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NetzausbauWeitere Großprojekte im Übertragungsnetz

Strommasten im Sonnenuntergang
Die Übertragungsnetze sind Stromautobahnen mit wenigen Ein- oder Ausfahrten. Ob ihr Ausbau wirklich in großem Maßstab erforderlich ist, ist umstritten. (Foto: Alyoshine auf Pixabay)

Letzte Woche verabschiedete der Bundestag die Novelle des Bundesbedarfsplangesetzes. Die Überarbeitung ebnet dem Ausbau von über 6.000 Kilometern Hochspannungsleitungen den Weg. Die Kosten dafür belaufen sich auf 80 Milliarden Euro.

04.02.2021 – Der Bundesbedarfsplan ist das zentrale Instrument für den Ausbau der Stromnetze auf Übertragungsebene und als Anlage im Bundesbedarfsplangesetz enthalten. Eine Novelle dieses Gesetzes mit dem sperrigen Namen wurde in der vergangenen Woche vom Bundestag verabschiedet. Plan- und Genehmigungsverfahren auf der Ebene der Höchstspannungsübertragungsnetze sollen damit beschleunigt werden. 35 neue Vorhaben wurden in die Aktualisierung aufgenommen, acht bisherige geändert.

An dieser schwierigen Materie bricht eine Schlüsselfrage der Energiewende auf. Soll die Energieversorgung zukünftig eher dezentral in kleineren Einheiten überwacht und ausbalanciert, oder wie bisher auf der Ebene der Übertragungsnetzbetreiber große Strommengen über weite Strecken transportiert werden.

Beide Seiten haben stichhaltige Argumente und wie so oft ist auch die Trennlinie zwischen den Lagern nicht unbedingt einfach zu ziehen. In der öffentlichen Anhörung im Wirtschaftsausschuss, die bereits im November 2020 stattfand, wurden einige Für und Wider genannt.

Weite Strecken unter der Erde

Übertragungsnetzbetreiber und Bundesnetzagentur befürworteten die Novelle: Für Stefan Kapferer vom Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz ist der mögliche Einsatz von kunststoffisolierten Erdkabeln ein Fortschritt. Nun könne und müsse diese innovative Technik eingesetzt werden. Allerdings gibt es dazu bisher wenig Erfahrungswerte – große Lasten in Gleichstromleitungen unter der Erde zu transportieren wäre tatsächlich ein Pioniervorhaben und stößt auf Einwände von Trassengegnern.

Auch Nadine Bethge von der Verbraucherschutzorganisation Deutsche Umwelthilfe befürwortete den Gesetzentwurf und sieht keine Gefahr eines überdimensionierten Netzausbaus. Dezentrale Energieerzeugung werde oft als Alternative zum Stromleitungsbau gesehen. Allerdings funktioniere das nur, wenn auch dezentrale Speicher vorhanden seien und eine Bereitschaft existiere, sich auf teurere, lokale Strommärkte zu begrenzen. Insofern könne dezentrale Energieerzeugung Stromnetze ihrer Meinung nach nicht ersetzen.

Teures zentralistisches Modell

Gegenwind kommt vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und vom Aktionsbündnis Trassengegner. Für BUND-Netzexperte Werner Neumann steht das Gesetz für einen technisch überdimensionierten, unwirtschaftlichen und umwelt- und naturschädlichen Stromnetzausbau. Die Bundesregierung setze damit weiterhin auf ein zentralistisches Modell. Neumanns Mitstreiter Herbert Barthel vom BUND in Bayern hatte in der Anhörung im Wirtschaftsausschuss stattdessen eine alternative Planung und Gesetzgebung für ein dezentrales Energiekonzept gefordert.

Nicht nur der zentralistische Ansatz, auch die Kosten in Höhe von jetzt mehr als 80 Milliarden Euro kritisiert der BUND. Während Netzbetreiber hohe gesetzlich gesicherte Renditen in Milliardenhöhe erwarten, drohen Stromkunden Mehrkosten bis zu vier Cent pro Kilowattstunde.

Kosten-Nutzen-Analyse fehlt

Dörte Hammann, Sprecherin des Aktionsbündnisses Trassengegner, bemängelt darüber hinaus die fehlende Kosten-Nutzen-Analyse: „Mit großer Bestürzung stellen wir fest, dass das Thema Kosten beim Stromnetzausbau in der Diskussion und bei der Entscheidung keine Rolle gespielt hat. Das halten wir für höchst verantwortungslos gegenüber den kleinen Stromkunden, die diesen Netzausbau über die Netzentgelte finanziell tragen sollen. Die Bundesregierung und die zustimmenden Parteien verabschieden einen ganzen Katalog voller Milliardenprojekte, ohne die von der EU vorgeschriebene Kosten-Nutzen-Analyse vorgelegt zu haben. Wir halten diese Pläne für europarechtswidrig.“

Darüber hinaus werden nach Auffassung der Bürgerinitiativen Mitbestimmungsrechte ausgehebelt. So wurde beispielsweise das Planungssicherstellungsgesetz bis Ende 2022 verlängert. Es schränke Mitspracherechte bei Großprojekten stark ein, wichtige Erörterungstermine finden nicht statt oder werden online abgehandelt, womit der Öffentlichkeit der Zugang zu einem transparenten Verfahren verwehrt bleibt.

Das Aktionsbündnis fordert eine unabhängige Prüfung von umweltverträglichen und bezahlbaren Lösungen, wie sie auch im Energiewirtschaftsgesetz vorgeschrieben sind und ein Moratorium für den Trassenausbau. Es dürfe kein Meter Trasse gebaut werden, bevor die Bauvorhaben nicht bezüglich der Kosten, offener juristischer Fragen sowie des Nutzens für Versorgungssicherheit, Energiewende, Natur- und Klimaschutz transparent überprüft worden seien. pf


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Kommentare

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Eva Bulling-Schröter 04.02.2021, 10:38:08

Ich möchte sie nur darüber informieren, dass die Linke die einzige Partei im Bundestag ist, die das Bundesplanbedarfsgesetz ablehnt und von Anfang abgelehnt hat.

Mit vielen Grüssen

Eva Bulling-Schröter Ex-MdB

 

https://www.ralph-lenkert.de/themen/netzausbau/


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