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Offshore-WindkraftNeue Regeln für Windkraft auf See

Windkraft auf See ist an manchen Standorten sehr günstig.
Windkraft auf See ist an manchen Standorten so günstig, dass Betreiber zukünftig für den Projektzuschlag bezahlen sollen. (Foto: pxhere / CCO)

Die Branche spricht von einem Eintrittsgeld. Zukünftig sollen andere Ausschreibungsregeln für Offshore-Wind gelten. Gibt es mehrere Angebote zu Null Cent, sollen die Bieter für den Zuschlag zahlen.

14.08.2020 – Wirtschaftsminister Altmaier will mit einer zweiten Gebotskomponente für Windkraft auf See einen bestehenden Mechanismus im Windenergie-auf-See-Gesetz zukunftsfähig machen. Nach der bestehenden Rechtslage darf der Höchstwert der nächsten Ausschreibung nicht höher sein als der niedrigste Zuschlagswert bei der letzten Ausschreibung 2018. Weil aber damals Projekte für Null Cent einen Zuschlag erhielten, müssten nun alle Gebote der nächsten Ausschreibung diesen Wert haben.  Jedoch haben auch Flächen auf See ihre Eigenheiten. Nicht überall sind Windkraftanlagen ganz ohne Förderung wirtschaftlich. Eine Gesetzesnovelle ist deshalb notwendig.

Altmaiers Ministerium rechnet außerdem damit, dass bei den nächsten Ausschreibungen wiederum mehrere Bieter mit einem Gebotswert von Null Cent ins Rennen gehen. Wenn mehrere solche Angebote vorliegen, brauche es einen Mechanismus, der diese Angebote differenziert.

Eintrittsgeld für Windparks auf See

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht eine zweite Gebotskomponente vor, die nur für Null-Cent-Gebote gelten soll. Liegen mehrere Null-Cent-Gebote vor, können Bewerber in einem zweiten Gebotsverfahren ihre Zahlungsbereitschaft zum Ausdruck bringen. Das heißt, sie bieten einen Wert, den sie zu zahlen bereit sind, um das Projekt realisieren zu können. Dazu soll die Bundesnetzagentur ein dynamisches Gebotsverfahren mit mehreren Gebotsrunden durchführen, das Bietern erlaubt, auch die Zahlungsbereitschaft ihrer Wettbewerber wahrzunehmen. So soll sichergestellt werden, dass das erfolgreiche Gebot nicht höher als notwendig ausfällt. Die Branche spricht von einem Eintrittsgeld für Windparks auf See.

Die in diesem Verfahren ermittelte Zahlungsbereitschaft des Bieters bildet dann den Offshore-Netzanbindungsbeitrag, den dieser an den Übertragungsnetzbetreiber zahlen muss. Dadurch leiste das Verfahren nach Auffassung des Wirtschaftsministeriums einen Beitrag zur Senkung der Stromkosten für Verbraucher.

Die Gesetzesnovelle wurde Anfang Juni vom Kabinett verabschiedet. Ende September soll sie der Bundestag beschließen.

Angeblich keine Alternativen

Der Gesetzentwurf erntete Kritik, allen voran vom Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore (BWO). Aber auch der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD) und Grünen-Politiker Andreas Hofreiter äußerten Kritik. Während Altmaier keine Alternativen zum vorgeschlagenen Mechanismus sieht, verweist der BWO auf sogenannte Differenzverträge, wie sie in Großbritannien, Dänemark, Italien und Frankreich zur Anwendung kommen.

Dort legt ein Bieter mit seinem Gebot einen Preis fest, zu dem er den Strom bei einem Zuschlag verkaufen würde.  Liegt später im Betrieb des Kraftwerks der Marktpreis des Stroms unterhalb dieses Wertes, bekommt der Anlagenbetreiber analog zur aktuellen Markprämie die Differenz ausbezahlt. Kann der Betreiber jedoch höhere Strompreise realisieren, zahlt er die Differenz auf das EEG-Konto zurück.

Mit Altmaiers Modell kämen nach Meinung des BWO letztlich höhere Stromkosten auf die Verbraucher zu. „Bis zu 30 Prozent müssten Projektierer auf ihren Strompreis aufschlagen, weil sie höhere Finanzierungskosten haben“, sagt Stefan Thimm, Geschäftsführer des BWO. Das Realisierungsrisiko steige ebenfalls mit Altmaiers Vorschlag. Nach Auffassung von Thimm ergibt sich auch ein Wettbewerbsnachteil für Deutschland: „In den nächsten Jahrzehnten werden in Europa immense Investitionen in Windkraftvorhaben auf See fließen. Wenn es in anderen europäischen Ländern weniger risikobehaftete Ausschreibungsverfahren gibt, werden die Projekte auch dort realisiert.“

Thimm benennt noch ein weiteres Problem: „Dieses Modell wäre ein deutscher Sonderweg. Dafür gibt es in Europa kein Vorbild und keine gängige Praxis. Somit wird eine spätere gesamteuropäische Lösung erschwert.“

Ingrid Nestle, energiewirtschaftliche Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen kritisiert ebenfalls Altmaiers Variante für den Umgang mit Null-Cent-Geboten. Sie sei kompliziert und teuer. „Mit dem Differenzvertragsmodell sind geringere Stromgestehungskosten möglich und es sorgt für mehr Verlässlichkeit“, sagt sie und beklagt die fehlende inhaltliche Auseinandersetzung im Vorfeld. Einzig der Einfluss großer Industrieunternehmen wie RWE oder Siemens könnte jetzt noch ein Umdenken herbeiführen.

Weitere Änderungen im Gesetz

Das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung sieht vor, das Ausbauziel für Offshore-Windkraft von 15 auf 20 Gigawatt zu erhöhen. Dieses Ausbauziel wurde im Gesetz verankert, darüber hinaus sogar ein Ziel für 2040: 40 Gigawatt Leistung soll dann die Windkraft auf See haben. Dafür müssen Behörden Flächen voruntersuchen und entwickeln und Netzbetreiber Anschlusskapazitäten schaffen. Die Akteure müssen also mit einem großen zeitlichen Vorlauf arbeiten. Änderungen bei Realisierungsfristen und Vorgaben zum Flächenentwicklungsplan sind deshalb vorgesehen. Beispielsweise soll ein zusätzlicher Prüfungsschritt das Risiko minimieren, dass ein bereits fertiggestellter Windpark auf See wegen fehlender Netzkapazität nicht in Betrieb genommen werden kann.

Schnellere Bauplanung für Windkraft an Land

Aus dem Hause des Verkehrsministers kommt ein weiterer Gesetzentwurf ins Parlament. Mit dem Investitionsbeschleunigungsgesetz will das Kabinett eine zügigere Bauplanung für Infrastrukturprojekte erreichen. Neben vielen Maßnahmen für Straßen- und Schienenausbau, gibt es für Windkraftanlagen an Land eine wichtige Änderung. Der Instanzenweg bei Klagen wird verkürzt. Gibt es Streitigkeiten im Genehmigungsverfahren um eine Windenergieanlage, wird zukünftig sofort das jeweilige Oberverwaltungsgericht zuständig sein. pf

 


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