Menü öffnen

Internationaler KlimaschutzEmpörungshändler befeuern die Klima-Desinformation

Klima-Plakat, Klimaschutz, Klimawandel, Klima-Demo
Es gibt verschiedene Gründe und Interessen, den Klimawandel zu leugnen. Fossile Konzerne und autokratische Ölstaaten profitieren bspw. davon. (Jonathan Kemper on Unsplash)

Wer sind die Klimawandelleugner und welcher Kommunikationskanäle und Narrative bedienen sie sich? Wie damit umgehen? Diesen Fragen ging ein Webinar des internationalen Mediennetzwerks CCNow im Vorfeld der kommenden UN-Klimakonferenz in Dubai nach.

20.11.2023 – „Es ist mittlerweile nicht mehr nur die fossile Industrie, die den Klimawandel und Klimaschutzmaßnahmen mit milliardenschweren Kampagnen in Frage stellt“, unterstrich Jennie King, Abteilungsleiterin Climate and Research beim Institute for Strategic Dialogue (London). Dazu kämen „Empörungshändler“ und „feindlich gesinnte staatliche Akteure“. Dies führte King beim Webinar „How to Safeguard against Mis-/Disinformation at COP28“ des  globalen Mediennetzwerks Covering Climate Now (CCNow), das in Zusammenarbeit mit der NGO-Koalition Climate Action Against Disinformation (CAAD) stattfand, aus.

Soziale Medien als entscheidendes Sprachrohr

Entscheidend als Sprachrohr für Desinformation sind die sozialen Medien mit ihrer globalen Durchdringung, ihrer Klickzahlenlogik sowie algorithmischen Verstärkungen. Damit bekommen Klimaleugner zusätzliche Aufmerksamkeit und Einfluss, die auch in die klassischen Medien überschwappen.

Sei es dass Wutbürger versuchen, Wettermoderatoren mit Hassreden im Netz einzuschüchtern bzw. persönlich zu diffamieren und in die Ecke bezahlter „Systemschwätzer“ oder „woker“ bzw. „links-grüner Ideologen“ zu stellen. Oder dass Influencer mit falschen oder widersprüchlichen Behauptungen zum Klimawandel und zum Klimaschutz ihre eigenen Geschäftsmodelle rund um die „Aufmerksamkeitsökonomie“ stricken, teils auch als verlängerter Arm von fossilen Industrieakteuren.

Verschwörungstheoretiker und Klimaleugner Hand in Hand

Auch gingen zunehmend Verschwörungstheorien mit Klimaleugnung Hand in Hand, betonte King – indem beispielsweise Klimaschützer als Verfechter eines neuen Imperialismus oder als abgehobene Eliten gebrandmarkt würden.

Gleichzeitig verlagerten sich die Diskurse der Klimaleugner in ihre eigenen Blasen, seien es geschlossene Foren oder spezielle Plattformen. Umso schwieriger werde es, diese mit rationalen Argumenten zu erreichen und der Hetze, die letztlich auch in physische Gewalt münden kann, etwas entgegenzusetzen. Trauriges jüngstes Beispiel für eine zunehmende Aggressivität, die auch in die politische Mitte der Gesellschaft Eingang finde, sei der Mord an zwei Klimaschützern in Panama.

Ängste über Klimaschutzmaßnahmen schüren

King sieht auch einen Trend, dass Desinformation rund um den Klimawandel nicht mehr auf Leugnung der globalen Erwärmung an sich, sondern auf geplante Klimaschutzmaßnahmen und Lösungen abzielt. Häufig werde hierbei häufig versucht zu suggerieren, dass praktische Maßnahmen zum Klimaschutz den Menschen ihre bürgerlichen Freiheiten wegnehmen wollten. Hierbei verwies sie auch auf die deutsche Debatte um das Heizungsgesetz bzw. Wärmepumpen.

„Es spielt eigentlich keine Rolle, ob 99 Prozent der Öffentlichkeit an den Klimawandel glauben. Wenn sie immer noch verwirrt sind über die gangbaren Wege in die Zukunft, oder wenn es gelingt, echte Ängste und Zweifel an den Lösungen zu schüren, die auf dem Tisch liegen, dann führt das zum gleichen Ergebnis: keine gesetzgeberische Agenda, keine sinnvollen politischen Vorschläge, keine Maßnahmen vor Ort. Sie versuchen also, diesen Prozess der politischen Entscheidungsfindung zu verlangsamen“, sagte King jüngst gegenüber dem National Public Radio (NPR) in den USA.

Greenwashing hinterfragen

Zu feindlich gesinnten staatlichen Akteuren, welche Klimaschutz gezielt in Frage stellen, zählt King vor allem autoritär geführte Regimes wie Russland und Ölstaaten wie Saudi-Arabien. Insbesondere Ölstaaten nutzten ebenso wie fossile Industrien geschickt die Kommunikationsklaviatur, um ihre angeblich progressiven Klimaschutzbemühungen möglichst gut in der Öffentlichkeit zu verkaufen.

Umso wichtiger sei es, gezielt hinzuschauen und zu fragen, was Firmen wie Shell unter Net-Zero verstehen und wieviel Prozent ihrer Gewinne sie tatsächlich in Erneuerbare Energien investierten, unterstrich Jessica Green, Politikwissenschaftlerin an der Universität Toronto (Kanada). Dasselbe gelte für Ölförderländer wie Nigeria oder Dubai, ergänzte Frederick Mugira, Wasser- und Klimajournalist und Gründer des Netzwerks „Water Journalists Africa“ (Uganda).

Funktionen von Akteuren kritisch beleuchten

Wichtig sei auch die Funktion von Akteuren, die sich Klimaschutz auf die Fahne geschrieben haben, kritisch zu beleuchten. Als ein prominentes Beispiel nannte Mugira den Präsidenten der kommenden COP 28 in Dubai, Sultan Ahmed Al Jaber, Chef der staatlichen Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) sowie Präsident des staatlichen Erneuerbare-Energien-Unternehmens Masdar.

Allen Medien- und NGO-Vertretern, welche an der UN-Klimakonferenz in Dubai  vom 30. November bis 12. Dezember 2023 vor Ort teilnehmen, riet Jenny King, die digitale Sicherheit ernst zu nehmen, um Datenklau oder -missbrauch von Smartphones, Laptops oder Tablets vorzubeugen. Als No-Go sieht sie unter anderem die Nutzung von öffentlichem WLAN, das Einscannen von QR-Codes oder die Nutzung von Gesichtserkennung statt Passwörtern beim eigenen Gerätezugang.

Hilfen für den Faktencheck

Für den Faktencheck im Klimabereich und den Lobbycheck von Akteuren, nicht nur im Vorfeld oder bei der COP 28, stehen international eine Reihe von Datenbanken und Recherchehilfen zur Verfügung, wie auf dem Webinar deutlich wurde. So bei CCNow, CAAD, DeSmog oder CSSN (Climate Social Science Network). Hans-Christoph Neidlein


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft