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Agrarpolitik der EUWeniger Bürokratie, weniger Umweltschutz

Feld mit Traktor
Die EU will auf Druck der Bauern Umweltstandards für die Landwirtschaft senken. Das ist nicht zukunftsfähig, kritisieren Klima- und Umweltverbände (Bild: Red Zeppelin / Unsplash).

Europas Bauern protestieren. Um sie zu besänftigen, plant die EU, Umweltschutzstandards zu lockern. Das kann nicht funktionieren. Ertragssicherheit, Artenschutz und Klimaschutz müssen zusammengedacht werden.

28.03.2023 – Bei einem Treffen der europäischen Agrarminister in Brüssel kam es diese Woche erneut zu heftigen Protesten, die Gülle floss durch die Straßen. Bereits seit Monaten gibt es Bauernproteste in ganz Europa. Sie fordern faire Preise für ihre Erzeugnisse, weniger Billigimporte und bürokratische Hürden. Sowohl in einzelnen europäischen Ländern als auch von der EU wurden bereits eine Reihe von Zugeständnissen eingeräumt oder werden diskutiert. Viele gehen zu Lasten von Umwelt und Klima.

Bauern protestieren

Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr blockierten diese Woche hunderte Traktoren die Brüsseler Straßen. Die Proteste haben es in sich: In den Straßen türmen sich Heuballen und Mist, auch Reifen wurden angezündet.

Grund ist ein Treffen der EU-Agrarminister, bei dem Erleichterungen für Landwirte bei Umweltauflagen sowie die Zukunft der Agrarprodukte aus der Ukraine diskutiert wurden. Nach Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine importierte die EU ukrainische Agrarprodukte zollfrei.

Kalte Füße in Brüssel

In beiden Bereichen planen die EU-Staaten deutliche Zugeständnisse an ihre Landwirte. Das verpflichtende Stilllegen von vier Prozent der Flächen wurde bereits im vergangenen Jahr ausgesetzt, nun soll es auch in diesem Jahr nicht in Kraft treten. Die EU-Kommission schlug den Bauern stattdessen vor, auf sieben Prozent ihrer Fläche stickstoffbindende Pflanzen wie Hülsenfrüchte oder Zwischenfrüchte anzubauen. Ziel ist, dass Landwirte freier entscheiden können, welche Böden wann anders bewirtschaftet werden. Für kleine Höfe unter 10 ha könnten zudem künftig die Kontrolle von Umweltauflagen entfallen. Zölle für Agrarprodukte aus der Ukraine soll es hingegen wieder geben, zumindest ab bestimmten Mengen.

Erst Ende letzten Jahres wurde außerdem das geplante Gesetz zur Pestizidreduktion (SUR) vom europäischen Parlament abgelehnt. Stattdessen wird nun diskutiert, gentechnisch veränderte Pflanzen zu deregulieren, für die weniger Pestizide notwendig sein sollen.

Umwelt schützen sichert Ernten

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Grüne) kritisierte am Rande des EU-Agrarministertreffens in Brüssel gegenüber dem Fernsehsender phoenix die beabsichtigten Lockerungen der Umweltauflagen. "Es liegt kein Segen darin, wenn man Ertragssicherheit, Artenschutz und das Thema Klimaschutz gegeneinander ausspielt. Das muss zusammengedacht werden."

Auch für Klimaschutz- und Umweltverbände sind weichere Umweltauflagen unverständlich. Bereits vergangene Woche hatte ein breites Bündnis einen offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz verschickt. Sie fordern den Vorschlag der Europäischen Kommission für die künftige Ausgestaltung der GAP abzulehnen, da dieser in klarem Widerspruch zu den Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft steht.

„Ökologische Leistungen müssen einkommenswirksam honoriert werden. Wir fordern öffentliches Geld für öffentliche Leistungen für Natur und Umwelt und die Stärkung der landwirtschaftlichen Betriebe innerhalb der Wertschöpfungsketten“, sagt Daniela Wannemacher, BUND-Agrarexpertin. Niedrigere Umweltstandards seien hingegen nicht zukunftsfähig. Die vorgeschlagene Öffnung für Gentechnik sei zudem vorschnell, da Details bisher kaum diskutiert wurden. „Selbst kleine gentechnische Veränderungen könnten ein hohes Risikopotenzial für die Umwelt haben, das zeigen aktuelle wissenschaftliche Gutachten“, betont Wannemacher.

Richtig fördern

Das Grundproblem liegt in der Struktur der europäischen Agrarpolitik, die Fläche und nicht nachhaltiges Wirtschaften subventioniert. Die Subventionen für die Landwirtschaft sind mit nahezu 40 Prozent des Haushalts einer der größten finanziellen Posten der EU.

Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU steht bereits seit Jahren dafür in der Kritik, umwelt- und klimaschädliche Agrarpraktiken zu subventionieren. Auch zum Auftakt der letzten Förderperiode betonte das Umweltbundesamt, das Programm müsse dringend reformiert werden. Klima- und Umweltorganisationen fordern einen Systemwechsel mit klaren finanziellen Anreizen für nachhaltige Maßnahmen und eine zukunftsfähige Landwirtschaft. jb


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