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Die Meinung
04. November 2022

Der Staat als Marktakteur?

Besser als eine aktive Rolle des Staates als Stromerzeuger wäre, engagierten Bürgern, Gemeinden und den mittelständischen Energieexperten mehr Möglichkeiten einzuräumen, ihr Engagement und ihre Fähigkeiten einzusetzen.

Dr. Thomas E. Banning, Geschäftsführer der NaturEnergy KGaA

Dr. Thomas E. Banning, Geschäftsführer der NaturEnergy KGaA
Dr. Thomas E. Banning, Geschäftsführer der NaturEnergy KGaA
Foto: NATURSTROM AG

Die Politiker Thorsten Glauber, bayerischer Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz (Freie Wähler), und Ludwig Hartmann, Ko-Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bayerischen Landtag, haben jüngst in seltener parteiübergreifender Einigkeit eine aktive Rolle des Staates als Stromerzeuger eingefordert. Glauber ging es um die Übernahme der Wasserkraftkapazitäten von Uniper im Freistaat und Hartmann wünscht, dass der Staat selbst Windenergieanlagen im Staatswald baut und betreibt.

Nicht zu Ende gedacht

Die Vorschläge waren sicherlich gut gemeint, aber sie sind nicht zu Ende gedacht. Warum sollte ein Bundesland, das über keinerlei personelle, technische und ökonomische Kompetenzen im Energieerzeugungsmarkt verfügt, Erneuerbare-Energien-Anlagen besser betreiben können als die zahlreichen Unternehmen, deren Geschäftszweck genau hierin besteht? Ich finde hierauf keine Antwort.

Zudem würde eine solche unternehmerische Tätigkeit des Staates die grundsätzliche Rollenverteilung unseres Wirtschaftssystems konterkarieren. Der Staat würde in direkte Konkurrenz zu etablierten wie neuen Unternehmen treten und aufgrund seiner Wettbewerbsvorteile bei der Investition in Erzeugungsanlagen auf landeseigenen Flächen die Geschäfts- und Entwicklungschancen dieser Unternehmen massiv beschneiden.

Auch Folgefragen, etwa wer den erzeugten Strom dann nutzen kann oder mit welchen Geschäftspartnern dafür zusammengearbeitet wird, können nicht beantwortet werden, ohne das Neutralitätsgebot des Staates klar zu verletzen.

Menschen vor Ort Spielraum geben

Deutschland hat sich sehr bewusst für eine freiheitliche und soziale Marktwirtschaft entschieden – und eben nicht für einen Staatskapitalismus. Verstaatlichungen von Unternehmen oder Erzeugungskapazitäten können im absoluten Not- und Einzelfall wie etwa jetzt beim Gasimporteur Uniper sinnvoll sein, sollten aber auf ein absolutes Minimum beschränkt bleiben und nach Abwenden einer Notlage wieder rückgängig gemacht werden.

Die Energiewende und gerade der Ausbau Erneuerbarer Energien benötigen neue Impulse. Es gibt aber längst eine Vielzahl von Akteuren, die motiviert und gut aufgestellt für eine beschleunigte Transformation der Energieversorgung bereitstehen. Neben zahlreichen innovativen Unternehmen, und hier möchte ich ausdrücklich auf den Mittelstand verweisen, sind dies nicht zuletzt Menschen vor Ort, die sich für eine zukunftsfähige Energieversorgung in ihren Kommunen und Regionen engagieren.

Initiativen und Projekten solcher Art, die bürgerschaftlichen Gemeinsinn und Unternehmertum im besten Sinne vereinen, würde mit einer dirigistischen Rolle des Staates in der Energieversorgung endgültig das Wasser abgegraben. Mehr Wind- und Solarenergie scheitert nicht am Interesse der Wirtschaftsakteure und Bürger, sondern an unzureichenden Rahmenbedingungen. Hier müssen Bund und Länder endlich deutlich aktiver werden.

Bürgerenergie für Bayern

Gerade für Bayern besteht dringender Handlungsbedarf: Angesichts des hohen Stromverbrauchs und der absehbaren Abschaltung großer konventioneller Erzeugungskapazitäten hat der Freistaat einen besonders hohen Bedarf an neuen Ökostrom-Kraftwerken - wobei sich die Staatsregierung durch besonders restriktive Investitionsbedingungen in den letzten Jahren selbst unter Zugzwang gebracht hat.

Dabei kann auch in Bayern die Energiewende in kurzer Zeit ein Erfolg werden. Dafür müssen endlich den engagierten Bürgern und Gemeinden, den Stadt- und Gemeindewerken und den mittelständischen Energieexperten wie der naturstrom AG mehr Möglichkeiten eingeräumt werden, ihr Engagement und ihre Fähigkeiten einzusetzen.

Der dezentralen Energieversorgung eine Chance geben

Wenn Vorstöße dafür gedacht waren, dass die Energieproduktion zukünftig nicht nur den großen international agierenden Energiekonzernen und Finanzinvestoren überlassen wird, die sich ja leider mit ihrer enormen Geldmacht in den Markt der Erneuerbaren Energien hineinkaufen und die mittelständischen Anbieter und die Bürgerenergie verdrängen, dann trifft die Zielsetzung auf meine volle Zustimmung.

Aber der gewählte Weg ist der falsche. Protagonisten einer dezentralen Energieversorgung müssen eine Chance erhalten, zügig in neue Wind- und Solaranlagen investieren zu können und gerne auch in die Wasserkraftwerke von Uniper in Bayern. Lassen wir es bei der guten und bewährten Arbeitsteilung von Staat und Wirtschaft – der Staat als übergreifender Regelsetzer und Ordnungshüter, die Unternehmen als investierende und wettbewerbliche Umsetzer.




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