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Ländliche ElektrifizierungSolarstrom für die Fischer

Fischer in Gambia profitieren in mehrfacher Hinsicht von Solarstrom. (Bildquelle: © HHI)

Wie mit Solarstrom die nachhaltige ländliche Entwicklung im südlichen Afrika vorangebracht werden kann, zeigt ein Projekt in einem Fischerdorf in Gambia. Möglich machte dies eine Ausgründung des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts in Goslar.

15.08.2023 – Voraussetzung für die nachhaltige Entwicklung einer Gesellschaft ist eine zuverlässige Energieversorgung. Das Start-up Voltaview Africa entwickelt innovative Stromspeicherkonzepte und bezieht hierbei Elektrifizierungsprojekte ein. Im westafrikanischen Gambia wurde jetzt die erste Anlage in Betrieb genommen. Initiator des Vorhabens ist Prof. Wolfgang Schade, der im niedersächsischen Goslar am Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) die Abteilung „Faseroptische Sensorsysteme“ leitet.  Ziel ist es, die modulare Stromversorgung von ländlichen Regionen in Sub-Sahara Afrika voranzutreiben.

Das Konzept von Voltaview Africa fokussiert sich auf einen regenerativen Kreislauf: Mittels Photovoltaik wird elektrischer Strom erzeugt, der in mobilen, tragbaren Lithium-Batterien gespeichert wird, die die Bewohner vor Ort als individuelle Stromquelle nutzen können. Das Kraftwerk basiert auf einem modularen Blockbauprozess und besteht aus zwei 10-Fuß Containermodulen. Während das eine Modul mit einer 7,5 kW-Photovoltaikanlage Strom erzeugt, wird das andere für die Trinkwasseraufbereitung verwendet. Der Strom wird in 48-Volt-Lithium-Ionen-Batterien gespeichert und in robusten, tragbaren Batterieboxen mit einer Speicherkapazität von 4,8 kWh untergebracht. Die Trinkwasseraufbereitung erfolgt über eine UV-C Lichtbehandlung und eine spezielle Filtertechnik.

Leitlinie Circular Economy

Im Sinne einer Circular Economy werden für die Projekte ausschließlich B-Ware Lithium- Batteriezellen aus der Automobilindustrie und wiederaufbereitete Photovoltaikmodule verwendet. Wolfgang Schade fungiert als technischer Leiter des Projekts. Die Abteilung „Faseroptische Sensor Systeme“ des Fraunhofer HHI hat zusammen mit der Technischen Universität Clausthal hierfür die grundlegenden physikalisch-technischen Voraussetzungen geschaffen. Dazu gehört die Entwicklung eines innovativen Sicherheitskonzeptes für die Lithium-Batterien sowie einer Sensorik, die eine vollständig digitalisierte Überwachung und Steuerung der Batteriespeicher und des gesamten Kraftwerkes ermöglicht.

Mit den tragbaren Batterieboxen kann der Strom direkt zu den Verbrauchern gebracht werden. Die zuvor benötigten Stromnetze und Dieselgeneratoren werden somit durch das einfach zu bedienende Voltaview Africa Powerhouse und die tragbaren Voltamove 2Go Powerpacks ersetzt.

Die erste operative Anlage wurde jüngst in Gambia in dem Fischerort Balingho feierlich eingeweiht und an die Dorfbewohner übergeben. Die Anlage liefert ein in sich geschlossenes Gesamtkonzept: Mit den Voltamove 2GoBatteriepacks werden in Gambia Fischerboote erstmals elektrisch betrieben. In einer Kühltruhe im Powerhouse wird der Fischfang eingefroren. Zugleich erhalten die Dorfbewohner Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Verbesserte Wertschöpfung für die Fischer

Die Powerpacks können darüber hinaus als tragbare Generatoren mit nach Hause genommen werden. Mit einer integrierten 230-V-AC-Haushaltssteckdose können Mobiltelefone aufgeladen werden, es gibt in den Abendstunden Licht und ein Kühlschrank kann zur Lagerung von Lebensmitteln betrieben werden. Das Wiederaufladen der Batteriepacks erfolgt am Powerhouse durch Sonnenenergie.

Jawo, Chairman der in Balingho ansässigen Fischer, ist begeistert: „Mit der Gefriertruhe können wir unseren Fang jetzt länger lagern und so einen höheren Gewinn erwirtschaften. Dies verbessert unsere Wettbewerbsfähigkeit enorm.“ Durch die Umstellung der Fischerboote auf E-Mobilität lassen sich die Gesamtbetriebskosten um mehr als 50 Prozent gegenüber dem Istzustand senken.

Darüber hinaus wird CO2 eingespart und das Wasser, Lebensgrundlage der Fischer, wird nicht mehr verunreinigt. Die Digitalisierung des Gesamtsystems ermöglicht weiterhin die Etablierung von CO2-Zertifikaten zur Mitfinanzierung der Investitionskosten. Gemeinsam mit dem gambischen Unternehmen Sub-Sahara United Vehicles Ltd. werden in den nächsten 12 Monaten zehn weitere Voltaview Africa Powerhouse-Anlagen mit insgesamt 50 austauschbaren Batterien in Gambia installiert.

Aufbau von Lehr- und Schulungsangeboten vor Ort

Die Powerhouses werden im niedersächsischen Goslar vormontiert und anschließend nach Gambia exportiert. Neben dem Betrieb der Anlagen steht der Wissenstransfer zwischen lokalen Gemeinden in punkto Bedienung und Instandhaltung im Fokus. In diesem Kontext entwickeln das Fraunhofer HHI und Voltaview Africa gemeinsam mit der Anfang 2023 neu gegründeten University of Applied Science, Engineering and Technology (USET) in Banjul (Gambia) ein Lehrangebot über Photovoltaik, Batteriespeicher und Elektromobilität. Studierende können theoretische und – dank der installierten Anlage – auch praktische Kenntnisse über die eingesetzte Technologie erwerben. Dabei ist es das Ziel, Experten auszubilden, die zukünftig Anlagen installieren, betreiben und warten können.

Weiterhin sollen neue Geschäftsmodelle entwickelt werden, die an die lokalen Bedürfnisse und Möglichkeiten angepasst sind. Die Vermarktung der Powerhouses sowie die Schulungen zur Sicherung des Wissenstransfers und Wartung der Anlage werden im Rahmen des Renewable Energy-Solutions-Programms (RES-Programm) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. hcn


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