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Deutschland und KanadaWasserstoff oder Erdgas?

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Deutschland und Kanada wollen in der Energiekrise enger kooperieren. Umweltschutzorganisationen befürchten neue Erdgasprojekte statt Wasserstoff. (Bild: Dennis Jarvis / CC BY-SA 2.0)

Die Bundesregierung ist auf Kanadareise, um die energiepolitische Zusammenarbeit zu stärken. Das nordamerikanische Land gehört zu den größten Erdgasexporteuren der Welt. Ob es bei Kooperationen um Energie- und Klimawende geht, ist fraglich.

22.08.2022 – Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck befinden sich seit Sonntag auf Regierungsreise durch Kanada. Begleitet werden sie während ihrer dreitägigen Tour nach Montréal (Québec), Toronto (Ontario) und Stephenville (Neufundland) von Kanadas Premierminister Justin Trudeau, verschiedenen kanadischen Ministern – und einer deutschen Wirtschaftsdelegation. Welche Wirtschaftsvertreter mit der deutschen Regierung Kanada bereisen, ist bisher nicht bekannt.

Energiepartnerschaft stärken

Fokus der Reise sind handels-, energie- und klimapolitische Fragen. Konkret gehe es um das gemeinsame Freihandelsabkommen CETA und die deutsch-kanadische Energiepartnerschaft, sowie die Themen Rohstoffe, kritische Mineralien, und Pläne für engere Kooperation bei Innovationen und Zukunftstechnologien, so das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).

Medien berichten, dass eine Klimapartnerschaft für Wasserstoff im Vordergrund des Zusammentreffens stehe. Habeck hatte sich zu diesem Zweck bereits im Mai dieses Jahres mit dem kanadischen Wirtschafts- und Innovationsminister François-Philippe Champagne getroffen. Champagne gehört zu den Ministern, die die Reise begleiten. Bereits damals bemerkte Habeck allerdings, dass es Möglichkeiten gebe, die Versorgung mit flüssigem Erdgas (LNG) und Wasserstoff zu verbinden. Auch auf dem G7-Gipfel diskutierten Kanada und Deutschland über mögliche LNG-Exporte.

Europa und Deutschland müssen zwar kurzfristig die Gaslücke schließen. Doch Kanadas fossile Infrastruktur ist derzeit gar nicht auf entsprechende LNG-Lieferungen nach Europa ausgelegt. Es fehlen entsprechende LNG-Terminals, um das Gas zu verflüssigen und zu verschiffen. Diese zu bauen, braucht Zeit – eine kurzfristiger Lieferhochlauf ist kaum möglich.

Erdgas ist unvereinbar mit Klimazielen

Die Bundesregierung rechne zumindest vorläufig nicht mit Gaslieferungen aus Kanada, da die entsprechenden Projekte nicht ausreichend fortgeschritten seien, berichtete der Tagesspiegel am Freitag. Es werde frühestens in einigen Jahren mit signifikanten Gaslieferungen gerechnet.

Langfristig erscheint der Bau neuer Gasterminals jedoch wenig sinnvoll. Ehrgeizige Emissionsreduktionsziele und Klimazusagen gibt es auf beiden Seiten des Atlantiks. Die Internationale Energieagentur bestätigte erst kürzlich in ihrem Bericht Net Zero by 2050, dass jede zusätzliche fossile Förderung die Pariser Klimaziele unerreichbar machen würde.

„Deutschland kann seinen kurzfristigen LNG-Bedarf mit schwimmenden Terminals decken und so neue Abhängigkeiten von fossilen Brennstoffen vermeiden, die unserem Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zuwiderlaufen würden. Daher wären Investitionen in neue Onshore-LNG-Infrastrukturen ein Fehler für Investoren auf beiden Seiten des Atlantiks. Die europäische Gasnachfrage wird stark zurückgehen, bevor sie überhaupt in Betrieb genommen werden könnten“, erklärt Professor Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin.

Bürger protestieren gegen neue fossile Infrastruktur

Zusätzlich zu den Emissionen gesellen sich verschiedene soziale und Umweltprobleme. Erdgas in Kanada wird vor allem durch Fracking und Offshore-Bohrungen gewonnen, was erhebliche Umweltrisiken birgt. Besonders Fracking kontaminiert regelmäßig Wasser-, Luft und Boden vor Ort.

Es gibt zudem deutlichen Widerstand gegen weitere Erdgasprojekte in der Bevölkerung. In den atlantischen Provinzen herrscht zurzeit ein Moratorium für Fracking. Grund dafür ist unter anderem, dass Gebiete indigener Bevölkerungsgruppen betroffen wären. Kanadas Indigene riefen die Regierung nach Bekanntwerden der Treffen dazu auf, ihre Rechte zu respektieren und keine weiteren Erdgasprojekte zuzulassen. Umfragen in Kanada ergaben zudem, dass die Bürger weiterer Erdgasförderung kritisch gegenüberstehen, wie die Deutsche Umwelthilfe berichtet.

Infrastruktur von LNG und Wasserstoff unterscheiden

Zahlreiche kanadische Umwelt- und Klima-NGO befürchten, dass es bei der Reise mehr um Erdgas gehen könnte als um Wasserstoff. Sowohl auf deutscher als auch auf kanadischer Seite wird immer wieder angedeutet, dass Erdgasterminals in Zukunft für klimafreundlichen Wasserstoff genutzt werden könne.

Verschiedene Studien zeigen jedoch, dass dies unwahrscheinlich ist. Die Infrastruktur für Wasserstoff und Erdgas unterscheidet sich erheblich. Bisher ist gesetzlich nicht festgelegt, dass Terminals bereits beim Bau sowohl für Wasserstoff als auch Erdgas nutzbar sein müssen. Eine spätere Umrüstung wäre jedoch viel zu teuer und daher unwirtschaftlich. jb


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