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EU-KlimapolitikWie die EU die CO2-Entnahme ökonomisch steuern könnte

Flugzeug mit Kondensstreifen am Himmel vor beleuchtetem Planeten als Halbmond
Die CO2-Emissionen müssen sich verringern, doch in vielen Bereichen wie etwa beim Flugverkehr ist keine Wende in Sicht. Die damit notwendige CO2-Entnahme aus der Atmosphäre wird die Gesellschaft viel Geld kosten und birgt zudem hohe Risiken. (Foto: Sean Davis on Unsplash)

Ein Forscherteam hat ein ökonomisch fundiertes Steuerungskonzept vorgelegt, wie sich die CO2-Entnahme in die Architektur der EU-Klimapolitik einfügen könnte. Schlüsselrolle spielt dabei die Gründung einer Europäischen Kohlenstoff-Zentralbank.

01.04.2024 –Für ein zügiges Mindern der Klimagas-Emissionen hat die EU weitreichende Beschlüsse gefasst. So wird sie, wie in Energiewirtschaft und Industrie, ab 2027 auch in den Problemsektoren Wärme und Verkehr den CO2-Ausstoß per Emissionshandel deckeln, um damit Klimaneutralität zu erreichen. Nicht vermeidbare Restemissionen sollen vor allem durch den Einsatz von Technologien kompensiert werden, die der Atmosphäre direkt oder indirekt CO2 entziehen und es dann einlagern.

Doch wie kann die EU zugleich auch zügiges Wachstum von „negativen Emissionen“ realisieren, also eine großskalige CO2-Entnahme aus der Atmosphäre, ohne die ihr Ziel Klimaneutralität 2050 nicht zu schaffen ist? Dieser Frage sind Klimaforscher in der neuen Studie des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) nachgegangen.

„CO2-Entnahme als die zweite Säule des Klimaschutzes wird uns in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts viel Geld kosten – die Schätzungen reichen von 0,3 bis 3 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung“, sagt Ottmar Edenhofer, Direktor von MCC und PIK und einer der Autoren. „Doch die wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema dreht sich bisher um technische Aspekte und nicht um die volkswirtschaftliche Frage, wie man diese Herkulesaufgabe effizient angehen kann.“ In der EU-Hauptstadt Brüssel werde inzwischen genau darüber intensiv diskutiert.

EU-Subventionen an Dauerhaftigkeit von CO2-Entnahme koppeln

Die in der Fachzeitschrift FinanzArchiv veröffentlichte Studie widmet sich dem Thema CO2-Entnahme aus ökonomischer Sicht: So wie der Staat den CO2-Ausstoß verteuert, um seine negativen Folgen zu begrenzen, sollte er die CO2-Entnahme subventionieren. „Als grundlegendes Prinzip zur Kostenminimierung sollte dabei für jede entnommene und dauerhaft gespeicherte Tonne CO2 der gleiche Preis verwendet werden wie für die Emission einer Tonne CO2 in die Atmosphäre“, erläutert Max Franks, PIK-Forscher und Autor der Studie. „Eine Herausforderung dabei ist die nicht dauerhafte CO2-Entnahme, bei der das Treibhausgas immer wieder neu aus der Atmosphäre entnommen werden muss.“

Unmittelbar kostengünstige landbasierte Optionen, wie die Aufforstung oder das Anreichern von Kohlenstoff auf Äckern, könnten dadurch etwa im Vergleich zu Luftfilter-Anlagen mit dauerhafter unterirdischer Speicherung entscheidend an Attraktivität verlieren. Deshalb erscheint es nach Ansicht der Forscher sinnvoll, die EU-Subventionen zunächst an die Dauerhaftigkeit der Entnahme zu koppeln. Erst wenn auch die CO2-Emissionen im Landsektor umfassend ermittelt sind und der Bepreisung unterliegen, so die Studienautoren, könnten Entnahmen unterschiedslos gefördert werden.

Einrichtung einer Europäischen Kohlenstoff-Zentralbank

„Für den Erfolg einer solchen Steuerung ist es wichtig, die Zuständigkeiten transparent und robust im EU-Machtapparat zu verankern“, sagt Artur Runge-Metzger, MCC-Fellow und einer der Mit-Autoren. „Die vier entscheidenden Stellschrauben sind die Mengensteuerung der Netto-Emissionen, die Regelung der Haftung bei nicht permanenten Entnahmen, die finanzielle Förderung von Entnahme-Ausbau und Innovation sowie die Zertifizierung der Anbieter.“ Für die ersten beiden Aufgaben schlägt das Forscherteam eine Europäische Kohlenstoff-Zentralbank vor, zudem zwei Behörden für Finanzierung und Qualitätssicherung. Runge-Metzger war langjähriger Direktor in der Generaldirektion Klima der EU-Kommission und verstärkt seit 2022 das MCC an der Schnittstelle zur Politik: „Wir sind der Ansicht, dass dieser Vorschlag im Rahmen der derzeitigen politischen Architektur der EU durchführbar ist.“

 


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