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Bei StromausfallNotstromkonzept mit Wasserkraft

Blick auf Gebäude und kleinen Fluss mit Wasserkraftwerk
Ein Blick auf die Wasserkraftanlage des E-Werks Schweiger in Schwaig/Oberding (Foto: VWB)

Ein Notstromkonzept mit vier kleinen Wasserkraftanlagen hat der regionale Stromversorger für die Gemeinde Oberding am Münchner Flughafen entwickelt. Realisiert wurde das Ganze bereits 2006, sein Beispielcharakter ist jedoch aktuell.

28.12.2022 – Das E-Werk Schweiger betreibt fünf Wasserkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 950 Kilowatt, vier davon befinden sich im Gebiet der Gemeinde Oberding im Landkreis Erding. Zudem versorgt das E-Werk Schweiger als Netzbetreiber und regionaler Energieversorger Unternehmen und Privathaushalte in der Region mit Strom. 

Das Schnee-Chaos im November 2005 im Münsterland zeigte, wie anfällig ein Stromnetz allein bei extremen Witterungsbedingungen ist. Durch den starken Schneefall konnten einige Strommasten das Gewicht auf den Leitungen nicht mehr tragen und knickten um. Dazu kamen Leitungsbrüche und Kurzschlüsse durch abgefallene Äste. Die Folge: Rund 250.000 Menschen in 25 Gemeinden hatten mehrere Tage lang keinen Strom. An einigen Orten richteten Mitarbeiter der Bundeswehr und des Technischen Hilfswerks eine provisorische Stromversorgung ein.

Vorbeugen für den Notfall

Flächendeckender Stromausfall und das tagelang, das gab dem damaligen Bürgermeister vom Oberding, Helmut Lackner, zu denken und dem wollte er in seiner eigenen Gemeinde vorbeugen. Er suchte nach einer Lösung, einem ein Notfallprogramm für Stromausfälle und sprach den Betreiber des E-Werks an.

„Die Wasserkraftanlagen waren damals schon schwarzstart- und inselbetriebsfähig, um einen stets sicheren Betrieb der Schleusen und Rechenreinigung zu gewährleisten. Außerdem sichern sie die betriebsinterne Notstromversorgung“, berichtet Fritz Schweiger. Der Ingenieur für Elektrotechnik begann, mit seinen Mitarbeitern an einem Konzept für den Krisenfall zu tüfteln.

Welche Einrichtungen zur kritischen Infrastruktur gehören, bestimmte damals die Gemeindeverwaltung. Die Auswahl wird seither regelmäßig überprüft und festgelegt. Auf der Prioritäten-Liste stehen Rathäuser, Feuerwehrhäuser, Schaltzentralen der Energieversorgung, Arztpraxen und Apotheken, die Straßenbeleuchtung ebenso wie Lebensmittelgeschäfte.

Weil das E-Werk sowohl für das Mittelspannungsnetz als auch für das Niederspannungsnetz in der Gemeinde zuständig ist, konnte die Netztopologie – die versorgungstechnische Anordnung der Netzteilnehmer – so gestaltet werden, dass die Wasserkraftanlagen in kurzer Zeit die Notstromversorgung für die wichtigen Einrichtungen übernehmen können.

Dafür ist eine selektive Aufteilung des Stromverteilungsnetzes notwendig, welche die vorrangig zu versorgenden Verbraucher berücksichtigt. Im Krisenfall werden das Mittelspannungsnetz sowie die untergeordneten Niederspannungsnetze schaltungstechnisch in den dafür erforderlichen Zustand gebracht. Die wichtigsten Verbraucher haben im Ernstfall nach ein bis zwei Stunden Strom, beim letzten dauert es circa fünf Stunden, dann steht das System für die Notstromversorgung. Mit der fortscheitenden Digitalisierung der Versorgungsnetze lassen sich diese Prozesse noch beschleunigen.

Vier lokale Wasserkraftwerke mit 450 Kilowatt Leistung sind in das Notstromkonzept eingebunden, drei weitere Anlagen von Netzkunden können noch integriert werden. Als Back-up gibt es ein Diesel-Notstromaggregat. 60.000 Liter Diesel hält das E-Werk-Schweiger für den Notfall vor. Das Aggregat soll aber nach Möglichkeit nicht genutzt werden, da der Verbrauch fossiler und klimabelastender Brennstoffe damit verbunden wäre. Für die Notfallsituation hat der Betrieb eine eigene notstromversorgte Funkanlage auf dem Dach, denn auch der Mobilfunk funktioniert bei Stromausfall nicht mehr.

2006 wurde die Notstromversorgung einem Praxistest unterzogen, der weitere praktische Erfahrungswerte brachte. Einen realen Notstromfall gab es bisher noch nicht. Der Krieg in der Ukraine hat die Wahrnehmung der Politik und der Bevölkerung für Krisensituationen erhöht. Deshalb kann dieses Beispiel, obwohl schon vor längerer Zeit implementiert, Wege aufzeigen, das Potenzial der Wasserkraft noch mehr zu nutzen. Anreize und gesetzlichen Rahmenbedingungen würden helfen, ähnliche Lösungen umzusetzen. pf


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