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Ethikrat zu KlimagerechtigkeitDas gute Leben in der Klimakrise

Ethikrat zu Klimagerechtigkeit
Wie gelingt das gute Leben in der Klimakrise? Der Deutsche Ethikrat hat Empfehlungen zur Klimagerechtigkeit vorgelegt (Illustration: Hannah Robold – Berliner Ideenlabor).

Wer trägt die Verantwortung, wer die Kosten für die Klimawende? Der Ethikrat sieht Politik, Wirtschaft und Individuen gleichermaßen in der Verantwortung. Ermöglicht werden müsse die Grundlage für ein gutes Leben.

15.03.2024 – Diese Woche hat der Ethikrat Vorschläge für eine gerechte Lastenverteilung in der Klimakrise vorgestellt. Mit 13 Empfehlungen umreißt das Gremium, wie die Klimawende fair ausgestaltet werden könnte.

„Die Bewältigung des Klimawandels und seiner Folgen ist eine gesellschaftliche Mammutaufgabe“, sagt Alena Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates. „Wie können wir dabei die Lasten gerecht verteilen? Wer trägt die Verantwortung? Und was können wir tun, damit uns allen dabei nicht die Puste ausgeht?“

Alle seien gefragt – Parteien, Zivilgesellschaft, Medien, Wissenschaft –, um neue Perspektiven für ein gutes Leben in einer nachhaltigen und klimaneutralen Gesellschaft ohne weiteres Wachstum von Konsum und Ressourcenverbrauch zu entwerfen.

Wer trägt die Verantwortung, wer trägt die Last

Die Klimagerechtigkeit wird auf drei Dimensionen betrachtet: zwischen sozialen Gruppen einer Gesellschaft, zwischen Staaten, und zwischen Generationen. Auf allen Ebenen müsse geklärt werden, wer welche Verantwortung und Last zu tragen habe. Besonders die Generationengerechtigkeit müsse stärker berücksichtigt werden, da die Stimmen der zukünftigen Generationen in derzeitigen demokratischen Verfahren keinen eigenen Platz haben.

Neben dem Individuum werden auch Staat, Wirtschaft und Medien herangezogen. Besonders an die Politik wird appelliert, sich verantwortlich zu zeigen. Dem Staat komme die besondere Aufgabe zu, klimafreundliches Verhalten von Individuen und Unternehmen zu strukturell zu ermöglichen und zu fördern.

Ein gutes Leben soll für alle möglich sein

Als Grundlage setzt der Ethikrat bei Suffizienz an: Ein Mindestmaß für ein gutes Leben stehe allen zu. Schlechtergestellte müssten entlastet werden, zum einen, da finanzielle Mehrbelastungen sie stärker träfen, zum anderen, weil Besserverdienende mehr Emissionen verursachten. Davon ausgehend wird auch vorgeschlagen, den hohen CO2-Ausstoß der Reichen höher zu besteuern oder zu verbieten.

Die Stellungnahme geht nicht konkreter darauf ein, was als eine minimale Lebensgrundlage anzusehen ist. Ivo Wallimann-Helmer, Professor für Umweltgeisteswissenschaften an der Universität Freiburg in der Schweiz sieht das allerdings positiv: „Die Bedingungen für ein gutes Leben gehen über die bloße Subsistenzsicherung hinaus. In freiheitlichen Demokratien sollten die Bürger*innen bestimmen können, worin die absoluten Minimalbedingungen für das Führen eines guten Lebens bestehen“, erklärt Wallimann-Helmer.

Lebensstil des Einzelnen vs. Bevölkerungsgröße

Mehrere Experten kritisieren, dass das Thema der Bevölkerungsgröße nicht berücksichtigt wurde. „Die globale Emissionsmenge hängt davon ab, wie viele Menschen wie viel emittieren. Daher bietet es sich an, auch über das erste ‚wie viele‘ zu sprechen, nicht nur über den Lebensstil“, gibt Bernward Gesang, Professor für Philosophie und Wirtschaftsethik an der Universität Mannheim zu bedenken.

Allerdings ergebe sich ein moralischer Zwist, da die Entscheidung darüber, Kinder zu bekommen, ein auch von der UN verbrieftes Grundrecht darstelle. Die Möglichkeiten von politischen Anreizen in diesem Bereich zu ignorieren, hält Gesang aber für fatal. „Wir vernachlässigen leichtfertig die Stellschrauben der Bevölkerungspolitik.“

Kritik am Konzept

Die Empfehlungen des Ethikrats trafen insgesamt auf gemischte Reaktionen aus der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Auch drei der 24 Mitglieder des Rats stimmten der Stellungnahme explizit nicht zu. Einige Stimmen sehen den Ansatz des Gremiums zu wenig erklärt und gerechtfertigt, anderen fehlen klarere Vorgaben für die Umsetzung. Größtenteils ist man sich jedoch einig, dass die Stellungnahme eine Grundlage für die sich entwickelnde Klimaethik ist.

„Mit Blick auf die bestehenden internationalen Debatten in der Klimaethik nimmt der Ethikrat alle wesentlichen Aspekte auf und kombiniert diese zu einem umfassenden Ansatz der Klimagerechtigkeit“, ordnet Wallimann-Helmer ein. In diesem Sinne liefere die Stellungnahme, was zu erwarten sei: einen Überblick über die Debatten der Klimagerechtigkeit und einen Vorschlag für deren Interpretation. jb

 


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