TOP-THEMA
Klimaklage





AkteursvielfaltEnergiegenossenschaften einladen statt abschrecken

Windrad mit bunt bemaltem Turm
Das Engagement der Bürger beim Windkraftausbau soll wiederbelebt werden. (Foto: Energieagentur NRW/ Meike Nordmeyer auf flickr / CC BY 2.0)

Das Umweltbundesamt will Bürgerenergiegesellschaften bei der Teilnahme an Ausschreibungen zur Windenergie an Land unterstützen. Denn diese Akteure haben es schwerer als große Projektierer. Die politisch gewollte Akteursvielfalt blieb auf der Strecke.

03.11.2021 – Ein Förderprogramm in Vorentwicklung, so der offizielle Titel der Vorschläge des Umweltbundesamtes. Es geht darum, Hürden für Bürgerenergiegesellschaften bei der Windkraftausschreibung abzubauen. Das beauftragte Öko-Institut und die Stiftung Umweltenergierecht haben zu diesem Zweck ein konkretes Konzept auf seine Machbarkeit und Auswirkungen untersucht.

Im Kern geht es darum, für Bürgerenergiegesellschaften die anfallenden Kosten in der Vorentwicklungsphase von Projekten zu fördern. Diese Förderung soll dann bei erfolgreichem Zuschlag in einer Ausschreibung zurückgezahlt werden. Letzteres soll sicherstellen, dass der Wettbewerb nicht verzerrt wird. Unter diesem Aspekt ist auch eine klug gewählte Förderhöhe von Bedeutung.  Neben der finanziellen Förderung könnten Beratungsangebote ein weiterer Baustein sein.

Gleicher Förderbetrag für verschieden große Projekte

Die Förderung soll laut Konzept 200.000 Euro pro Projekt betragen. Sie orientiert sich an der de-minimis-Regel der EU. Die Autoren plädieren dafür, die Förderung unabhängig von der Projektgröße zu vergeben, da auch kleine Projekte hohe Vorentwicklungskosten haben und besonders kleine Akteure unterstützt werden sollen. Ebenfalls aus der de-minimis-Regel resultieren weitere Beschränkungen des Förderkonzepts: Es sollen nur Projekte gefördert werden, deren Erzeugungsleistung kleiner als 18 Megawatt ist beziehungsweise weniger als sechs Anlagen mit je 2,5 bis 3 Megawatt Leistung.

Um die lokale Beteiligung und dadurch die Akzeptanz zu fördern, sollte eine Mindestanzahl von natürlichen Personen (deutlich mehr als 10) die Bürgerenergiegesellschaft bilden. Diese Personen sollten ihren Erstwohnsitz in einem Umkreis von beispielsweise fünf Kilometer um das Projekt haben und über eine Stimmenmehrheit oder ein Vetorecht verfügen.

Damit professionelle Projektentwickler nicht gezielt kleine Projekte entwickeln, um von der Förderung zu profitieren, schlagen die Studienautoren vor, auch den Begriff der Bürgerenergiegesellschaften ausreichend und klar zu definieren.

Die Analyse geht auch darauf ein, wie ein solches Konzept auf Bürgerprojekte beim Solaranlagenbau übertragen werden könnte. Denn für Bürgergenossenschaften, die eine Photovoltaikanlage größer als 750 Kilowatt errichten und betreiben wollen, bestehen ähnliche Risiken. Die Instrumente könnten auch in diesem Segment helfen, die Chancen von Bürgerenergiegesellschaften auf einen Zuschlag zu erhöhen. Allerdings müsste die Förderhöhe spezifisch ermittelt werden, was in dieser Studie nicht erfolgte.

Warum wird eine Förderung von Bürgerenergie überhaupt gebraucht?

Grund und Motivation für solche ein Förderprogramm ist die schwindende Anzahl von Bürgerenergieprojekten beim Windkraftausbau an Land. Dieser Rückgang setzte mit dem Wechsel der EEG-Systematik von einem festen Vergütungssatz hin zu Ausschreibungen ein. 2017 wurden die Ausschreibungen nach einer Testphase Standard. In den Auktionen bewerben sich zukünftige Betreiber von Windenergieanlagen mit einem konkreten Projekt um einen Zuschlag – sie bieten einen Preis pro Kilowattstunde, zu dem später der erzeugte Strom vergütet werden soll. Erhalten sie einen Zuschlag, dürfen sie bauen.

Die Ausschreibungsregularien sehen eine Reihe von Bedingungen vor, die bereits vor der Teilnahme an einer Ausschreibung erfüllt sein müssen. Der potenzielle Betreiber muss also in Vorleistung gehen, was nicht nur Aufwand bedeutet, sondern auch finanzielle Mittel erfordert.

Bürgerenergieprojekte haben es seitdem schwer. Vor der Vergabe über Ausschreibungen konnten beispielsweise Windparks als Gemeinschaftsprojekte realisiert werden. Energieversorger, Kommune und Bürger erwarben Anteile in Form von Kommanditanteilen oder nachrangigen Darlehen, gerechterweise je ein Drittel pro Akteur oder Gruppe. Dieses Modell wurde mit Einführung des Ausschreibungssystems massiv erschwert. Die Anforderungen für Nachrangdarlehen wurden strenger und schwer zu erfüllen.

Eine Hürde ist zudem das finanzielle Risiko, für Bürgerprojekte, die nur ein Projekt stemmen wollen. Sie gehen in Vorbereitung der Ausschreibung erheblich in Vorleistung, haben aber, wenn sie keinen Zuschlag erhalten, keine Möglichkeit, die Kosten der Vorphase über andere Projekte zu erwirtschaften.

Ein weiterer schwer verdaulicher Brocken sind die rigiden Definitionen für eine Bürgerenergiegenossenschaft. Die Gemeinschaften hatten zuvor nicht selten Energieversorger, meist Ökostromanbieter, als Partner ins Boot geholt, um von deren Kompetenz zu profitieren. Das geht nun schon seit vielen Jahren nicht mehr. Sobald ein Unternehmen beteiligt ist, fallen die Erleichterungen weg, die für Bürgerenergiegenossenschaften gelten. pf

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

max 2.000 Zeichen