in die Europäische Union. Europa könne seinen künftigen Wasserstoffbedarf nicht allein stemmen. Doch die Forderung steht aus mehreren Gründen in der Kritik.

18.08.2021 – Die CDU-Abgeordneten im Europäischen Parlament Markus Pieper und Hildegard Bentele fordern von der Europäischen Union die Entwicklung einer Strategie für den Einkauf von „klimafreundlichem Wasserstoff“ in anderen Erdteilen. „In absehbarer Zukunft wird es nicht möglich sein, den wachsenden Bedarf für klimafreundlichen Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen allein aus europäischen Quellen zu decken“, heißt es in einem Brief, den die Abgeordneten an die EU-Kommission geschrieben haben und der der Welt vorliegt.

Es bräuchte eine Fläche von der Größe Portugals voller Photovoltaik- und Windkraftanlagen, um den künftigen Bedarf Europas an Wasserstoff zu decken, so die beiden Abgeordneten. Als Vorbild für die Wasserstoffimporte solle die deutsche Stiftung H2Global dienen, die weltweit über Ausschreibungsverfahren Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe einkauft und in Deutschland wieder verkauft. Getragen wird die Stiftung von Unternehmen und der Unterstützung des Bundeswirtschaftsministeriums. Der Staat fördert den Einkauf des Wasserstoffs mit Steuergeldern.

Lieferländer könnten laut Pieper und Bentele sonnenreiche Länder wie Marokko sein, in einer Übergangsphase aber auch Staaten wie Russland, woher jedoch kein grüner Wasserstoff kommen würde, sondern blauer Wasserstoff – gewonnen aus Erdgas und Verfahren zur CO2-Abscheidung. Denn „klimafreundlicher Wasserstoff“ ist für die Abgeordneten auch jener blaue Wasserstoff.

„Nur grüner Wasserstoff ist klimafreundlich“

Simone Peter, Präsidentin des Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) warnt jedoch vor solchen Bestrebungen. „Nur grüner Wasserstoff ist klimafreundlich. Dies muss auch bei Importen von Anfang an sichergestellt werden“, so Peter gegenüber der energiezukunft. Zwar liege die Treibhausgasbelastung von blauem Wasserstoff unter der von grauem, aus Erdgas und ohne CO2-Abscheidung gewonnenem Wasserstoff, doch es würden weiter Pfadabhängigkeiten klimaschädlicher Energieträger geschaffen, die Ausbau und Nutzung Erneuerbarer Energien blockieren würden.

Daneben entweicht schon bei der Förderung und dem Transport von Erdgas vielfach klimaschädliches Methan. Wie jüngste Analysen aus Deutschland und Europa zeigen, passiert dies oftmals unbeobachtet von der Öffentlichkeit. Methan-Lecks, die in keiner Statistik auftauchen, treiben die Klimakrise zusätzlich an. Ähnliches ist für Erdgasförderstätten und -pipelines in Russland zu erwarten.

Auch den Import von grünem Wasserstoff, hergestellt aus Sonnenstrom in Marokko, sehen Experten kritisch. Bereits im letzten Jahr nahmen Forscher des Wuppertal Institut und DIW Econ Potenziale und Risiken von Wasserstoffexporten aus Marokko in den Fokus. Sie zeigten auf, dass fossile Energieträger 90 Prozent des Primärenergiemix in Marokko ausmachen, mit einem nur geringfügigen Rückgang in den kommenden Jahren.

In solchen Regionen berge eine stark exportorientierte Wasserstoffwirtschaft das Risiko, die Energiewende vor Ort zu verschleppen, mit negativen Effekten für den Klimaschutz, so die Wissenschaftler. Zwar sei die Erzeugung grünen Wasserstoffs in Marokko billiger als in Deutschland, doch unter Einberechnung der Transportkosten revidiere sich dieser Effekt und der Import sei damit nicht günstiger als die heimische Produktion, erläuterte Frank Merten vom Wuppertal Institut bei der Vorstellung der Studie.

Zwar könnte in den kommenden Jahren ein Bedarf an Wasserstoffimporten bestehen, aber diese müssten den Menschen in den Produktionsländern des Wasserstoffs nützen und nicht schaden, wie die Stiftung Brot für die Welt mahnt, die in einer groß angelegten Studie Nachhaltigkeitskriterien für grünen Wasserstoff aus dem Globalen Süden erarbeitet hat. Zuerst einmal müsse etwa der Anteil Erneuerbarer Energien für den lokalen Gebrauch erhöht werden. Auch die Teilhabe der Bevölkerung sei ein wesentlicher Faktor.

Wachstumsmotor heimische Produktion

Die Forscher von Wuppertal Institut und DIW Econ zeigten derweil in ihrer Studie auf, dass der Aufbau einer grünen Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland, inklusive neuer regenerativer Energieanlagen, bis zu 800.000 Arbeitsplätze und 30 Milliarden Euro Wertschöpfung bis 2050 in Deutschland schaffen könnte. Auch die EU-Kommission sieht den Aufbau einer eigenen Wasserstoffinfrastruktur als Wachstumsmotor in der Europäischen Union.

Die im Juli veröffentlichte Wasserstoffstrategie der EU-Kommission sieht bis 2030 den Aufbau von Elektrolyseuren mit einer Leistung von mindestens 46 Gigawatt vor. So sollen bis zu 11 Millionen Tonnen Erneuerbarer Wasserstoff erzeugt werden. Dafür solle auch der Ausbau Erneuerbarer Energien vorangetrieben werden.

Doch zugleich setzt die Kommission übergangsweise ebenfalls auf blauen und sogar violetten Wasserstoff – gewonnen aus Atomenergie. Diese seien „sichere und nachhaltige CO2-arme Technologien“, die dem Klimaschutz dienen würden. Michael Bloss, industriepolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament, kritisiert entsprechende Bestrebungen: „Wir brauchen einen Fahrplan für Wasserstoff aus 100 Prozent Erneuerbaren Energien und kein politisches Greenwashing durch Atomkraft oder fossiles Erdgas.“ mf     


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Kommentare

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Klaus Hesse 18.08.2021, 21:58:01

Es darf kein Wasserstoff aus Erdgas zur Lösung unseres Energieproblems benutzt werden!

ZUKUNFT DER ERDE "Das nächste Jahrzehnt ist entscheidend" 30.04.2021

Ich vertrete die Meinung, Wasserstoff so schnell wie möglich, so viel wie möglich, so günstig wie möglich! Und Abbau von CO2 aus der Atmosphäre - das benötigen wir für unsere Zukunft!

Sehen Sie sich einmal die folgenden Webseiten an:

https://www.wasserstoff-unsere-zukunft.de

https://www.bio-wasserstoff.de/

http://h2efa.de/index.php

https://www.energieforschung.de/aktuelles/news?backRef=18&news=Stellungnahme_Biomasse_Wasserstoff_Bioenergie

Unsere Politiker sind von der Großindustrie abhängig.

Wir können nur durch die Bundestagswahl 2021 etwas für unsere Zukunft tun!


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