Menü öffnen

KohleausstiegWirtschaftsverbände warnen vor steigenden Strompreisen

Steigende Strompreise für die Industrie?
Vor allem Industriebetriebe müssten aus Sicht des BDI beim Kohleausstieg Kompensationszahlungen erhalten. (Foto: Pete Wright auf Unsplash)

Steigt Deutschland erst einmal aus der Kohle aus, erhöhen sich die Stromkosten um Milliarden, warnen BDI und DIHK. Insbesondere die Industrie müsse dann kompensiert werden. Die Ergebnisse anderer Studien stehen dazu jedoch im Widerspruch.

25.01.2019 – „Panikmache in Sachen Strompreiseffekt des geplanten Kohleausstiegs“, wirft der Präsident der Energy Watch Group (EWG) Hans-Josef Fell den Industrieverbänden vor. Diese hatten am Dienstag in einer gemeinsamen Mitteilung vor einem deutlichen Strompreisanstieg aufgrund eines Ausstiegs aus der Kohleverstromung gewarnt. Bis 2030 befürchten der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) zusätzliche Stromkosten in Höhe von 54 Milliarden Euro. Ohne eine Kompensation für die Industrie würde dies dem Wirtschaftsstandort Deutschland schwere Schäden zufügen.

Was die Wirtschaftsverbände nicht berücksichtigt haben: Durch den Umstieg auf Erneuerbare Energien lassen sich nicht nur Strompreisrisiken reduzieren, sondern auch Abhängigkeiten von internationalen Energierohstoffpreisen, so Fell. Dies zeige ein Bericht der EU-Kommission zu Energiepreisen. Die Kosten neuer Erneuerbare-Energien-Anlagen würden demnach kaum über den Preisen des Stromgroßhandels liegen.

„Wie bitte sollen denn mit einem Umstieg auf Erneuerbare Energien dann die Strompreise steigen?“ Hans-Josef Fell

Zusatzkosten in Milliardenhöhe sind abwegig

Schließlich habe der Ausbau der Erneuerbaren die Großhandelspreise in Deutschland sogar gedämpft. Daraus könne geschlussfolgert werden, dass dies auch bei einem Umstieg auf ein regeneratives Energiesystem so bleibe. Es sei deshalb abwegig, Zusatzkosten in Höhe von mehreren Milliarden Euro anzunehmen.

Die Erneuerbaren Energien, die frei von fossilen Brennstoffen sind, seien von den Wirtschaftsverbänden größtenteils ausgeklammert worden, kritisiert Fell. Stattdessen wurden hohe Erdgaspreise angenommen, die unterm Strich dann auch zu höheren Stromkosten geführt haben. Dabei brächten die Erneuerbaren sogar noch eine ganze Reihe positiver Nebeneffekte mit sich, wie etwa den Rückgang externer Schadenskosten durch Kohlendioxidemissionen, Stickoxide oder Feinstaub.

Europaweite Energiewende bis 2050 möglich

Während das von BDI, DIHK und BDA beauftragte Kurzgutachten ein sehr düsteres Bild vom Ausstieg aus der Kohleverstromung zeichnet, kommen andere Studien zu einem sehr gegensätzlichen Ergebnis. So hat eine Untersuchung erst vor wenigen Wochen gezeigt, dass ein kompletter Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen bereits bis 2050 in ganz Europa möglich wäre. Basierend auf Erneuerbaren Energien könnte eine europäische Energiewende demnach auch wirtschaftlich konkurrenzfähig zum heutigen, konventionellen fossil-nuklearen System umgesetzt werden.

Photovoltaik-Anlagen würden dann laut den Berechnungen der Forscher die größte Rolle am Strommix spielen. Die Solarenergie hätte einen Anteil von 62 Prozent an der Stromerzeugung, die Windenergie immerhin von 32 Prozent. Der restliche Strombedarf würde aus Wasserkraft, Bioenergie und Geothermie gedeckt werden.

Studie vom Öko-Institut

Im Auftrag des WWF Deutschland hat auch das Öko-Institut zusammen mit der Prognos AG Strategien für einen beschleunigten Kohleausstieg untersucht. Ihr Ergebnis: Bei einer Laufzeitbegrenzung der Kohlekraft auf 30 Jahre in Kombination mit einem ambitionierten Ausbau der Erneuerbaren Energien würden die Börsenstrompreise bis 2030 etwa auf dem gleichen Niveau bleiben und anschließend absinken. Je nach angenommenem Szenario blieben die Strompreiserhöhungen bei einem Kohleausstieg demnach im Rahmen.

Ähnlich wie bei der Studie von Wissenschaftlern der LUT University sowie von Energy Watch Group kommt auch das Öko-Institut zu dem Ergebnis, dass ein möglichst schneller Ausbau der Erneuerbaren förderlich für einen langfristig geringen Börsenstrompreis ist. So würde selbst bei dem Schnellausstiegs-Szenario, bei dem alle Kohlekraftwerke in Deutschland bis 2025 abgeschaltet werden, der Börsenstrompreis für einige Jahre moderat steigen und dann deutlich unter den jetzigen Wert absinken.

Kommt der Fahrplan für den Kohleausstieg?

Am heutigen Freitag könnte die Kohlekommission endlich den schon lange erwarteten Fahrplan für einen Kohleausstieg vorlegen. Bisher hat ein festes Ausstiegsdatum darin gefehlt. Sollte es allerdings keine Einigung geben, ist eine Fortsetzung der Sitzung erst wieder am kommenden Freitag geplant. jk


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Thomas Söllner 15.03.2019, 16:21:18

+111 Gut Antworten

Artikel wie dieser beleidigen mich als Techniker.

Photovoltaik und Windenergie allein werden auch in Zukunft in einer kalten und windstillen Winternacht genau 0% zur Stromversorgung z. B. in Süddeutschland beitragen.

Die Spitzenlast im Winter liegt nämlich zwischen 17 und 20 Uhr wo die Sonne schon lange untergegangen ist.

Und wenn dann kein Wind weht, wird Wasserkraft, Biogas bzw. Biomasse und Geothermie gerade so ausreichen um die wichtigste Infrastruktur wie z. B. Wasserwerke, Krankenhäuser oder Notruf, Feuerwehr etc. in Betrieb zu halten.

Also mehr Zahlen und Fakten bitte und weniger Wunschdenken.

Wie hoch ist die Grundlast im Sommer und im Winter und wie hoch ist die Spitzenlast?

Wieviel Gigawatt können Sonnen- und Wind- und Wasserkraft zuverlässig rund um die Uhr bereitstellen, Sommer wie Winter?

Wieviel Gigawatt an gesicherter Leistung müssen wir bis wann zubauen um nach den gesetzten Terminen für den Kernkraft- und Kohleausstieg die Grund- und Spitzenlast Sommer wie Winter auch an trüben und windstillen Tagen zuverlässig abzudecken?


Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft