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KlimageldBürger von den Kosten für den Klimaschutz entlasten

Christian Lindner und Andreas Gebhard auf der republica 2023
Mit dem Klimageld sollten Bürger von den Zusatzkosten entlasten, die durch die CO2-Steuer entstehen. Nun will die Bundesregierung es erst in der nächsten Legislaturperiode einführen (Bild: Jan Zappner / re:publica / CC BY-SA 2.0 / via Wikimedia Commons).

Die Bundesregierung will erst ab der nächsten Legislaturperiode ein Klimageld auszahlen. Umwelt- und Sozialverbände fordern den Ausgleich, um Menschen zu entlasten und die Akzeptanz für Klimaschutz in der Gesellschaft zu erhöhen.

17.01.2024 – Sozial-, Umwelt- und Klimaschutzverbände fordern die Einführung eines Klimageldes für Bürger. Nun erteilte Bundesfinanzminister Christian Lindner, FDP, dem Klimageld zumindest für diese Legislaturperiode eine Absage. Er begründet dies erneut mit fehlenden technischen Voraussetzungen für die Auszahlung und betont, Einnahmen aus dem CO2-Preis seien zudem bereits für Fördermaßnahmen im Klima- und Transformationsfonds verplant. Seit der Ankündigung hagelt es Kritik. Auch mit dem Rest der Regierung war die öffentliche Absage wohl nicht abgesprochen.

Was ist das Klimageld

Die Ausgleichszahlung soll Bürger von den Zusatzkosten entlasten, die durch die CO2-Steuer entstehen. Seit Anfang des Jahres ist der Preis für jede Tonne CO2, die durch fossiles Heizen oder Autofahren ausgestoßen wird, von 30 auf 45 Euro gestiegen. Besonders Geringverdienende trifft die Verteuerung von Haushaltsausgaben, die zumindest kurzfristig nahezu alternativlos sind, hart. Ein Klimageld würde notwendige Klimamaßnahmen sozial abfedern.

Der Anstieg wurde bereits von der Vorgängerregierung verankert. Die derzeitige Bundesregierung vereinbarte in ihrem Koalitionsvertrag die Erarbeitung eines finanziellen Ausgleichmechanismus für die zusätzliche Belastung. Die Umsetzung ließ dann aber auf sich warten.

Bereits kurz nach Antritt der Regierung ging Lindners Aussage, das Klimageld könne nicht ausgezahlt werden, da man nicht wisse, wie, durch die Presse. Darauf berief er sich nun erneut, mit dem Zusatz, die Einnahmen aus der CO2-Steuer seien inzwischen für den Klima- und Transformationsfonds verplant. Regierungssprecher Steffen Hebestreit bestätigte allerdings im Anschluss, dass an einer logistischen Lösung gearbeitet, und das Klimageld ab 2027 ausgezahlt werden solle, berichtet der Tagesspiegel Background Energie & Klima am Dienstag.

Reiche verursachen mehr Emissionen, aber alle zahlen

Die Absage erntete Kritik von allen Seiten. Erst kurz vor Weihnachten hatte sich ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis erneut für ein Klimageld stark gemacht. Konkret forderte das vom Umweltinstitut München initiierte Bündnis, dass alle Erlöse aus der CO2-Abgabe in das Klimageld fließen. Ab 2024 stünden demnach allen 130 Euro pro Kopf zu. Der Betrag soll zudem mit dem weiteren Anstieg des CO2-Preises bis 2027 auf 250 Euro angehoben werden. Verbraucherschützer fordern sogar eine Nachzahlung für die letzten beiden Jahre. Anfang des Jahres folgte ein erneuter Aufruf von Umweltverbänden wie Greenpeace und BUND gemeinsam mit großen Sozialverbänden wie VdK, AWO und der Diakonie.

Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament, findet Christian Lindners Absage ans Klimageld peinlich und verantwortungslos. „Deutschland ist die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt. Wenn wir keinen Weg finden, Geld an die Bürger*innen zu überweisen, ist das politische Unfähigkeit oder Unwilligkeit“, kommentiert er. Auch das Geld sei da, wenn fossile Subventionen wie das Dienstwagenprivileg abgeschafft und die Gelder für die geplante Förderung von Klimaschutzmaßnahmen wie Dämmungen, Wärmepumpen und Ladesäulen investiert werde.

Der Ausgleich kann auch damit gerechtfertigt werden, dass Reiche mehr CO2-Emissionen verursachen, die Teuerung aber nun von allen Teilen der Gesellschaft zu gleichen Stücken getragen werden muss. Studien und Umfragen zeigen zudem, dass ein Klimageld die Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen in der Bevölkerung erhöht. „Die rasant wachsende Ungleichheit im Land ist ein Brandbeschleuniger für den auflodernden Rechtsextremismus“, warnt Bloss. „Mit dem Klimageld können wir die Menschen für die anstehenden Veränderungen gewinnen und spürbar entlasten.“

Klimageld ist machbar

Ein Blick über die Grenze lässt erahnen, dass es um die Machbarkeit eines Klimageldes nicht so schlecht bestellt sein kann. Denn Deutschland ist keineswegs das erste Land, das über eine Klimaprämie nachdenkt. In Österreich, der Schweiz und Kanada gibt es sie schon. In der Schweiz fließen seit Einführung 2008 zwei Drittel der Einnahmen aus der CO2-Abgabe in ein Klimageld. In Österreich erhalten die Bürger seit 2023 einen Klimabonus ausgezahlt. Sind die Kontodaten dem Staat bekannt, so landet die Gutschrift automatisch mit anderen Zahlungen wie beispielsweise der Rente auf dem Konto. Ist das nicht der Fall, wird ein Gutschein verschickt. Österreich setzte die Maßnahme  innerhalb weniger als neun Monaten nach Beschluss um.

Das Öko-Institut zeigte in einer Analyse den zu erwartenden positiven Effekt einer Klimaprämie. Das Klimageld trage zur Sozialverträglichkeit der Kostensteigerung von Fossilen bei, ohne ihren Konsum weiter zu unterstützen. Stattdessen setze es Anreize für klimafreundliches Verhalten, denn Bürger, die weniger fossile Brennstoffe nutzten, hätten am Ende mehr übrig. Das Klimageld nutze auch nicht nur einkommensschwachen Gruppen, sondern falle auch für die Mittelschicht ins Gewicht. Eine Auszahlung könnte durch mehrere bestehende Behörden übernommen werden, ein Beispiel wären die Steuerämter. Die Nutzung der Daten, beispielsweise der Steuer-ID, sei mit den persönlichen Grundrechten und bestehenden Richtlinien vereinbar, heißt es in der Analyse.

In einer anderen Studie untersuchte das Klimaforschungsinstitut MCC die Verwendung der Finanzmittel aus der CO2-Abgabe und folgerte, dass ein Klimageld gleich aus mehreren Gründen geboten sei. Ein Teil der Maßnahmen im Klima- und Transformationsfonds, in den die Abgabe fließt, ziele kaum auf direkten Klimaschutz und müsse eigentlich aus dem regulären Haushalt finanziert werden. Auch diese Studie kommt zu dem Schluss, dass eine Umsetzung auf verschiedenen Wegen möglich wäre. Vorgeschlagen wird hier die Familienkasse. Bisher zeigte die Regierung jedoch wenig Interesse, sich mit den erarbeiteten Vorschlägen auseinanderzusetzen. jb

 

Nachtrag: Nachdem dieser Artikel erschienen war, räumte Regierungssprecher Steffen Hebestreit die Möglichkeit einer Entscheidung über das Klimageld vor der Bundestagswahl 2025 ein.


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