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Smart-Meter-Rollout 2.0Neustart für die Digitalisierung der Energiewende

Frau liest Zählerstand mit Handy ab
Digitaler Zähler und zertifiziertes Smart Meter Gateway (hier nicht zu sehen) bilden das intelligente Messsystem, eine Voraussetzung zum Angebot flexibler Stromtarife. (Foto: co2online)

Der Smart-Meter-Rollout war bisher ein Flop: kompliziert und bürokratisch. Das soll sich nun ändern. Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf erarbeitet, der der Digitalisierung der Energiewende zu einem Neustart verhelfen soll.

12.12.2022 – Um flexible Stromtarife anbieten zu können, werden zeitnah übermittelte Verbrauchsdaten der Stromkunden gebraucht. Die EU hatte die Mitgliedsstaaten aufgefordert, dafür die Voraussetzungen zu schaffen. In Deutschland trat 2016 das Messstellenbetriebsgesetz in Kraft im Duo mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende. Das Gesetz regelt den Messstellenbetrieb und den Pflichteinbau für intelligente Messsysteme, die zuerst bei Großverbrauchern und dann schrittweise auch bei kleineren Verbrauchern installiert werden sollten.

Intelligente Messsysteme bestehen aus einem digitalen Zähler und einer Kommunikationseinheit zur Übermittlung der Daten. Diese Kommunikationseinheit, das Smart-Meter-Gateway, muss höchsten Sicherheitsanforderungen entsprechen. Erst nachdem drei Geräte verschiedener Hersteller die Systemanforderungen erfüllten, sollte das BSI den Pflichteinbau initiieren. Zunächst dauert es lange, bis die Spezifikationen für die Geräte erarbeitet waren, dann dauerte es lange, bis drei Geräte verschiedener Hersteller zertifiziert waren. Im Januar 2020 konnte es endlich losgehen, doch ein Jahr später folgte ein gerichtlicher Stopp des Rollouts – das BSI hatte Richtlinien erlassen, ohne alle vorgeschriebenen Gremien einzubinden. Zudem blieben die vom BSI zertifizierten Messysteme hinter den gesetzlich vorgegebenen technischen Anforderungen zurück, so die Argumente der Kläger.

Aufgrund dieses unrühmlichen Fiaskos fehlt der Energiewende in Deutschland ein wichtiger Baustein. Nun will die Bundesregierung das Verfahren entbürokratisieren und die Rechtssicherheit rund um den Rollout intelligenter Messsysteme stärken. Ein Gesetzentwurf befindet sich derzeit in der Abstimmung zwischen den Ministerien und soll demnächst im Kabinett verabschiedet werden.

Zunächst sollen sowohl die im Messtellenbetriebsgesetz vorgeschriebene Marktanalyse und Markterklärung des BSI entfallen als auch die Drei-Hersteller-Regel. Zudem wird es einen Rollout-Fahrplan mit verbindlichen Zielen geben. Unter dem Begriff Agiler Rollout können zertifizierte Geräte bereits jetzt verbaut werden, Funktionserweiterungen zum Steuern und Schalten später per Update nachgeholt werden.

Die Kosten für Verbraucher und Kleinanlagenbetreiber für ein intelligentes Messsystem werden bei 20 Euro pro Jahr gedeckelt. Die Netzbetreiber sollen sich an den Kosten für den Rollout beteiligen, da sie auch von ihm profitieren.

Dynamische Stromtarife sollen schneller eingeführt werden. Alle Stromversorger – unabhängig von der Kundenzahl – müssen ab 2026 verpflichtend dynamische Tarife anbieten. Dadurch können Verbraucher den Strombezug in kostengünstigere Zeiten mit hoher EE-Erzeugung verlagern. Aktuell müssen lediglich Lieferanten, die mehr als 100.000 Letztverbraucher beliefern, ihren Kunden mit intelligentem Messsystem einen dynamischen Stromtarif anbieten. Bis 2025 wird diese Schwelle auf 50.000 Letztverbraucher gesenkt. Mit dem Entwurf werden jetzt alle Lieferanten ab 2026 zum Angebot solcher Tarife verpflichtet, um die Prozesse zu beschleunigen.

Als weiterer Baustein wird die Möglichkeit gestärkt, das Smart-Meter-Gateway am Netzanschlusspunkt einzubauen. Über geeignete Schnittstellen können mehrere Verbraucher/ Ladeeinrichtungen über das Smart-Meter-Gateway gebündelt werden und selbständig am Markt agieren. Gleichzeitig wird damit die Nachhaltigkeit gestärkt, weil weniger Geräte verbaut werden müssen. (1:n Metering)

Eine zusätzliche Vereinfachung besteht darin, dass sich das BSI zukünftig lediglich auf die Standardisierung des Smart-Meter-Gateway fokussieren soll. Standards für Steuereinheiten, Ladeeinrichtungen, Wärmepumpen oder für energiewirtschaftliche Prozesse sollen dagegen vorrangig Aufgabe der Wirtschaft sein. Darüber hinaus werden die Vorgaben für die sichere Lieferkette vereinfacht, denn sie haben den Rollout zusätzlich unnötig erschwert.

Richtige Richtung, aber kein Durchbruch

Für den Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) geht der Gesetzentwurf in die richtige Richtung, aber ist noch kein Durchbruch. Robert Busch, Geschäftsführer des bne, kommentierte: „Es war längst überfällig, dass das BSI nicht mehr den Ton angibt, sondern sich in Zukunft auf die Zertifizierung der Gateways beschränkt. Mit dem Ende der Drei-Hersteller-Regel und der Markterklärung kann ein echter Neustart der Digitalisierung beginnen. Richtig ist auch, dass gesonderte Standards, etwa für Steuereinheiten oder Wärmepumpen, dem Markt überlassen werden.“

Nach Meinung von Busch hat der Entwurf noch Schwachstellen. „Die neue Marktrolle des Auffangmessstellenbetreibers ist hochproblematisch. Sie stärkt die Monopolbildung und schwächt die wettbewerblichen Messstellenbetreiber weiter. Auch der Zertifizierungsprozess bleibt weiterhin viel zu kompliziert. Warum soll ein Hersteller das Gerät nicht selbst zertifizieren können? Solange nur das BSI anerkennen darf, bleibt es das Nadelöhr bei der Digitalisierung. Dieser deutsche Sonderweg verhindert somit auch weiterhin, dass die Geräte wirklich günstig und schnell verfügbar werden.“ pf 


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