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Energiewende – WärmewendeWind- und Sonnenstrom wird Wärme

Solarpark und Windenergieanlagen in Ramsthal
Solarpark und Windenergieanlagen in Ramsthal (Foto: © naturstrom AG)

Kommunen stellen sich zunehmend die Frage, wie sie ihre Bürger möglichst schnell unabhängig von fossilen Energieimporten machen können. Mit Power-to-Heat lässt sich die Stromerzeugung an den Wärmeverbrauch vor Ort koppeln.

24.04.2023 – In den letzten Jahren wurde zwar die Stromerzeugung immer regionaler und grüner, aus dem fossilen Dornröschenschlaf erwachen muss aber immer noch der Wärme- und Kältesektor. Dieser macht heute rund 50 Prozent des Endenergieverbrauchs in Deutschland aus, der Anteil der erneuerbaren Energieträger daran lag 2021 bei lediglich 16,2 Prozent.

Wärmenetze schaffen

Grund dafür ist unter anderem die Sanierungsrate von Gebäuden, die seit Jahren bei rund einem Prozent im Jahr stagniert. Sie kommt nicht von ungefähr, denn viele Eigentümer scheinen vor einer Herkulesaufgabe zu stehen, wenn es darum geht, die Effizienz ihrer Gebäude zu steigern. Sie müssen nicht nur die hohen Kosten tragen, sondern haben zusätzlich mit einer steigenden Handwerker- und Ressourcenknappheit zu kämpfen.

Um auch unsanierte Gebäude ohne kleinteilige, langwierige Modernisierungsmaßnahmen erneuerbar beheizen zu können, werden deswegen seit einigen Jahren in verschiedensten Ortskulissen hochtemperierte Nahwärmenetze verlegt, an die sich private, gewerbliche und öffentliche Gebäude anschließen können. Das Netz transportiert die in einer Energiezentrale zumeist regenerativ erzeugte Wärme zu den Gebäuden, wo sie mittels einer Wärmeübergabestation abgenommen wird.

Strom wird Wärme

Die Wärme stammt derzeit meistens aus Biomassekesseln, die mit Holzhackschnitzeln oder Holzpellets betrieben werden oder aus Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen. Genauso kann im Netz aber auch Wärme aus Power-to-Heat-Anlagen fließen.

Die Kombination von Power-to-Heat und Nahwärmenetzen ist auch die Lösung für ein anderes Problem. Der Stromsektor verzeichnet seit Jahren einen steigenden Anteil an Erneuerbaren Energien. Im deutschen Strommix lag er 2022 bei 50,5 Prozent und soll in den nächsten Jahren massiv ausgebaut werden. Doch durch den steigenden Anteil an erneuerbarem Strom kommt es immer wieder dazu, dass vor allem Windenergieanlagen abgeschaltet werden müssen. Der erzeugte Strom kann oftmals nicht zeitgleich verbraucht oder schnell genug über das Netz abtransportiert werden. 2020 waren es immerhin rund sechs Milliarden Kilowattstunden Ökostrom, die so verloren gingen – und damit etwa ein Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland. Diese erzeugte Energie nutzbar zu machen, ist einer der Vorteile von Power-to-Heat-Anlagen.

Was genau bedeutet Power-to-Heat?

Im Allgemeinen bezeichnet es die Technologie, die aus Strom Wärme erzeugt. Dazu wird in einem Wärmespeicher Wasser mit Strom aus Windenergie-, Photovoltaik- oder Biogasanlagen durch die Power-to-Heat-Anlage aufgeheizt. Sie ist vergleichbar mit einem Heizstab, der innerhalb kürzester Zeit mit dem Strom das Wasser in einem Großwärmespeicher erwärmt. Der Speicher gibt die Wärme je nach Bedarf direkt an das örtliche Nahwärmenetz ab, das die Wärme schließlich an die Gebäude verteilt.

Bezogen auf die Nutzung von Windstrom kann die Technologie bevorzugt immer dann Strom in Wärme umwandeln, wenn es einen Überschuss im Netz gibt, zum Beispiel, weil der Wind kräftig weht. Flaut er ab, wird kein „frisch“ erzeugter Strom für die Wärmeversorgung benötigt, da die zuvor gespeicherte Wärme nun zum Einsatz kommt. Das führt dazu, dass die Anlage nur in seltenen Fällen zusätzlichen Strom aus dem Netz zur Wärmeerzeugung benötigt. Gleichzeitig trägt sie zur Netzstabilität und -flexibilität bei.

 

Langjährig stabile Wärmepreise im eigenen Netz

In einigen Fällen kann der Strom aus der ortsansässigen Stromerzeugungsanlage sogar ohne Umwege über das öffentliche Stromnetz direkt zur Wärmeerzeugung genutzt werden. Das ist ein echter Preisvorteil für die Nutzer der Wärme, denn durch den räumlichen Zusammenhang entfallen die Netzentgelte, die einen entscheidenden Anteil des Strompreises ausmachen. Somit würde sich auch der Wärmepreis verringern.

Kommunen werden zu Wärmeversorgern

Ohnehin muss über die Jahre nur mit geringen Preissteigerungen gerechnet werden. Durch den Großwärmespeicher ist das Konstrukt Stromerzeugungsanlage, Heizzentrale und Nahwärmenetz in sich so stabil, dass es kaum Strom aus dem Netz benötigt. Wenn Wind- oder Photovoltaikanlagen-Betreiber sowie Betreiber von Heizzentrale und Nahwärmenetz unter einem Dach agieren, können sie im gemeinsamen Interesse handeln und den Kilowattstundenpreis des Stroms lange Zeit selbst bestimmen und stabil halten.

Das lohnt sich für Kommunen besonders, wenn sie Betreiber des Nahwärmenetzes sind und Anteile an der Betreibergesellschaft der Strom- und Wärmeerzeugungsanlage halten. Dadurch sind sie Erzeuger und Nutzer in einem. Sie können in wichtigen Fragen, wie zum Beispiel der Preisgestaltung, mitentscheiden und im Interesse ihrer Bürger handeln. Zudem generieren sie Einnahmen aus dem Betrieb der Anlagen und halten die Wertschöpfung vor Ort.

Ran an die Flächen

Power-to-Heat-Nahwärmenetze sind insbesondere für Kommunen und Gemeinden interessant, die noch nicht das volle Potenzial ihrer Flächen ausgeschöpft haben. Mit der Kopplung von Wind- oder Photovoltaikstrom und Wärme nutzen sie ihre vorhandenen Flächen zum Vorteil ihrer Bürger. Zudem sollten im Ort ausreichend Haushalte vorhanden sein, die künftig auf erneuerbare Wärme umrüsten müssen. Insbesondere Orte, in denen noch viele Haushalte mit Öl heizen und kein Gasnetz verlegt ist, werden eine Alternative brauchen, da die Bundesregierung plant, dass bereits ab 2024 keine neuen Ölkessel mehr eingebaut werden dürfen – und bald auch keine Gasheizungen mehr.

Ideale Förderkulisse für Kommunen und Gemeinden

Für die Realisierung von solchen sektorengekoppelten Projekten ist jetzt der perfekte Zeitpunkt für Kommunen und Gemeinden gekommen. Am 15.09.2022 ist die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (kurz BEW) in Kraft getreten. Diese gibt den Rahmen zur Förderung von Nahwärmenetzen vor. Bis Ende 2023 läuft zudem auf Bundesebene ein Gesetzgebungsverfahren, das vorsieht, dass Kommunen ab 10.000 Einwohnern sogar dazu verpflichtet werden sollen, eine kommunale Wärmeplanung auszuarbeiten. Kleinere Kommunen sollen speziell gefördert werden, das gleiche zu tun. Zudem hat die Bundesregierung im Juli 2022 die EEG-Umlage abgeschafft, so dass jede Kilowattstunde Strom, die zur Erzeugung der Wärme benötigt wird, nicht unnötig belastet wird.

Vorreiter-Projekte in der Planung

Der Ökoenergie-Versorger  naturstrom prüft und plant derzeit für mehrere Kommunen die Kopplung von lokaler Stromerzeugung durch Wind oder Sonne mit Wärmeerzeugung. In der Ortsgemeinde Wahnwegen in Rheinland-Pfalz stehen für ein gemeinsames Projekt mit der Gemeinde alle Zeichen auf grün. Der Projektentwickler hat zusammen mit dem Institut für angewandtes Stoffstrommanagement für den Ort mit rund 700 Einwohnern bereits ein integriertes Quartierskonzept für die Gemeinde erstellt.

Nun führt naturstrom zunächst eine Machbarkeitsstudie im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze durch, um die detaillierte Planung für den Betrieb des Nahwärmenetzes zu erstellen. Die Machbarkeitsstudie untersucht, ob die Projektpartner die geplante Windenergieanlage nur mit einer Power-to-Heat-Anlage inklusive Großwärmespeicher kombinieren werden, oder ob es wirtschaftlicher ist, zusätzlich eine Großwärmepumpe zum Einsatz zu bringen. Danach kann die Gemeinde die Entscheidung für die Realisation des Nahwärmenetzes treffen – zeitlich abgestimmt auf eine geplante Straßensanierung.

Energieunabhängigkeit für Wahnwegen

Mit der Verknüpfung von Strom und Wärme würde Wahnwegen einen großen Schritt in Richtung Energieunabhängigkeit gehen. Denn geplant ist, dass die Gemeinde eine Gesellschaft gründet, mit der sie das Nahwärmenetz selbst betreibt und sie sich auch an der Betreibergesellschaft der Windenergieanlage und Energiezentrale beteiligt. Somit hat sie die Wärmeversorgung in der eigenen Hand und kann sie stets zum Vorteil ihrer Bürger steuern sowie die regionale Wertschöpfung steigern. „Wir sind zuversichtlich, mit der Kopplung von Windenergie und Wärme unsere Gemeinde zukunftsfähig zu machen. Wir möchten damit allen Bürgerinnen und Bürgern ein Angebot machen, zukünftig ihr Gebäude klimaneutral zu heizen. Insbesondere für diejenigen, für die eine Sanierung ihrer Immobilien aus eigenen Kräften derzeit nicht möglich ist, ist dies eine echte Chance“, sagt Lutz Stötzer, Erster Beigeordneter von Wahnwegen.

Besonders erfolgsversprechend ist das Projekt in Wahnwegen, weil die Gemeinde voll hinter der Umsetzung steht und durch viel Engagement die Menschen vor Ort ebenfalls überzeugen konnte. In der Vorplanungsphase haben bereits über 150 Haushalte ihr Interesse an einem Anschluss bekundet. Wenn alles nach Plan verläuft, kann 2024 mit dem Bau des Nahwärmenetzes begonnen werden. Lea Timmermann

Sie wollen in Ihrer Kommune auch Strom- und Wärmeversorgung zusammenbringen? Dann informieren Sie sich gerne per E-Mail bei vorortenergie@naturstrom.de


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Kommentare

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apl. Prof. Dr. Wolfgang Gossel 25.04.2023, 12:14:10

Danke für den Artikel, er deckt ein deutliches Problem der Energiewende auf: Die Wärmeversorgung in unseren Breiten, die etwa das 5fache an Energie der Stromversorgung braucht. Ich setze zuhause seit nunmehr etwa 8 Jahren sehr erfolgreich PVT-Module ein und speichere die Wärmemenge saisonal im Untergrund. Seit etwa 3 Jahren läuft die Anlage stationär, d.h. die Temperaturen bleiben +- konstant, die Energiemengen stimmen und es ist robust gegen Ausfälle, Schäden an Teilen der Anlage etc. Bei Interesse gerne nachfragen, Kurzbeschreibungen unter www.wolfgang-gossel.de und www.geo4gwenum.de

Viele Grüße und nochmals vielen Dank für den Artikel,

Wolfgang Gossel


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