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Enormes Potenzial der Solarthermie besser nutzen

Wieder spannend und gut besucht: Die Berliner Energietage 2017. Einer der Schwerpunkte ist in diesem Jahr die Wärmewende. (Foto: Nicole Allé)
Wieder spannend und gut besucht: Die Berliner Energietage 2017. Einer der Schwerpunkte ist in diesem Jahr die Wärmewende. (Foto: Nicole Allé)

Im Rahmen der Berliner Energietage werden neue Technologien und erfolgreiche Projekte zur solarthermischen Wärmeerzeugung vorgestellt. Die Solarthermie ist zwar technologisch schon weit ausgereift, aber in der Anwendung längst noch nicht ausgereizt.

04.05.2017 – Bei den gerade laufenden Berliner Energietagen 2017 zeigt die DSTTP im Rahmen der Solarwärmestrategie 2020+ die langfristige Bedeutung der Solarthermie für eine weitgehend auf regenerativen Energien basierende Energieversorgung auf und benennt den hierfür erforderlichen Forschungs- und Entwicklungsbedarf. „Die Solarthermie-Technologie ist ausgereift, aber noch lange nicht ausgereizt. Wir müssen weiter hart an der Senkung der Kosten arbeiten“, sagt Helmut Jäger, Vizepräsident des Bundesverbandes Solarwirtschaft und Sprecher der DSTTP auf Industrieseite. „Die Entwicklung effizienter Systeme und Komponenten, die Vereinfachung der Installation sowie die Vereinheitlichung von Schnittstellen für eine deutlich kostengünstigere Montage sind die maßgeblichen F&E-Themen für einen Erfolg der Strategie.“

Mieterwärmemodelle anbieten

Damit die Solarthermie-Technologie ihr Potenzial ausspielen kann, sind aus Sicht der Experten gleiche Wettbewerbsbedingungen notwendig, etwa bei der Internalisierung der Kosten für die Kohlendioxidemissionen. Eine wichtige weitere Forderung sei das Mieterwärmemodell. Dabei handelt es sich um ein einfaches Abrechnungsmodell, das es erlaubt, Mietern Wärme aus Solarthermie zu verkaufen und als Ausgleich auf die Umlegung der „Modernisierungskosten“ zu verzichten.

Bekannt und beliebt sind bereits Mieterstrommodelle, für eine Wärmewende muss der Fokus auch auf einer intelligenten Wärmeversorgung liegen. Für die Energiewende im Wärmebereich sei das Ziel also eine solare Wärmebedarfsdeckung, so Wolfgang Krämer, der die Abteilung Wärme und Kälte am Fraunhofer ISI leitet. Rund 3.000 Kilowattstunden Strom werden im Schnitt in einem Einfamilienhaus im Jahr verbraucht, 13.000 Kilowattstunden sind es an Wärmebedarf. Da im Sommer, wenn am wenigsten Wärme benötigt wird, durch die erhöhte Sonneneinstrahlung der Peak erreicht wird, muss der Fokus also auf der solaren Wärmespeicherung für die Wintermonate liegen, wenn der Wärmebedarf erhöht und die Sonneneinstrahlung reduziert ist.

Kreative Projekte für die solarthermische Nutzungin Kombination mit weiteren Wärmemodellen

Im Projekt HeizSolar wurden neun, den aktuellen Markt repräsentierende SolarAktivHäuser messtechnisch umfassend untersucht und Optimierungspotenziale ermittelt. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE arbeitete von 2010 bis 2015 in Zusammenarbeit mit der Solar- und Wärmetechnik aus Stuttgart, der Technischen Universität Ilmenau sowie dem Sonnenhaus-Institut an dem Forschungsprojekt. Es wurden Wohngebäude untersucht, deren Heizenergiebedarf zu 50 bis 100 Prozent durch thermische Solarenergie bereitgestellt wird. In diesem Kontext entstand die Webseite DieSolarheizung.info – als Plattform zur Darstellung der Projektinhalte und Ergebnisse sowie Informationsportal für solar beheizte Gebäude.

Die Projektpartner hatten sich dabei zum Ziel gesetzt, das Versorgungskonzept des solarthermischen Heizens wissenschaftlich zu fundieren und mit den gewonnenen Messdaten aus neun typischen Wohngebäuden ein Simulationsmodell zu kalibrieren. Dieses Modell stellt die Grundlage für das Erarbeiten von Optimierungspotenzialen dar. Weiterhin werden Bewertungskriterien für diese Gebäude erstellt, um sie in das aktuelle Marktgeschehen bezüglich anderen CO2-reduzierten Wärmeversorgungskonzepten einzuordnen.

Wärme kongenial nutzen

Mit dem im Projekt Neues Sonnenhaus untersuchten Systemkonzept steht nicht mehr der Pufferspeicher allein im Zentrum der Anlage. Es wird stattdessen eine temperaturoptimierte Aufteilung der Solarenergiegewinne auf unterschiedliche Senken durchgeführt: Ein deutlich kleinerer Pufferspeicher, dafür Aktivierung von Betonbauteilen in Bodenplatte und Zwischendecke, die direkt über den Solarkreis aufgeladen werden. Durch die geringere Betriebstemperatur des Kollektors werden somit deutlich höhere winterliche Solarerträge erwartet. Die sommerliche Restwärmenutzung erfolgt über Aufladen oder Regeneration eines Erdspeichers zur winterlichen Entladung per Wärmepumpe, daher kann auf die sonst übliche Holzverbrennung verzichtet werden.

Wärme speichern: Zeolith statt Wasser

Im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts SolSpaces mit der Firma SchwörerHaus KG wird ein solares Heizungskonzept mit Langzeitwärmespeicherung für energieeffiziente Kompaktgebäude entwickelt. Das Heizungskonzept basiert dabei auf einer thermischen Solaranlage in Verbindung mit einem Zeolith-Sorptionswärmespeicher zur saisonalen Wärmespeicherung.

In der Heizperiode wird der Sorptionsspeicher von feuchter Luft durchströmt. Das Speichermaterial Zeolith adsorbiert die Luftfeuchtigkeit, wobei Wärme freigesetzt wird, die zum Beheizen des Gebäudes genutzt wird. Im Sommer wird das Prinzip umgekehrt. Dann wird mittels Sonnenkollektoren die Luft auf bis zu 180 °C erwärmt. Mit der warmen Luft wird das Speichermaterial desorbiert. Die im Winter in den Speicher eingetragene Feuchtigkeit wird ausgetrieben und mit dem Luftstrom aus dem Speicher entfernt. Das dadurch getrocknete Speichermaterial steht so wieder zur Gebäudebeheizung zur Verfügung. Das Volumen des Zeolith-Speichers ist bei gleicher Speicherleistung acht Mal kleiner als ein Wasserspeicher, spart also kostbaren Platz, vor allem bei der Sanierung ein häufig auftretendes Thema.

Kalte Nahwärme – das intelligente Wärmenetz

Man spricht immer vom intelligenten Stromnetz – ebenso gibt es ein intelligentes Wärmenetz – und zwar bereits mehrfach in der Praxis realisiert – in Gemeinden und Quartieren, bspw. in einer Neubausiedlung im oberschwäbischen Biberach oder in der bayerischen Gemeinde Dollnstein. Hier spricht man von kalter Nahwärme.

Solche kalten Nahwärmenetze bieten vor allem hohe Flexibilität. Das Konzept des „Kalten Netzes“ ist es, die sommerlichen Wärmeverluste im Netz zu reduzieren – bei einem herkömmlichen Netz mit um die 80 Grad Betriebstemperatur und gleichzeitig geringem Wärmebedarf sind erfahrungsgemäß die Netzverluste so hoch, dass das Netz unwirtschaftlich zu werden droht – vor allem im ländlichen Raum mit großen Leitungslängen. Deshalb wird das Netz im Sommer mit nur 30 Grad betrieben und die Wärme vor Ort, also in jedem angeschlossenen Gebäude, bedarfsgerecht mit einer Wärmepumpe erzeugt.

Viele weitere Projekte zu intelligenter Wärmenutzung – in Stadt und Land – sind in der Realisierungsphase und bringen spannende Ergebnisse, die sich auf weitere Vorhaben übertragen lassen, etwa das Sanierungsprojekt Märkische Scholle in Berlin. Das Energiesystem baut auf dem von eZeit Ingenieuren entwickelten offenen Erdwärmespeicher eTank auf, der gleichzeitig als geothermische Quelle dient. "Diese Energiespeicher entstehen direkt neben den sanierten bzw. unter den neugebauten Gebäuden, etwa 80 Zentimeter unter der Erdoberfläche, und werden mit allen Objekten der Anlage verbunden", heißt es in der Projektbeschreibung. "Mit dem eTank werden die fluktuierenden erneuerbaren Energieerträge so gespeichert, dass sie jederzeit abgerufen und über eine Wärmepumpe dem Heizsystem zugeführt werden können." Die Solarkollektorfläche müsse dabei nicht größer ausgelegt sein als bei einer konventionellen solaren Heizungsunterstützung.

Förderung fortsetzen und weiter ausbauen

Ein dringender Wunsch aus Sicht der DSTTP ist die Fortführung der spezifischen Förderung für die Solarthermie-Technologie. Das 6.Energieforschungsprogramm der Bundesregierung läuft noch bis Ende 2018. „Es ist von zentraler Bedeutung für das Gelingen der Energiewende im Wärmebereich, dass die Solarthermieforschung auf solider Basis so schnell wie möglich verlängert wird“, fordert Harald Drück vom ITW/TZS der Uni Stuttgart in seiner Rolle als wissenschaftlicher Sprecher der DSTTP. na


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