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Energiewende im GebäudesektorNachhaltig Sanieren für Europas Klimaschutz

Energetisch saniertes Mehrfamilienhaus mit Aufstockung in Innsbruck mit Bergpanorama im Hintergrund
Dieses Mehrfamilienhaus in Innsbruck erhielt im Rahmen des EU-Projekts SINFONIA neben einem guten Wärmeschutz auch eine Aufstockung. (Bildquelle: © Passivhaus Institut)

Ein EU-Projekt förderte in Innsbruck und Bozen die energetische Sanierung von rund 100.000 m2 Wohnfläche. Ziel war höchster Effizienzstandard und ein sozialverträglicher Umbau. Die Erfahrungen werden auf weitere europäische Städte übertragen.

16.12.2022 – In Innsbruck und Bozen hat das EU-Projekt SINFONIA umfassende energetische Sanierungen ermöglicht. Die Einsparung an Heizwärme ist beträchtlich: Bei den Innsbrucker Projekten liegt sie bei durchschnittlich 77 Prozent. Gleichzeitig bieten die sanierten Gebäude nun einen erheblich höheren Komfort.

Allein in Innsbruck sanierten die beiden Bauträger im Rahmen des Projekts 33 Gebäude mit rund 66.000 Quadratmetern Wohnfläche, darunter ein Quartier mit 16 Gebäuden sowie drei Schulen. Die Altbauten stammen aus den Jahren 1940 bis 1960.

Das Passivhaus Institut mit seinen beiden Standorten in Darmstadt und Innsbruck begleitete die Sanierungsprojekte und sicherte unter anderem deren energetische Qualität. Für Innsbruck gilt: Der während der Planungsphase mit dem Programm PHPP vorberechnete Energieverbrauch stimmt sehr gut mit den später in den sanierten Gebäuden gemessenen, niedrigen Verbrauchswerten überein, heißt es im SINFONIA Forschungsbericht. Weitere Partner betreuten die Projekte im italienischen Bozen.

„Wir müssen nichts Neues erfinden, sondern die verfügbaren Konzepte konsequent umsetzen“, sagt Laszlo Lepp vom Passivhaus Institut in Innsbruck. „Das Passivhaus-Konzept ist eine erprobte Lösung, um den Energiebedarf bei Gebäuden deutlich zu senken und das Klima zu schützen.“ Das Projekt zeige, dass großflächige Sanierungen mit hoher energetischer Qualität funktionieren. „Die Messungen bestätigen den Erfolg.“

Lepp betreute die Innsbrucker SINFONIA-Projekte und übergab die 13 Zertifikate an die beiden Bauträger, die Wohnbaugesellschaft Neue Heimat Tirol (NHT) sowie die Innsbrucker Immobiliengesellschaft (IIG). Die Bauträger hätten mit der Zertifizierung die Gewissheit, dass der angestrebte Energiestandard tatsächlich erreicht wird und die Gebäude neben einem geringen Energiebedarf auch den gewünschten erhöhten Komfort für Bewohner und Nutzer bringen.

Sanierung in bewohntem Zustand

Ein besonders wichtiges Kriterium für die Umsetzung energetischer Sanierung im großen Stil: Die Sanierungen in Innsbruck erfolgten schrittweise und in bewohntem Zustand. Die Wohngebäude erhielten unter anderem einen guten Wärmeschutz, dreifach verglaste Fenster sowie Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Eklatante Wärmebrücken aufgrund durchgängiger Balkonplatten sind nun durch neu installierte, vorgesetzte Balkone beseitigt.

Ein Großteil der insgesamt 716 Wohneinheiten wurde in der Zeit von 2014 bis 2020 saniert. Dort, wo aufgrund fehlender Zustimmung der Mieter und Mieterinnen die Fenster noch nicht erneuert bzw. Lüftungsanlagen bisher nicht installiert werden konnten, werden diese bereits vorgeplanten Schritte bei Mieterwechsel bzw. späterer Zustimmung realisiert.

Energieeinsparungen bis 85 Prozent realistisch

Sind alle Wohnungen komplett saniert, wird das EnerPHit-Zertifikat ausgestellt. Anders als die Wohngebäude konnten die drei Innsbrucker Schulen in einem Schritt komplettsaniert werden und erhielten daher bereits das EnerPHit-Zertifikat. Ein Monitoring bei einem Großteil der Wohnungen belegt den Erfolg der Sanierungen: Messungen der Universität Innsbruck sowie die Auswertung durch Søren Peper vom Passivhaus Institut in Darmstadt zeigen, dass sich der Heizwärmebedarf der sanierten Gebäude bereits jetzt um rund 77 Prozent verringert hat. „Sind irgendwann alle Wohnungen saniert“, erläutert Peper, „dann sind Einsparungen von bis zu 85 Prozent realistisch.“

Hohe energetische Qualität mit EnerPHit Sanierungen, bei denen nur eine mittlere energetische Qualität realisiert werde, seien eine verpasste Gelegenheit für besseren Klimaschutz. „Das sanierte Bauteil wird aus wirtschaftlichen Gründen in den nächsten Jahrzehnten sicherlich nicht mehr erneuert. Die lediglich durchschnittliche Qualität verhindert dann über eine lange Zeit die Chance, noch deutlich mehr Energie einzusparen“, erläutert Peper den Lock-in-Effekt. Daher sei es wichtig, bei allen Sanierungen, egal ob schrittweise einzelne Maßnahmen umgesetzt werden oder in einem Rutsch saniert werde, jeweils eine hohe energetische Qualität umzusetzen. Für die Sanierung biete der EnerPHit-Standard diese Qualität.

 

Lock-in-Effekt vermeiden

Die negativen Auswirkungen des vermeidbaren Lock-in-Effekts, bei dem die schlechte bzw. mittlere Sanierungsqualität über lange Jahre höhere Energieeinsparungen verhindert, werden eindrucksvoll durch Berechnungen mit districtPH belegt. Das Passivhaus Institut entwickelte districtPH zur Energiebilanzierung von Quartieren und Stadtteilen im Rahmen von SINFONIA. Die Erfahrungen mit den Modellprojekten in Innsbruck und Bozen werden auf fünf weitere europäische Städte mittlerer Größe übertragen: Rosenheim (Deutschland), La Rochelle (Frankreich), Sevilla (Spanien), Pafos (Zypern) und Borås (Schweden). na

Fossile Energie einzusparen ist das Gebot der Stunde. Das Passivhaus Institut hat dazu die Aktion #EnergieEffizienzJETZT gestartet. Alle Infos auf der Plattform Passipedia

#26intPHC: Die 26. Internationale Passivhaustagung findet vom 10. bis 12. März 2023 in Wiesbaden statt. Die Tagung wird durch Online-Angebote ergänzt.


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