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KlimakriseTausende Wissenschaftler warnen vor dem Klima-Notfall

Schild bei Demo mit Aufschrift Scientists for Future
Erst mit der jungen Fridays-for-Future-Bewegung haben viele Wissenschaftler realisiert, dass sie auch politische Verantwortung übernehmen müssen um ihr Wissen im Kampf gegen die Klimakrise effektiv einzusetzen. (Foto: Pexels / Free Licence)

Eine Gruppe von Forschern hat weltweit untersucht, was die einzelnen Staaten für mehr Klimaschutz unternehmen. Das ist alles viel zu wenig. Anhand der ernüchternden Faktenlage warnen die Wissenschaftler vor einer wenig lebenswerten Zukunft.

07.11.2019 – Ein Forscherteam hat die Klimaschutzpläne der Staaten weltweit unter die Lupe genommen. Fazit ihres Berichts, den die US-Umweltschutzorganisation Universal Ecological Fund veröffentlicht hat: Die geplanten Maßnahmen in den meisten Ländern werden nicht ausreichen, um die Klimaerwärmung noch rechtzeitig zu bremsen. Rund drei Viertel der 184 von den Ländern eingereichten Zusagen zum Einsparen von Treibhausgasen wären nicht ehrgeizig genug. Lediglich die 28 EU-Staaten gemeinsam und sieben weitere Länder – dazu zählen Island, Liechtenstein, Monaco, Norwegen, Moldawien, die Schweiz und die Ukraine als Länder, deren Zusagen zum jetzigen Zeitpunkt ausreichen – liegen laut Studie auf Kurs zu dem vereinbarten Ziel, die Treibhausgasemission bis zum Jahr 2030 um mindestens 40 Prozent zu reduzieren.

Die Zusagen seien zu wenig und zu spät, kommentierte Co-Autor Robert Watson, der bis 2002 im Vorstand des Weltklimarats saß, den Bericht „Sogar wenn alle freiwilligen Klima-Zusagen voll umgesetzt werden, erreichen sie nur die Hälfte dessen, was notwendig ist, um die Beschleunigung des Klimawandels im nächsten Jahrzehnt zu begrenzen.“

Es ist eigentlich nicht neu, dass die nationalen Klimaschutzpläne in der Summe nicht ausreichen, um den Klimawandel einzudämmen. Sie sollten daher – so war es vereinbart – im Fünf-Jahres-Rhythmus nachjustiert werden. 2020 sollen denn auch neue Pläne auf den Tisch. Die nächste Klimakonferenz tagt im Dezember in Madrid. Erfahrungsgemäß folgen jedoch nach diesen wiederholten Treffen kaum Taten.

Wissenschaftler sehen sich in der moralischen Pflicht

Weltweit warnen deshalb parallel zur Studie über 11.000 Wissenschaftler in einer gemeinsamen Erklärung im Fachmagazin Bioscience vor einem Klima-Notfall – das machen die erhobenen Daten klar. Werden die Treibhausgasemissionen weltweit nicht schneller begrenzt, drohe der Menschheit „unsägliches Leid“, so die beunruhigende Prognose der Wissenschaftler. Sie sähen sich in der moralischen Pflicht, ihre Mitmenschen vor einer solchen katastrophalen Bedrohung zu warnen. Würden die Staaten nicht mehr für den Klimaschutz unternehmen als bisher, läge der Anstieg bereits Ende dieses Jahrhunderts wohl bei über drei Grad.

Vier Nationen produzieren zusammen über die Hälfte der weltweiten Treibhausgase: Das sind laut Bericht China, Indien, die USA und Russland. China als das bevölkerungsreichste Land habe dabei einen Anteil von 27 Prozent – Tendenz steigend, vor allem wegen des noch anhaltenden Wirtschaftswachstums. Die US-Regierung hat sich nun offiziell von den Klimazielen verabschiedet und ihre Kündigung für das Pariser Klimaabkommen in dieser Woche eingereicht. Russland sei zwar formell dem Abkommen beigetreten, habe bislang aber keine Pläne vorgelegt.

Es gibt wenig Hoffnung, außer man tut was

Die Forscher fordern daher einschneidende Veränderungen: Dazu gehöre der schnellere Umstieg auf Erneuerbare Energien bei der weltweiten Energieversorgung, einhergehend mit einer Reduzierung klimaschädlicher Emissionen wie Methan und Ruß. Ökosysteme wie Wälder und Moore müssen vorrangig geschützt werden, die Landwirtschaft muss ökologischer werden – es dürfen weniger tierische Produkte konsumiert werden. Ohne eine nachhaltige Veränderung der Weltwirtschaft wird es nicht gehen und auch eine Eindämmung des Anwachsens der Weltbevölkerung wäre notwendig – aktuell werden rund 200.000 Menschen täglich geboren. Demographie und Geburtenregelung seien ein heikles Thema, so die Forscher, müssten aber Teil des Klimaschutz-Diskurses sein.

Der Klimawandel beschleunige sich schneller als erwartet, sagen die Wissenschaftler. Vor allem, weil viele Fakten und Erkenntnisse schlicht ignoriert wurden. Obwohl Klimaerwärmung und schädliche Emissionen bereits seit 40 Jahren bekannt wären, habe man weiter gemacht wie vorher und habe diese Krise nicht angegangen, bekennen die Wissenschaftler und nehmen sich dabei auch selbst in die Kritik, ihre Erkenntnisse nicht politisch eingebracht zu haben. Viele Klimaverhandlungen hätten zu nichts geführt. Die Wissenschaftler sehen sich jetzt in der moralischen Pflicht, sich aktiv einzumischen. na


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