Menü öffnen

Energy SharingEnergie aus dem Grätzl

drei Männer mit Solarmodul auf einem Dach
Die Akteure von Grätzl Energie und PowerSolution. Sie haben die erste erneuerbare Energiegemeinschaft in Wien gegründet. (Foto: PowerSolution Wien)

Energy Sharing in Deutschland ist kompliziert. Unsere Nachbarn in Österreich sind da einen Schritt weiter. Gemeinschaftlich erzeugte Energie kann gemeinsam genutzt werden und von verringerten Netzgebühren profitieren. Ein Beispiel aus Wien.

11.4.2023 – Österreich hat beim Energy Sharing bereits viel erreicht. Mieterstrommodelle gibt es seit 2017. Sie werden bei unseren Nachbarn gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen genannt. 2021 schuf das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz die Basis für Energiegemeinschaften. Sie können in zwei Modellen tätig werden.

Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften – kurz EEG genannt – dürfen Strom, Wärme oder Gas aus erneuerbaren Quellen erzeugen, speichern, verbrauchen sowie verkaufen und dabei das Stromnetz nutzen. Auf lokaler Ebene müssen die Erzeuger und Nutzer einen Anschluss am gleichen Trafo haben, auf regionaler Ebene am gleichen Umspannwerk angeschlossen sein. Das zweite Modell ist die Bürgerenergiegemeinschaft. Sie darf nur elektrische Energie erzeugen, ist nicht auf erneuerbare Quellen beschränkt und kann lokal tätig werden oder über mehrere Netzgebiete in ganz Österreich erstrecken.

Inzwischen existieren 230 aktive Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften. Eine zentrale Koordinationsstelle berät und unterstützt, beispielsweise mit Vertragsmustern. Der Austausch zwischen den Bundesländern ist eng, Erfahrungen werden geteilt, die Menschen in ganz Österreich profitieren von gut aufbereiteten und in sich stimmigen Informationen.

Der wirtschaftliche Vorteil der Energiegemeinschaft basiert auf verringerten Netzentgelten. Die Logik dahinter: Die Gemeinschaften entlasten das Netz, indem sie lokal erzeugte Energie auch lokal nutzen. Wie hoch die Reduzierung der Netzentgelte ausfällt, hängt vereinfacht gesagt von der Regionalität bzw. vom Anschluss an die Netzebene ab. Im Niederspannungsnetz sind 57 Prozent Ermäßigung vorgesehen, im Mittelspannungsnetz zwischen 28 und 64 Prozent.

Gewerbedächer für Energy Sharing erschließen

Die Energiegemeinschaften der ersten Stunde haben häufig auf bestehende Anlagen zurückgegriffen, um ihr Geschäftsmodell zu etablieren. Nun geht es in die Ausbauphase. Das ist auf dem Land einfacher als in der Stadt, zumal der auf dem Dach eines Mehrfamilienhauses erzeugte PV-Strom meist im Haus gut genutzt werden kann. Doch auch in Großstädten wie in Wien ist dank der Rahmenbedingungen zum Energy Sharing noch mehr möglich – größere Gewerbedächer zu erschließen oder eine größere PV-Anlage außerhalb der Stadt zu bauen und den dort erzeugten Strom gemeinschaftlich nutzen.

Dass die Städter Handlungsspielräume haben, beweist Grätzl Energie, die erste regionale erneuerbare Energiegemeinschaft in Wien. Grätzl ist das österreichische Wort für Kiez oder Nachbarschaft. Das in der Energieberatung tätige Unternehmen Power Solution Energieberatung hatte eine PV-Anlage auf dem Dach eines Metallbetriebes gebaut, die jedoch auf Eigenverbrauch optimiert war – nicht die ganze Dachfläche war mit Modulen belegt. Mit der Gründung von Grätzl Energie wurde die Solaranlage erweitert. Zusammen mit drei weiteren Anlagen verfügt die Energiegemeinschaft über eine Photovoltaikleistung von 300 Kilowatt.

Konstantin Geiger und Petra Schöfmann von der Wiener Klima- und Innovationsagentur Urban Innovation Vienna verweisen auf das besondere Potenzial in innerstädtischen Mischgebieten – denn hier sind sehr unterschiedliche Lastprofile zu finden, so dass in der Gesamtheit ein über den Tag gut verteilter Verbrauch stattfindet. Strom lokal zu erzeugen und zu nutzen ist ein echter Gewinn für die dezentrale Energiewende und geht mit einem zweiten wichtigen Aspekt einher: Die gemeinsame Energienutzung bringt die Menschen zusammen. Gemeinsam ist man unabhängiger vom Geschehen am Energiemarkt. Das stärkt den sozialen Zusammenhalt. Letzteres funktioniert natürlich in ländlichen Gebieten ebenso. Petra Franke

Das Modell zum Energy Sharing in Italien setzt auf Anreize. Lesen Sie hier die Geschichte von Magliano Alpi, einer kleinen Kommune in Italien.

Die Bedingungen für Energy Sharing in Deutschland beschreibt Viola Theesfeld vom Bündnis Bürgerenergie im Interview.


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft