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Die Meinung
04. Januar 2024

Verlorenes Vertrauen wiederherstellen

Eigentlich lief es 2023 für die deutsche Energiewende gut. Doch der Bundesregierung gelang es nicht, die positiven Ergebnisse ihrer Arbeit zu vermitteln. Dann kam die Haushaltskrise und der Stopp von Förderprogrammen. Nun gibt es für die Ampel-Koalition noch dringenden Handlungsbedarf.

Oliver Hummel, Vorstandsvorsitzender der naturstrom AG

Oliver Hummel, Vorstandsvorsitzender der naturstrom AG
Bild: naturstrom AG

Da hat sich die Bundesregierung zum Jahresende noch mal so richtig schön selbst ein Bein gestellt. Zugegeben, bei der hektischen Bewältigung der Haushaltskrise gab es auch nichts zu gewinnen. Dennoch hat die Koalition mit dem abrupten Stopp von Förderprogrammen für die Wärmewende abermals Vertrauen zerstört und für maximale Verunsicherung in der Immobilienwirtschaft gesorgt. Zudem steht den gut 900 Energieversorgern in Deutschland und den Endkunden aufgrund der Knall auf Fall beschlossenen Streichung von Netzentgelt-Zuschüssen in Milliardenhöhe noch eine kurzfristige Neukalkulationen ihrer Tarife ins Haus. Auch dies: Alles andere als schön.

Nachdem bereits der letzte Jahresausklang von Ad-hoc-Gesetzgebung geprägt war – damals noch wegen der fossilen Energiepreiskrise – zeigt sich dieses Jahr wieder ein ähnliches Bild, nur diesmal von der Bundesregierung komplett selbstverschuldet. Dabei hatte sich doch gerade erst wieder der Puls normalisiert, nachdem im Sommer die Debatte rund ums sogenannte Heizungsgesetz so katastrophal entgleist war.

Die Ampel-Koalition: Besser als ihr Ruf

Doch so schlecht, wie es zunächst scheint, war 2023 nicht. Zumindest im Stromsektor ist die Ausbeute mehr als ordentlich. Da wäre zunächst der fulminante Solar-Rekord: Rund 14.000 Megawatt Photovoltaik-Leistung sind in diesem Jahr neu installiert worden! Der bisherige Rekord von 2012 mit 7.600 Megawatt wurde damit geradezu pulverisiert – und selbst die politische Zielsetzung von 9.000 Megawatt ist von der Realität locker übertroffen worden. Ziel übererfüllt, wo gibt’s das sonst?

Bei der Windenergie zwar noch nicht, aber auch hier zeigt der Trend in die richtige Richtung. Insgesamt erhielten 2023 Projekte mit einem Volumen von rund 6.400 Megawatt Zuschläge. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das nahezu eine Verdoppelung. Und auch bei den Genehmigungen, die in früheren Jahren nur quälend langsam erteilt wurden, tut sich etwas: Projekte im Umfang von rund 7.000 Megawatt wurden genehmigt. Auch wenn der Ausbau der Windenergie vom politisch angestrebten Zielniveau noch weit entfernt ist: Die Richtung stimmt und auch das Tempo zieht an.

Der Erfolg zeigt sich auch am wachsenden Anteil der Erneuerbaren am Bruttostromverbrauch in Deutschland. 2023 lag dieser Anteil bei knapp 52 Prozent und somit erstmals über der 50-Prozent-Mark. Auch wenn ein niedrigerer Stromverbrauch und höhere Importe hierzu beigetragen haben, ist das ein deutlicher Etappenerfolg.

All diese positiven Entwicklungen sind kein Zufall. Die Anhebung der Einspeisevergütung für die Photovoltaik - nebst Aussetzen der Degression, die Erhöhung der Ausschreibungsmengen für Wind und Solar, die Anhebung der Gebotsobergrenze für die Windenergie-Ausschreibungen, das Windenergieflächenbedarfsgesetz, das EEG 2023 und die flankierenden Gesetze und Regelungen zeigen erste Wirkung. Die Weichen sind größtenteils gestellt, um im Stromsektor 2024 und in den folgenden Jahren zumindest in die Nähe der angepeilten Ziele zu kommen und das ist ein keineswegs selbstverständlicher Erfolg.

Tragisch dabei: Kaum ein Bürger hats mitbekommen oder weiß es zu schätzen. Ein weiteres schönes Beispiel für die völlig glücklose Kommunikation der Regierung, die zentrale positive Ergebnisse ihrer Arbeit nicht vermittelt bekommt.

Dringender Handlungsbedarf

Was noch fehlt, muss 2024 dringend nachgeholt werden. Da ist zuvorderst das Solarpaket, das Ende 2023 dem Haushaltschaos zum Opfer gefallen ist. Die Regierungsfraktionen müssen im Januar Nägel mit Köpfen machen und die geplanten Erleichterungen endlich beschließen. Größerer Handlungsbedarf besteht zudem im Wärme- und Mobilitätssektor. Der Bund muss die Finanzierung der Ende November ausgesetzten Förderprogramme im Wärmesektor sicherstellen, sonst droht der Wärmewende eine Vollbremsung, ehe es überhaupt richtig losging. Auch die Bundesländer und in der Folge die Kommunen sind im kommenden Jahr gefordert. Sie haben bei der Wärmeplanung nun keine Zeit mehr zu verlieren.

Über allem steht, dass die Bundesregierung die Verlässlichkeit der politischen Rahmenbedingungen wieder herstellen muss. Privatleute und Unternehmen investieren nur dann in ausreichendem Maße in klimaschonende Technologien, wenn sie die Erwartungen haben können, dass es sich am Ende des Tages lohnt. Das gilt für die private Wärmepumpe ebenso wie für den Windpark. Das Hickhack um die Wärmegesetze und das Haushaltschaos haben 2023 viel Vertrauen gekostet. Die Bundesregierung sollte 2024 nutzen, um es bestmöglich wieder herzustellen.




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