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Klimaziele im GebäudesektorArchitects for Future fordern Bauordnung für mehr Klimaschutz

Abriss eines Wohngebäudes
Klimagerechte Bestandssanierung und Baustoffrecycling statt Abriss und Neubau – das ist eine der Forderungen von Architects for Future. (Foto: Pixabay / Free License)

Auf dem Weg zu einem klimaneutralen Gebäudesektor fordern Architects for Future eine Aktualisierung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, vor allem für das Bauen im Bestand. Dafür hat die Initiative sieben nachhaltige Änderungsvorschläge erarbeitet.

19.07.2021 – Laut einer Studie des Wuppertal Instituts ist es für das Einhalten der 1,5°-Grenze essenziell, dass Deutschlands gesamter Gebäudebestand bis 2035 klimaneutral wird. Davon sind wir aber sehr weit entfernt, die Sanierungsraten liegen deutlich zu niedrig. Was heute saniert oder neu gebaut wird, sollte als Mindestziel Klimaneutralität und -resilienz verfolgen, raten Fachexperten.

Ohne eine Veränderung der aktuellen Praxis im Umgang mit Bestandsbauten werden wir die gesetzten Klimaschutzziele weit verfehlen, warnen die Architekten für die Zukunft. Es brauche aber nicht nur ein Umdenken in der Branche, sondern vor allem auch in der Baupolitik.

Gebäude müssen langfristig klimapositiv gestaltet werden

Eine UMbauordnung für Deutschland, damit Bauen klimaneutral werden kann – so betiteln die Initiatoren von Architects for Future (A4F) ihre aktuelle Petition. A4F fordert darin eine Aktualisierung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Bauen. Nach der Petition Bauwende JETZT stößt A4F eine Novellierung der Bauordnung durch die Bauministerkonferenz an. Mit der Aktion konnte A4F bislang 57.476 Stimmen für eine klimagerechte Bauwende sammeln und brachte das Thema damit in den Bundestag.

Konkrete Vorschläge für ein klimagerechtes Bauen

Die Bauexperten haben konkrete Vorstellungen und als Diskussionsgrundlage sieben Änderungsvorschläge ausgearbeitet: Die reichen von Vorteilen für das Bauen im Bestand über das Streichen der Stellplatzforderung für Autos bis hin zu besseren Recyclingbedingungen wie der Einbau-Erlaubnis gebrauchter Materialien.

„Ein klimaneutraler Gebäudesektor ist nur realisierbar, wenn neben Energieeffizienz im Betrieb folgende Punkte umgesetzt werden“, erläutert Architektin Christina Patz, Koordinatorin für Bauen im Bestand bei A4F. Dazu gehöre die Revitalisierung des Gebäudebestandes, der wertschätzende Umgang mit den Ressourcen Fläche und Material sowie ein kreislauffähiges Bauen.

Aktuell stünden diesen Zielen viele Hemmnisse entgegen, die von A4F in einer breiten Umfrage unter erfahrenen Architekt:innen identifiziert werden konnten. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen seien dabei wesentlicher Teil dieser Hürden. Aus den Ergebnissen der Umfrage resultiert nun auch der Vorschlag, die Musterbauordnung (MBO) zu einer MusterUMbauordnung zu entwickeln mit dem Ziel, der gesamten Immobilienbranche eine „zukunftsorientierte Entwicklung und ein nachhaltiges Wirtschaften“ zu ermöglichen.

Der Bausektor ist ein großer Hebel für die Klimaziele

Nicht zuletzt der Entscheid des Bundesverfassungsgerichts habe doch deutlich gezeigt, dass die bisherigen Maßnahmen in Deutschland nicht ausreichend sind, um die im Pariser Klimaabkommen vereinbarte 1,5°-Grenze einzuhalten. „Dabei liegt im Bausektor der größte Hebel, denn rund 40 Prozent der Treibhausgasemissionen und über die Hälfte des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland entstehen hier“, sagt Michael Wicke, Co-Koordinator für Bauen im Bestand bei A4F. Darüber hinaus verbrauche der Bausektor in Deutschland etwa 90 Prozent aller nicht nachwachsenden mineralischen Ressourcen unwiederbringlich.

Revitalisierung statt Neubau - 7 Maßnahmen

Mit teilweise geringfügigen Änderungen im Wortlaut zur bisherigen Musterbauordnung sieht Architects for Future ein großes Verbesserungspotenzial an sieben Stellschrauben, um die Revitalisierung des Gebäudebestandes als „Standard”-Bauaufgabe anzuerkennen, die Zwänge beim Bauen im Bestand zu berücksichtigen sowie wertschätzender mit den Ressourcen Fläche und Material umzugehen:

  • Einführung von flexibleren Regelungen für das Bauen im Bestand
  • Einführung einer generellen Genehmigungspflicht für Abrissmaßnahmen mit Verpflichtung zur Prüfung auf Sanierungsfähigkeit sowie für alle Bauvorhaben die Vorlage eines Rückbaukonzeptes
  • Das Streichen der Kfz-Stellplatzforderung zugunsten ganzheitlich ausgerichteter kommunaler Mobilitätskonzepte
  • Ergänzung der Regelungen für gesunde Belichtung und Belüftung zur Schaffung von qualitativen Stadt- und Freiräumen, anstelle von reinen Regeln für Abstandsflächen
  • Änderung der Zulassungsbedingungen für Bauprodukte zugunsten sekundärer Bauteile und Baustoffe
  • Einführung eines Materialausweises für Gebäude, um verbaute Ressourcen für eine spätere Wiederverwendung zu dokumentieren
  • Erhöhte Anforderungen an Typengenehmigungen - für Serienfertigung von Gebäuden, um auch hier ökologische und energetische Standards zu verankern, die einem klimaneutralen Gebäudebestand gerecht werden.

Am 2. Juli hatte A4F die Vorschläge gemeinsam mit über 20 mitunterzeichnenden Verbänden aus der Baubranche und Unterstützung von Lehrenden aus Architektur und Ingenieurswesen als offenen Brief an die Bauministerkonferenz verschickt, mit der Aufforderung an die Bauministerien der Länder, eine Änderung der Bauordnung zu beschließen und zu erarbeiten.

Mit einer MusterUMbauordnung wolle man nicht nur wichtige Veränderungen einleiten, so A4F, die für das Erreichen der Klimaziele ohnehin notwendig wären, sondern auch die Planungssicherheit und das Image für das Bauen im Bestand generell verbessern.

Durch bessere Sanierungs-, Umbau-, bzw. Erweiterungsmöglichkeiten sowie flexiblere Nutzungsmöglichkeiten sollten Bauherren auch die Sicherheit bekommen, dass ihre nachhaltig umgebaute Immobilie in den nächsten Jahrzehnten werthaltig und gut vermietbar bleibt. Und für die Bewohner schafft eine nachhaltige Sanierung höhere Behaglichkeit sowie langfristig niedrigere Kosten.

Bauvorhaben, die diesen Zielen – und somit auch dem Pariser Klimaabkommen – entgegenstehen, sollten nicht mehr zulässig sein, finden die Architekten, die sich für eine lebenswerte Zukunft einsetzen. na

 


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