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Oft schwierigGeld für Bürgerenergieprojekte

Menschengruppe vor einem Windrad in der Bretagne/Frankreich
Die Finanzierung eines Bürgerwindparks in der Bretagne war der Beginn des nationalen Fonds Energie Partagée. (Foto: Energie Partagée / Bégawatts)

Solarparks oder Windkraftanlagen in Bürgerhand haben eine besondere Hürde: die Finanzierung. Je größer das Projekt, umso schwieriger ein Bankkredit. Die europäische Bürgerenergiebewegung will mit reproduzierbaren Konzepten Abhilfe schaffen.

30.01.2024 – Ein Forschungsprojekt unter Ägide des Bündnis Bürgerenergie (BBEn) nimmt sich einer Herausforderung an, die Energiegemeinschaften in ganz Europa immer wieder spürbar hemmt: Für Genossenschaften oder Kooperativen ist die Finanzierung von Projekten schwierig.

Die spezifischen Bedürfnisse der Initiativen und die Angebote der Banken passen selten zusammen. Traditionelle Banken zeigen mitunter wenig Interesse an der Finanzierung kleinerer Projekte. Zudem betrachten die Bankhäuser die Gemeinschaften als weniger professionelle Akteure und sehen deshalb in den Projekten Risiken, die sich dann auch in den Kreditbedingungen niederschlagen. Hohe Eigenkapitalquoten oder umfangreiche Sicherheiten können die Gemeinschaften allerdings nicht bieten. Auch staatliche Förderprogramme stellen hohe Anforderungen und werden wegen zu hoher Bürokratie von kleinen Gemeinschaften gar nicht erst beantragt.

Was das Projekt ACCE erreichen will

Im Projekt ACCE (Access to Capital for Community Energy) sollen kollektive Finanzierungsinstrumente für Energiegemeinschaften in Europa entwickelt werden. Der erste logische Schritt: eine Bestandsaufnahme bestehender Finanzierungsmodelle (Community Energy Financing Schemes – CEFS) und die Evaluation, welche Elemente auch in andere europäische Länder übertragbar sind.

In fünf Ländern – Belgien, Deutschland, Kroatien, Rumänien und Spanien – sollen anschließend praktikable Finanzierungssysteme etabliert werden. 20 Millionen Euro stehen als Grundstock für die CEFS bereit. Mit ihnen sollen Investitionen aus Bürgerhand in Höhe von 90 Millionen Euro mobilisiert werden.

Wie die praxisnahen Finanzierungsmechanismen für gemeinschaftliche Energieprojekte aussehen könnten, wird an zwei Beispielen deutlich. Sie gelten als Pionierprojekte und sollen im Rahmen des ACCE-Forschungsprojektes ebenfalls weiterentwickelt werden. Die Finanzierungsmodelle selbst können variieren: Verwertungsfonds, Entwicklungsfonds und Beteiligungsfonds sind denkbar.

Beispiel Energie Partagée aus Frankreich

Als ein Pionier, der nun seine Erfahrungen in das Projekt ACCE einbringt, gilt Energie Partagée in Frankreich - gegründet bereits 2010 im Zuge eines Bürgerenergieprojektes, dem es an Geld mangelte. Energie Partagée ist ein Finanzierungssystem für Energiegemeinschaften.

Das Bürgerenergiekollektiv im Pays de Vilaine in der Bretagne und andere Bürgergenossenschaften wollten einen Windpark als Bürgerwindpark errichten. Für ein Bankdarlehen wurde Eigenkapital gebraucht, das allein aus den regionalen Quellen gespeist nicht ausreichte. Die Ethikbank LaNef und andere Akteure gründeten einen nationalen Fonds für das Projekt, der die Geburtsstunde von Energie Partagée war. Heute arbeiten sieben Profis mit fundierten Kenntnissen des Energie- und Finanzsektors im Team und beurteilen die Projekte, an denen sich die Gesellschaft beteiligt und betreuen die Investments.

Die Gelder der Investment Holding kommen zum Großteil direkt von Bürgerinnen und Bürgern, einige größere private Geldgeber sind vertreten und ein Pensionsfonds, der seinen Angestellten als freiwillige Leistung die Beteiligung bei Energie Partagée anbietet und finanziert.

Fremdkapital kommt meist von regionalen Genossenschaftsbanken. Für jedes Projekt wird eine Projektgesellschaft gegründet. Energie Partagée vertritt in dieser Gesellschaft die Stimme ihrer Anteilseigner.  Inzwischen sind das immerhin 7.300 Bürgerinnen und Bürger, die insgesamt 38 Millionen Euro als Eigenkapital für Projekte aufbringen. Die Gesellschaft ist mittlerweile in 117 Erneuerbare Bürgerprojekte involviert. Regulatorisch unterliegt Energie Partagée nicht den Vorgaben für Fondsgesellschaften oder Banken, was vieles erleichtert.

Der Unterschied: die Anlagen des Unternehmens sind nicht wie klassische Fonds strukturiert und haben auch längere Laufzeiten. Den Aktionären wird jedes Jahr eine Wertsteigerung von vier Prozent garantiert. In diesem Jahr erhalten sie erstmals eine Dividende – die Arbeit der Anfangsjahre mündet nun in einem nachhaltigen und wirtschaftlichen Geschäftsmodell.

Während Energie Partagée in Frankreich wie ein Investor agiert, arbeitet ein anderer Pionier in Sachen Bürgerenergie-Finanzierung - Energie Samen in den Niederlanden - wie ein Vermittlerfonds. 

Beispiel Energie Samen in den Niederlanden

Energie Samen in den Niederlanden unterstützt seit 2021 Energiegemeinschaften bei der Finanzierung von Windkraft- oder Photovoltaikprojekten. Vorangegangen war ein mehrjähriger Prozess, um einen Fonds für Projekte aus der Bürgerenergieszene auf die Beine zu stellen. Vier niederländische Provinzen – Utrecht, Südholland, Drenthe und Limburg – beteiligen sich mit verschiedenen Geldbeträgen am Fonds. Das niederländische Wirtschafts- und Klimaschutzministerium steuert jeweils noch einmal die gleiche Summe bei. Der Fonds finanziert alle Phasen eines Projektes, von der ersten Idee auf einem Bierdeckel bis zur Projektrealisierung (Financial Close).

Mit dem Geld werden Kredite an Energiegemeinschaften für konkrete Erneuerbare Projekte finanziert. Je nach Projektphase gelten unterschiedliche Rückzahlungsregeln. Für Kredite, die in der Projektentwicklungsphase vergeben werden und damit naturgemäß mit hohen Risiken verbunden sind, müssen höhere Zinsen gezahlt werden. Allerdings muss der Kredit nicht zurückgezahlt werden, wenn das Projekt nicht zustande kommt. Solche Ausfälle werden von den anderen erfolgreichen Projekten mitgetragen. Die Kreditsummen für ein einzelnes Projekt sind limitiert. Maximal kann ein Projekt über die vier verschiedenen Projektphasen hinweg 535.000 Euro erhalten. Insgesamt können 70 Prozent der Projektkosten aus dem Fonds kommen. 30 Prozent müssen die Energiegemeinschaften selbst aufbringen, durch Eigenkapital oder Eigenleistung.

In allen Provinzen gibt es vor Ort regionale Manager und Managerinnen, die nah an den Energiegenossenschaft dran sind und die Projekte und deren Entwicklungsstand gut kennen und begleiten. Das ist ein wichtiger Garant für den Erfolg, wie Karlijn Stokkers von Energie Samen betont. Das Team von Energie Samen berät die Energiegemeinschaften bei der Aufbereitung der Projektdaten, der konkreten Antragstellung und allen Fragen rund um die Finanzierung. Neben den Krediten fließt also wertvolles Know-how an die Gemeinschaften. Petra Franke


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