Menü öffnen

Soziales NachhaltigkeitsbarometerBürger fordern faire Teilnahme an Umsetzung der Energiewende

Bürger demonstrieren für die Energiewende
Die Energiewende wird politisch ausgebremst – viele Bürger fordern eine deutliche Kursänderung. (Foto: Bündnis Bürgerenergie e.V. / Wikimedia Commons / CC BY-SA)

Auch in schweren Zeiten der Corona-Krise verlieren die meisten Menschen die Klimakrise nicht aus dem Blick. Eine ökologische Energiewende findet daher große Zustimmung. Doch die Umsetzung wird von politischer Seite weiter torpediert statt gefördert.

22.04.2020 – Das aktualisierte Soziale Nachhaltigkeitsbarometer der Energiewende zeigt zunächst ein erfreuliches Ergebnis: Die überwiegende Mehrheit der in Deutschland lebenden Bevölkerung unterstützt die zentralen politischen Ziele der Energiewende. Doch gleichzeitig nimmt die Kritik an der Umsetzung im Vergleich zu 2018 erneut zu. Deutlich mehr Menschen als vor zwei Jahren bezeichnen die Energiewende als „teuer, chaotisch, ungerecht sowie elitär“. In der Summe heißt das: Acht von zehn Menschen in Deutschland unterstützen die Idee der Energiewende als Gemeinschaftswerk und den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Mehr als zwei Drittel sind jedoch mit der Energiewendepolitik der Bundesregierung unzufrieden.

Das Soziale Nachhaltigkeitsbarometer zur Energiewende wurde im Jahr 2019 zum dritten Mal erstellt. Über 6.500 Bürgerinnen und Bürger in Deutschland wurden dabei repräsentativ zu ihren Einstellungen, Erfahrungen und Präferenzen der Energiewende befragt. „Dass die Diskrepanz zwischen der allgemeinen Zustimmung zu den Zielen der Energiewende einerseits und der Bewertung der Umsetzung andererseits so deutlich ist und über die Jahre sogar noch zunimmt, ist höchst überraschend“, findet Professor Ortwin Renn, wissenschaftlicher Direktor am Institut für Transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Potsdam. Vergleichbares erlebe man bei Befragungen eher selten. „Wir können uns dies nur so erklären, dass die Menschen zu den politischen Akteuren zunehmend geringeres Vertrauen haben.“

Bundesregierung blockiert

Und das hat seine Gründe. Denn mit Solardeckel, Ausbremsen der Windenergie mit neuen Abstandregelungen sowie Hürden und Regulierungen für die Bürgerenergie wie etwa Mieterstrom oder Beteiligungen an Erneuerbaren Energien Anlagen wird die dezentrale und bürgernahe Energiewende ausgebremst. So sieht denn laut Umfrage auch nur jeder Fünfte die Möglichkeit, bei der Energiewende Einfluss zu nehmen. „Weil das so ist, droht das viel beschworene Gemeinschaftswerk Energiewende zu einem leeren Versprechen zu werden,“ warnt Stephan Muschick, Geschäftsführer der innogy Stiftung für Energie und Gesellschaft“. „Die Politik wäre gut beraten, hier umzulenken, und die Energiewende wieder zu einem Projekt zu machen, zu dem sich die Menschen zum Mitmachen eingeladen fühlen.“ Die Energiewende darf nicht der Parteipolitik zum Opfer fallen.

Das Interesse an Beteiligungen ist groß, sei es in einer Energiegenossenschaft, kommunalen Energiekonzepten, Mieterstrommodellen in der Stadt oder einer eigenen Solaranlage auf dem Hausdach. „Wenn mehr als 80 Prozent der Menschen einen Ausbau von Solardachanlagen wünschen, die Große Koalition aber aufgrund von parteipolitischen Erwägungen die Sonnenenergie weiter begrenzt, dann ist die herbe Kritik der Menschen absolut nachvollziehbar“, kommentiert René Mono, Vorstand der 100 prozent erneuerbar stiftung.

Fairer CO2-Preis

Laut Nachhaltigkeitsbarometer wären viele Bürger auch für den Ausbau von Windenergie an Land, fast zwei Drittel unterstützten den Kohleausstieg, und mehr als die Hälfte der Befragten wäre prinzipiell bereit, für den Klimaschutz höhere Energiekosten zu tragen. Allerdings vertreten die Menschen klare Ansichten darüber, wie die Mehreinnahmen aus einem CO2-Preis zu verwenden seien. 60 Prozent lehnen es ab, dass die Mittel in den Bundeshaushalt fließen, aber auch eine Rückzahlung an die Bürgerinnen und Bürger werde eher skeptisch gesehen. Die deutliche Mehrheit spricht sich dafür aus, dass die Einnahmen für Investitionen in ein klimafreundliches Verkehrssystem und den Ausbau von Erneuerbaren Energien investiert werden.

Wie sich die unterschiedlichen Umfragewerte „lesen“ lassen, kann man sich über ein interaktives Onlinetool anschauen. Zum Beispiel, wer in welcher Region Deutschlands plant, in den nächsten zwei Jahren in eine eigene oder gemeinschaftliche Solar- oder Windanlage zu investieren und vielleicht noch Mitstreiter sucht. na


Mehr zum Thema


energiezukunft