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WelternährungDie Klimakrise verschärft die Nahrungskrise und umgekehrt

Verendete Zebus in der ausgetrockneten Steppe in Ost-Afrika
Auf der einen Seite der Welt gibt es billiges Fleisch aus Tierfabriken im Überfluss und die Menschen werden immer fetter und kränker, auf der anderen Seite hat der menschengemachte Klimawandel bereits Spuren der Verwüstung hinterlassen, Dürre und Hunger sind die Folge, Tiere und Menschen verhungern. (Foto:  Oxfam East Africa / Wikimedia Commons / CC BY 2.0)

Bis 2050 könnte die Hälfte der Weltbevölkerung übergewichtig sein und gleichzeitig 500 Millionen Menschen hungern. Ein tiefgreifender Wandel in der globalen Verteilung aber auch Verschwendung von Nahrungsmitteln sowie im Agrarsystem ist notwendig.

26.11.2020 – Ein Teil unserer Welt hungert, der andere Teil der Welt ist übersättigt. Hilfsorganisationen warnen, dass infolge der Corona-Pandemie und deren wirtschaftlichen Auswirkungen, aber auch infolge der Klimakrise weitere Millionen von Menschen in den kommenden Jahren an Hunger leiden oder sterben werden.

Eine neue Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zeigt die Folgen der Umstellung globaler Ernährungsgewohnheiten über Jahrzehnte – von spärlichen, auf Stärke basierenden Mahlzeiten hin zu tierischen Produkten und zunehmend verarbeiteten Lebensmitteln. Die Kluft zwischen den Extremen werde sich vergrößern, wenn es genauso wie bislang weitergeht, während gleichzeitig Lebensmittelverschwendung und der Druck auf die Umwelt zunehmen, so das Fazit. Zudem wächst auch noch die globale Bevölkerungszahl.

Die Berechnungen der Forscher fassen Schätzungen für Unter- und Übergewicht, Ernährungszusammensetzung und Essensabfälle zusammen. Die Ergebnisse sind alarmierend: Bis 2050 könnten 45 Prozent der Weltbevölkerung übergewichtig und davon 16 Prozent fettleibig sein – im Vergleich zu etwa 29 und 9 Prozent im Jahr 2010. Gleichzeitig würden über 500 Millionen Menschen an Hunger und Untergewicht leiden.

Diese Entwicklung sei zum einen auf die unzureichende globale Verteilung von Nahrungsmitteln zurückzuführen sowie auf die Verlagerung der Ernährung von pflanzlicher, wenig verarbeiteter Ob Treibhausgase, Stickstoffverschmutzung oder Entwaldung: Wir gehen an die Belastungsgrenzen unseres Planeten – und darüber hinaus Kost hin zu unausgewogenen, hochverarbeiteten Speisen in den Industrieländern. Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte werden durch tierisches Eiweiß, Zucker und Fett verdrängt, erläutert Benjamin Bodirsky vom PIK, Hauptautor der in Scientific Reports veröffentlichten Studie.

„Die zunehmende Verschwendung von Nahrungsmitteln und der steigende Konsum von tierischem Eiweiß führen dazu, dass wir die Umweltfolgen unseres Agrarsystems nicht mehr beherrschen können“, warnt Bodirsky. „Ob Treibhausgase, Stickstoffverschmutzung oder Entwaldung: Wir gehen an die Belastungsgrenzen unseres Planeten – und darüber hinaus.“

Agrarsystem muss sich ändern - überall

Unser Ernährungssystem verursacht fast ein Drittel der globalen Treibhausgasemissionen, stellen die Studienautoren fest. Acker- und Weideland für die Nahrungsmittelerzeugung bedecken rund ein Drittel der globalen Landfläche. Wenn es so weitergeht wie bisher, würde die weltweite Nachfrage nach Nahrungsmitteln zwischen 2010 und 2050 um etwa 50 Prozent steigen, und die Nachfrage nach tierischen Produkten wie Fleisch und Milch wird sich ungefähr verdoppeln – eine Entwicklung, die immer noch mehr Land erfordern würde.

„Mit der gleichen Landfläche könnten wir aber viel mehr pflanzliche Nahrungsmittel für den Menschen produzieren als tierische“, sagt Ko-Autor Alexander Popp, Leiter der Forschungsgruppe Landnutzungsmanagement am PIK. „Einfach gesagt: Wenn immer mehr Menschen immer mehr Fleisch essen, gibt es weniger pflanzliche Nahrung für die anderen – und wir brauchen mehr Land für die Nahrungsmittelproduktion, was dazu führen kann, dass Wälder abgeholzt werden.“ Die vermehrte Tierhaltung erhöhe in der Folge wiederum die CO2-Emissionen. Ein klimapolitischer Teufelskreis.

Die einen hungern und werden krank, die anderen essen sich krank

Ungesunde Ernährung sei das weltweit größte Gesundheitsrisiko, sagt Ko-Autorin Sabine Gabrysch, Leiterin der Forschungsabteilung Klimaresilienz am PIK. „Viele Länder in Asien und Afrika kämpfen derzeit noch mit Unterernährung und den damit verbundenen Gesundheitsproblemen.“ Doch gleichzeitig seien sie zunehmend auch mit Übergewicht und in der Folge mit einer steigenden Belastung durch Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs konfrontiert – zumindest die wohlhabendere Schicht, die sich ebenso wie in den Industrieländern von einer natürlichen und gesunden Ernährung entfernt.

Nicht nur eine gerechtere Verteilung sei also notwendig, sondern auch eine bessere Bildung und Information. Die neue Studie biete hier wertvolle Orientierung über den möglichen Entwicklungspfad verschiedener Länder und Regionen – und könne auch die dringend benötigte proaktive Politik hin zu einer nachhaltigen und gesunden Ernährung befördern. „Was wir essen ist von entscheidender Bedeutung“, meint Gabrysch, „sowohl für unsere eigene Gesundheit als auch für die unseres Planeten.“ na


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