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AgrarwendeKlimaschädliche Subventionen in der Landwirtschaft

München Bauernproteste
Bauern protestieren gegen den Wegfall von Subventionen. Statt klimaschädliche Landnutzung weiter zu fördern, sollten Anreize für Nachhaltigkeit gesetzt werden, fordert eine Studie von Greenpeace (Bild: H-stt / CC BY-SA 4.0 / via Wikimedia Commons).

Landwirte protestieren gegen den Abbau klimaschädlicher Förderungen. Der Wegfall würde wohl nur wenige Betriebe gefährden. Doch grundsätzlich müssen Subventionen in der Landwirtschaft umgelenkt werden, hin zu klimafreundlichen Praktiken.

10.01.2024 – Die Medien sind voll von Berichten über protestierende Bauern auf Traktoren, vor dem Brandenburger Tor, auf blockierten Straßen, und drohend vor der anlegenden Fähre von Minister Robert Habeck.

Die Landwirte stellen sich gegen geplante Subventionskürzungen im Agrarsektor. Diese betreffen die Rabatte für Agrardiesel und KfZ-Steuerbefreiung, die ursprünglich umgehend abgeschafft werden sollten. Nach heftigem Gegenwind auf die kurzfristige Veröffentlichung nahm die Regierung diese allerdings teilweise zurück. Die Subvention für Agrardiesel soll nun 2024 um rund 40 Prozent sinken und dann bis 2026 vollständig abgebaut werden. Die KfZ-Steuerbefreiung für Agrarfahrzeuge bleibt bestehen.

Gefühlte Existenzbedrohung, reale Zukunftsangst

Obwohl mit dem Kompromiss bereits die Hälfte der Kürzungen vollständig zurückgenommen und die andere gestreckt wurde, riefen Bauernverbände zu einer Woche von Großdemonstrationen auf. Subventionskürzungen seien existenzgefährdend und brächten besonders kleinere Betriebe an den Rand des Ruins.

Agrarexperten sind anderer Meinung. „Die jetzt geplanten Streichungen sind weder für größere noch für kleinere Betriebe existenzgefährdend“, widerspricht Alfons Balmann, Professor und Direktor am Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien in Halle an der Saale.

Auch Bernhard Brümmer, Professor für Landwirtschaftliche Marktlehre an der Georg-August-Universität Göttingen sieht die Betriebe nicht bedroht. Die Kürzungen seien zwar schmerzhaft, eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz sei daraus aber nicht abzuleiten. Die Höhe der Agrardieselsubventionen steige zudem mit der Größe des Betriebs. „Es sind also nicht die kleinen Betriebe, die überproportional betroffen sind.“

In den heftigen Protesten sieht er die Gesamtstimmung unter Landwirten widergespiegelt. Obwohl im letzten Jahr in dem Sektor Rekordgewinne eingebracht wurden, fühlten sich Landwirte durch zunehmende Regulierung und damit verbundenem Bürokratieaufwand eingeengt. Hinzu komme eine ungewisse Zukunft: Fast die Hälfte der Hofbetreiber in Deutschland seien über 55 Jahre alt. „Die potenziellen Hofnachfolger fragen sich, ob die Landwirtschaft eine ausreichende Zukunftsperspektive bietet – auch vor dem Hintergrund, dass die Übernahme eines Hofes in der Regel mit erheblichen Investitionen verbunden ist“, meint Brümmer.

Falsche Anreize etabliert

Hohe Subventionen aus Flächenbeihilfen, Steuerbegünstigungen und Subventionen sind in der Landwirtschaft über Jahrzehnte zum Teil des Geschäftsmodells geworden. „All diese Begünstigungen sorgen zum einen dafür, dass museumsartige Strukturen konserviert werden und zugleich ein teilweise extremer Wettbewerb um landwirtschaftliche Flächen herrscht, der die Entwicklung hin zu wettbewerbsfähigeren Betrieben hemmt. Zum anderen bedingen diese Begünstigungen, dass kaum Mittel für eine umweltfreundlichere Landwirtschaft vorhanden sind“, erklärt Balmann. So würde eine Streichung von Subventionen grundsätzlich Anreize setzen, stärker auf den Dieselverbrauch zu achten. „Das betrifft sowohl die Bewirtschaftungsintensität als auch die Art der Bewirtschaftung sowie die Auswahl der Feldfrüchte. Jeder eingesparte Liter Diesel würde den Wegfall der Dieselbeihilfe für acht Liter kompensieren.“

In einer aktuellen Studie analysiert das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag von Greenpeace die Subventionen im Agrarsektor. Dabei zeigt sich, dass die Bundesregierung und die EU umweltschädliche Praktiken in der deutschen Landwirtschaft jährlich mit rund sechs Milliarden Euro subventionieren.

Nachhaltige Landnutzung fördern

In Deutschland verursacht die Planzen- und Viehwirtschaft mehr als 12 Prozent aller direkt erzeugter Treibhausgasemissionen. „Damit der Umbau vorankommt, darf die Bundesregierung nicht länger die Nutzung fossiler Kraftstoffe oder klimaschädlichen Fleisch- und Milchkonsum mit Steuersubventionen fördern”, sagt Matthias Lambrecht, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. “Stattdessen sollte die Regierung ökologisch wirtschaftende Erzeuger gezielt unterstützen und zu mehr Konsum klima- und umweltverträglich erzeugter Lebensmittel anregen.“

In der Studie wird aufgezeigt, wie klimaschädliche Subventionen abgebaut und Umwelt- und Klimaschutz in der Landwirtschaft gefördert werden kann. Vorgeschlagen wird unter anderem, die Mehrwertsteuer auf pflanzliche Lebensmittel auf null zu senken.

Auch im Bodenatlas 2024 der Heinrich Böll Stiftung wird betont, dass nur eine umwelt- und klimafreundliche Landwirtschaft nachhaltig den Erhalt unserer Lebens- und Ernährungsgrundlage sichern kann. Dafür müssen dringend Strategien einer nachhaltigen Landnutzung eingeführt werden. jb

 


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