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Klimaklage





EEG 2021Weniger Photovoltaik auf Gewerbedächern

Photovoltaikanlage auf einem Flachdach
Ein weiterer Hemmschuh für die Energiewende soll mit dem EEG 2021 eingeführt werden: die Ausschreibungspflicht für große Dachanlagen. (Foto: AleSpa auf Wikimedia / CC BY-SA 3.0)

Gegen die geplante Ausschreibungspflicht für große PV-Dachanlagen läuft nicht nur die Solarbranche Sturm. Auch Handel und Industrie kritisieren das Vorhaben. Marktforscher haben jetzt errechnet, wie hoch die Zubauverluste bis 2030 werden könnten.

04.11.2020 – Der Entwurf des EEG 2021 enthält einen unerwartet harten Einschnitt für das Marktsegment großer solarer Aufdachanlagen. Sie sollen ab einer Leistungsgröße von 500 Kilowatt über Ausschreibungen realisiert werden. Betreiber solcher Anlagen, meist Unternehmen mit großen Dachflächen, dürften dann den selbst produzierten Strom nicht im eigenen Betrieb nutzen.

In den vergangenen Jahren haben viele Unternehmen Solaranlagen auf ihren Firmendächern gebaut. Fast alle nutzen den erzeugten Strom ganz oder teilweise selbst im Unternehmen. Dieses Geschäftsmodell hätte nun für Anlagen über 500 Kilowattpeak ein Ende, wenn die Regelung im EEG 2021 wie derzeit vorgesehen beibehalten wird. Der Eigenverbrauch ist ein treibendes Motiv für die Investitionen in eine Photovoltaikanlage. So rechnen sich die Anlagen – es muss weniger Netzstrom zugekauft werden, die Amortisationszeiten sind überschaubar.

Solare Vollbremsung: 4,2 Gigawatt PV-Leistung weniger bis 2030

Das Bonner Markforschungsunternehmen EUPD Research hat in einer Kurzstudie im Auftrag des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW Solar) berechnet, wie groß der erwartete Markteinbruch in diesem Segment sein könnte. Über einen Zehnjahreszeitraum betrachtet, rechnen die Analysten mit einem jährlichen Installationsausfall von rund 420 Megawatt beziehungsweise neun Prozent.

In Summe würde der Photovoltaikzubau bis zum Jahr 2030 um 4,2 Gigawatt geringer ausfallen als ohne die geplante Ausschreibungspflicht. Das entspricht 80 Terrawattstunden Strom, die nicht erzeugt werden – und damit 2,3 Millionen Tonnen weniger eingespartes Kohlendioxid.

In Geld ausgedrückt, bedeutet der Zubauverlust für die Solarbranche einen Schaden in Höhe von drei Milliarden Euro. Hinzu kämen laut EUPD Research Gesundheits- und Klimafolgeschäden in Höhe von 4,5 Milliarden Euro.

Die neu installierte Solarstromleistung auf größeren Gewerbedächern könnte bereits im kommenden Jahr um zwei Drittel einbrechen. Martin Ammon, Autor der Studie, erklärt: „Anders als bei ebenerdigen Solarparks sind Auktionen im Gebäudesektor kein geeignetes Instrument zur Vergabe von Marktprämien. Wir sehen ein hohes Risiko der Unterzeichnung, da Gebäudeeigentümer die Teilnahme an Auktionen als zu aufwändig scheuen werden und diese mit Bauplanungsprozessen zeitlich nicht in Einklang zu bringen sind.“

Hinzu kommt ein weiteres gewichtiges Hemmnis: Das betroffene Marksegment verzeichnet derzeit einen jährlichen Zubau von rund 800 Megawatt. Ausgeschrieben werden sollen ab 2021 und 2022 aber nur jeweils 250 Megawatt. Eine solare Vollbremsung, wie der Geschäftsführer des BSW Solar Carsten Körnig kommentiert.

Auch Handel und Industrie kritisieren die Pläne

Rückendeckung bekommt die Solarbranche von vielen Seiten. Zu den Kritikern dieser Pläne zählen neben der Solarwirtschaft der Deutsche Industrie und Handelskammertag, die Verbraucherzentrale Bundesverband, der Verband kommunaler Unternehmen, der Verband der mittelständischen Wirtschaft, der Handelsverband Deutschland, der Verein Deutscher Ingenieure und der Mittelstandsverbund.

Vergangene Woche haben die Energie- und Umweltminister der Länder mehrheitlich die Empfehlung beschlossen, die Leistungsgrenze für Solardach-Auktionen bei 750 Kilowatt zu behalten. Dabei haben Sie explizit auf die drohenden Markteinbrüche in diesem zentralen Marktsegment der Photovoltaik hingewiesen.

Antje Gerstein vertritt als Geschäftsführerin des Handelsverbands Deutschland die Interessen von 400.000 Handelsunternehmen in Deutschland. Sie sagt: „Viele Einzelhändler möchten die großen ungenutzten Dachflächen ihrer Firmengebäude und Logistikzentren für den Klimaschutz und die Stromerzeugung nutzen. Die aktuellen Regierungspläne würden der wachsenden Investitionsbereitschaft unserer Unternehmen jedoch ein jähes Ende setzen, weil es schlicht nicht attraktiv wäre und die Auktionierung die Planungssicherheit zusätzlich erschwert.“

Gerstein plädiert dafür, die Ausschreibungspflicht erst ab einem Megawatt Leistung greifen zu lassen. Das könnte ihrer Meinung nach dem Ausbau von großen PV-Anlagen im Einzelhandel einen wichtigen Schub verleihen.

Der Entwurf des EEG 2021 wurde Ende Oktober dem Bundestag zur ersten Lesung vorgelegt und in den Ausschuss für Wirtschaft und Energie überwiesen. Verbände, Klimaschutzorganisationen und Unternehmen hatten den Entwurf scharf kritisiert. pf

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