Menü öffnen

GaskriseAusbau von LNG-Terminals überzogen

AGAs LNG-terminal i Nynäshamn
Flüssiges Erdgas soll Abhilfe schaffen in der Gaskrise. Doch es droht eine neue Abhängigkeit – und die Gefährdung der Klimaziele. (Bild: Jan Arrhénborg / AGA / CC BY-SA 3.0)

LNG-Terminals sollen die Gas-Versorgungslücke schließen. Doch Ausbaupläne schießen über das Ziel hinaus und drohen, erneut eine fossile Abhängigkeit zu zementieren. Das ist gefährlich für Energiesicherheit und Klimaziele.

05.08.2022 – Klima- und Gaskrise stellen die deutsche Energiepolitik vor große Herausforderungen. Russland liefert immer weniger Gas und Deutschland sowie die gesamte EU stellen sich auf Gasnotfallpläne und mögliche Versorgungsunterbrechungen ein. Um dies zu verhindern, setzt die Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen um. Dazu gehört das Osterpaket und der Ausbau Erneuerbarer Energien, verpflichtende Gasspeicherstände, und ein rasanter Aufbau von LNG-Terminals. Umweltorganisationen sehen letztere Pläne mit Sorge.

Ausbau fossiler Infrastruktur

LNG steht für Liquified Natural Gas. Die Terminals sollen den Import von flüssigem Gas aus anderen Ländern als Russland über Containerschiffe ermöglichen. So könnte auch kurzfristig ein Teil des fehlenden Gases ersetzt werden.

Geplant sind etwa ein Dutzend neuer Terminals. Dazu gehören schwimmende Speicher- und Wiederverdampfungsanlagen, sogenannte FSRUs – Floating Storage and Regasification Units – sowie Landterminals. FSRUs sollen teilweise angemietet werden, doch die großen Landterminals werden langfristig geplant und installiert.

Landterminals wären frühestens in einigen Jahren einsatzbereit und können in der gegenwärtigen Gaskrise wenig beitragen. Vor allem aber würden sie die Nutzung von Erdgas bis in die 2040er Jahre festschreiben und die Klimaziele gefährden, warnt Greenpeace.

Pläne überzogen

"Es kann doch nicht angehen, dass man in vollster Bereitschaft schnell loslegt und LNG-Terminals baut und dadurch die Abhängigkeiten von fossilen Energien verschärft. Und dann irgendwie hadert, wenn es darum geht, loszulegen und im ganzen Land eine Erneuerbare-Energie-Politik zu fahren, die uns tatsächlich schützen kann vor Autokraten und vor der Klimakrise", kritisiert auch Klimaaktivistin Luisa Neubauer in einem Interview mit dem Nachrichtensender Phoenix.

Die Terminals bedeuten einen massiven Ausbau der fossilen Infrastruktur. Schönreden kann man das nicht. Umweltorganisationen wie Greenpeace und die Deutsche Umwelthilfe kritisieren vor allem das Ausmaß der Ausbaupläne und große Landterminals.

Landterminals zementieren fossile Abhängigkeit

Während kurzfristige Maßnahmen wie die geplante Anmietung von schwimmenden Terminals sinnvoll sein könnten, sei die Planung von Landterminals nicht nachvollziehbar, schreibt Greenpeace in einem aktuellen Bericht. Die geplanten Gesamtkapazitäten der Terminals überträfen die derzeitigen Gasimporte aus Russland deutlich. Sie würden das verbleibende CO2-Budget Deutschlands weitgehend verbrauchen.

LNG wird auf dem Weltmarkt auf absehbare Zeit sowohl teuer als auch knapp sein. Als zahlungskräftige Wirtschaftsmacht kann Deutschland dies zwar stemmen. Doch die Teuerung könne ärmere Länder zwingen, zur Kohleverstromung zurückzukehren. Das LNG selbst ist ebenfalls alles andere als klimaneutral. Erst allmählich werde das ganze Ausmaß der Emissionen von Gaslieferketten deutlich, so Greenpeace. Gemeint sind hier vor allem Methanemissionen, die lange ignoriert wurden.

Wasserstoff-ready?

Um den Ausbau von LNG-Terminals zu beschleunigen, erließ die Bundesregierung im Mai dieses Jahres eigens ein Gesetz, das LNGG. Darin heißt es, dass der Ausbau sowohl beschleunigt als auch der Betrieb bis 2043 begrenzt sein soll. Ab dann soll die Infrastruktur auch für Wasserstoff genutzt werden können.

Nicht vorgesehen ist allerdings, dass die Terminals von vornherein für einen Betrieb mit Wasserstoff gebaut werden – und das ist ein Problem. Denn H2-ready sei fast schon zum Buzzwort geworden, von dem niemand genau wisse, was es bedeute. Aufgrund der großen stofflichen Unterschiede sei ein LNG-Terminal nicht ohne weiteres für den Import von flüssigem Wasserstoff geeignet. Es gäbe bisher wenig Erfahrung mit derartigen Umrüstungen und Studien bezögen sich meist auf Pipelines, so Greenpeace.

LNG und LH2 brauchen unterschiedliche Infrastruktur

LNG und flüssiger Wasserstoff stellen verschiedene technische Anforderungen an das Equipment. Das liegt unter anderem daran, dass flüssiger Wasserstoff um fast 100 Grad Celsius kälter gehalten werden muss als LNG und zudem eine deutlich geringere Dichte besitzt. Gängige Bauteile von LNG-Terminals wie Rohrleitungen, Pumpensysteme, Kompressoren und Verdampfer können so nicht für flüssigen Wasserstoff genutzt werden.

Grundsätzlich bestehe zwar die Möglichkeit, Gasinfrastruktur für Wasserstoff umzurüsten. Ein Umbau käme aber gerade bei Terminals aufgrund des technischen Aufwands faktisch einem Neubau gleich. Deutlich wahrscheinlicher sei, dass die nun geplanten Terminals abgeschrieben werden, wenn sie kein LNG mehr transportieren dürfen. Der Fokus auf LNG könnte deshalb gleichzeitig die fossile Infrastruktur zementieren und den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland behindern, warnt Greenpeace. jb


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft