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KlimaforschungStruktur bebauter Flächen als Indikator für Emissionen

Luftbild Häusermeer Berlin mit Bahnhof Frankfurter Allee
Die Struktur bebauter Flächen ist ein wichtiger Indikator für Berechnungen von Klima-Effekten. Ganz allgemein gilt: Den Bodenverbrauch einschränken hilft dem Klimaschutz. (Foto: Wikimedian auf Wikimedia / CC BY-SA 4.0)

Bauliche Strukturen sind für die Vorhersage des Klima-Effekts etwa gleich wichtig wie das Bruttoinlandsprodukt. Forscher haben Indikatoren zur Beurteilung von Siedlungen und Straßen entwickelt, die genauere Klima-Szenarien ermöglichen.

10.10.2023 – Gebaute Strukturen wie Siedlungen oder Straßen korrelieren mit dem Pro-Kopf-Energiebedarf und CO2-Emissionen – das dürfte niemand verwundern. Doch das Wissen über die baulichen Strukturen kann darüber hinaus sehr wertvoll sein, um die notwendigen nationalen Klimaschutzmaßnahmen zielgenauer zu dimensionieren. Bisher war es mangels geeigneter Indikatoren nicht möglich, die Rolle gebauter Strukturen in Klimaszenarien genauer zu bestimmen. Diese Lücke hat jetzt eine empirische Studie geschlossen.

Für 113 Länder wurde untersucht, wie genau die Muster von baulichen Strukturen mit Energieverbrauch und CO2-Ausstoß korrelieren. Die Leitung der Studie lag bei der Universität für Bodenkultur Wien, das Berliner Klimaforschungsinstitut MCC war ebenfalls beteiligt. Die wissenschaftliche Diskussion zur Modellierung von Emissionen konzentrierte sich bisher auf andere Determinanten, vor allem das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Die Studie stellt nun fest: Gebaute Strukturen sind für die Vorhersage des Klima-Effekts etwa gleich wichtig wie das BIP.

„Dies ist plausibel, da Straßen, Autobahnen, Parkplätze und Gebäude für ihren Bau und ihre Nutzung Energie benötigen, was in unseren von fossilen Brennstoffen dominierten Energiesystemen zu hohen CO2-Emissionen führt“, erläutert Felix Creutzig, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Landnutzung, Infrastruktur und Transport und ein Co-Autor der Studie. „Zusätzlich bebaute Fläche bedeutet auch eine größere beheizte oder gekühlte Fläche in Gebäuden und längere Entfernungen zwischen den Zielen, was den Energiebedarf in Gebäuden und im Verkehr erhöht.“

Die Analyse bedeutet, dass die Erkenntnisse aus Studien über Städte im Allgemeinen auch auf nationaler Ebene gelten. Die entwickelten 16 Indikatoren haben zudem eine erhebliche zusätzliche Erklärungs- und Vorhersagekraft gegenüber herkömmlichen Faktoren. Sie können dazu beitragen, wesentlich stärkere Modelle für Energieeinsatz und CO2-Emissionen auf nationaler Ebene zu entwickeln, als dies bisher möglich war. Damit wird es der Forschung ermöglicht, ihre Fähigkeiten zur Analyse und Modellierung von Szenarien zu erweitern: Sie kann Muster von gebauten Strukturen als entscheidende Faktoren einbeziehen, wenn es um die Frage einer möglichen Entkopplung von Energienutzung und Emissionen vom BIP oder vom gesellschaftlichen Wohlergehen geht.

Die Studie zeigt auch, dass Ausmaß und Muster gebauter Strukturen die Unterschiede zwischen Ländern bei Energienachfrage und CO2-Emissionen stark beeinflussen. Hingegen spielt die Bevölkerungsdichte eine geringere Rolle als bisher angenommen. Der Indikator mit der stärksten und konsistentesten Vorhersagekraft über alle Analysen hinweg ist die bebaute Fläche pro Kopf, die sich in den meisten statistischen Analysen als die zweitwichtigste Variable nach dem BIP herausstellt. Dies gilt auch in Analysen, die den BIP-Effekt berücksichtigen. Den Bodenverbrauch eindämmen ist den Forschern zufolge ein zentrales Element erfolgreicher Klimaschutzstrategien.

Diese Erkenntnis ist nicht neu, wird aber immer wieder von der Politik ignoriert. 55 Hektar betrug im Jahr 2021 die tägliche Ausweitung der Siedlungs- und Verkehrsflächen in Deutschland.  Wird der Flächenfraß nicht beendet, ist auch die Klimapolitik machtlos – mehr Gebäude und Verkehrswege sind eine Quelle von mehr Emissionen und torpedieren Klimaschutzmaßnahmen.  pf


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