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Altbau mit AnbauPlus-Energie-Haus für acht Familien

Mehrfamilienhaus mit Solardach
Aus einem 120 Jahre alten Gebäude entstand ein modernes Mehrfamilienhaus, das einen großen Teil seines Energiebedarfs selbst deckt. (Foto: E3/DC)

Ein 120 Jahre altes Gebäude wurde energetisch saniert und mit einem Anbau erweitert. Photovoltaikanlage, Stromspeicher und Luftwärmepumpe versorgen das Mehrfamilienhaus mit Strom und Wärme. Die Mieter profitieren von niedrigen Stromkosten.

24.09.2021 – Abreißen und neu bauen oder doch lieber sanieren und ein Energiesparhaus aus dem alten Gebäude machen? Vor dieser Frage stehen viele Besitzer und Käufer von Immobilien. Manfred Eglseder, Andreas Hartl und Marc Zeyss entschieden sich für eine Kernsanierung, als sie gemeinsam ein 120 Jahre altes, bewohntes Mehrfamilienhaus in Seeon am Chiemsee erwarben. Bilanziell erzeugen sie heute mehr Strom als das Mehrfamilienhaus mit acht Wohnungen und einer Luftwärmepumpe benötigt.

„Ein klassischer Bauträger hätte das Gebäude einfach abgerissen und neu gebaut. Das wäre einfacher gewesen“, sagt Andreas Hartl. „Für uns war es, wie einen Oldtimer wieder herzurichten.“ Die drei Männer aus Seeon sind seit dem Kindergarten befreundet und betreiben inzwischen ein gemeinsames Unternehmen, das PV-Anlagen errichtet.

So werden denn auch 80 Prozent des Energiebedarfs für Strom und Wärme mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach in Kombination mit einem Batteriespeicher gedeckt.

Die Gemeinde hatte den Wunsch, dass die Wohnungen nur für die Bürgerinnen und Bürger von Seeon angeboten werden. Damit will sie vermeiden, dass in dem idyllischen Ort mit seiner Touristenattraktion, dem Kloster Seeon, wertvoller Wohnraum an Käufer von Zweitwohnungen verloren geht – so wie es in Nachbargemeinden der Fall ist. Die Bauherren stimmten zu und erhielten die Baugenehmigung.

Wirtschaftlich dank Anbau

Ein 120 Jahre altes Haus zu sanieren ist teuer – die Wirtschaftlichkeit erreichten die Bauherren, in dem sie den Altbau um einen etwa gleich großen Neubau erweiterten. So entstanden acht Wohnungen mit 780 Quadratmeter Wohnfläche – und eine zusätzliche Dachfläche für die Solarmodule.

2019 ging es los mit der Kernsanierung des Altbaus, in dem früher Wohnungen und eine Bäckerei beherbergt waren. Das Trio wollte so viel graue Energie wie nur möglich nutzen, die bereits im Gebäude steckte. Deshalb ließen sie die Ziegel, für deren Herstellung vor rund 120 Jahren schon viel Energie, aber auch Wasser, Lehm und Ton aufgewendet wurden, im Gemäuer und trugen lediglich den Putz ab. Auf die alten Ziegel kamen 20 Zentimeter Steinwolle, darüber eine Verkleidung mit Holzplanken, Putz und Kunststoffplatten.

Das Dach bekam über den Zwischensparren sechs Zentimeter Aufdachdämmung, wodurch das Raumklima verbessert wird. Im Sommer schirmt die Holzfaserunterdeckplatte vor zu viel Hitze ab, im Winter hält sie die Wärme im Gebäudeinneren. Die Fensternischen veränderten Hartl, Eglseder und Zeyss weder in der Form noch in der Größe, um etwas von der alten, ortstypischen Optik zu erhalten. Eingesetzt wurden moderne dreifachverglaste Fenster. Mit diesen Maßnahmen erreichen sie den KfW-Effizienzhaus-Standard 85 für den sanierten Altbau. Der Wärmebedarf für die fünf Wohnungen in diesem Gebäudeteil liegt bei 55 kWh m²/a.

Der Altbau ist über ein gemeinsames Treppenhaus mit der Erweiterung verbunden, die im rechten Winkel angebaut wurde. Der Neubau ist aus einem Wärmdämmziegel gemauert, der nicht nur einen guten Dämmwert hat, sondern auch hohen Schallschutz bietet. Denn das Gebäude liegt direkt an der Durchfahrtstraße im Ortskern. Der Neubau mit KfW-Effizienzhaus-Standard 55 beherbergt weitere drei Wohnungen und hat einen Wärmebedarf von 35 kWh m²/a. Die acht Wohnungen haben zwischen 75 und 110 Quadratmeter Wohnfläche, zu jeder gehört entweder ein Balkon oder eine Terrasse.

Eine Luftwärmepumpe mit 12 Kilowatt Leistung erzeugt Energie für die Raumheizung und die Warmwasserbereitung. Den jährlichen Strombedarf für das Heizgerät haben Hartl, Eglseder und Zeyss mit 20.000 Kilowattstunden (kWh) berechnet. Für die Haushalte und die Haustechnik ermittelten sie 16.000 kWh. Die Photovoltaikanlage legten sie mit 45 Kilowatt Leistung aus. Mehr passte unter Berücksichtigung der zu vermeidenden Verschattung und Aussparungen für Dachfenster nicht auf die Dachflächen, die sie so gut wie möglich ausnutzen wollten. Die monokristallinen Solarmodule installierten sie in alle vier Himmelsrichtungen und auf allen Dächern des Alt- und Neubaus.

Der Batteriespeicher hat eine nutzbare Gesamtkapazität von 39,5 Kilowattstunden und ist in zwei Batterieschränken untergebracht. Rund 70 Prozent des selbst erzeugten Stroms können direkt im Gebäude genutzt werden. Durch die Zwischenspeicherung des Solarstroms, der gerade nicht benötigt wird, können etwa 78 Prozent den Strombedarfs gedeckt werden. Den Strom beziehen die Mieter zu einem günstigeren Tarif als beim Energieversorger von ihren Vermietern. Nur in der Heizsaison, also von November bis März, müsse Strom zugekauft werden, sagt Hartl.  pf


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