Menü öffnen

Die Meinung
04. Juli 2022

Fahrrad und Bahn ersetzen (fast) jede Autofahrt

Der Verkehrssektor ist Klima-Sorgenkind. Seine Emissionen sind seit Jahren konstant hoch, die Dekarbonisierung ist überfällig. Ins Zentrum der Klima- und Verkehrswende gehören Fahrrad und Bahn – und zwar gemeinsam. Wie wir es schaffen können, dass jeder zweite Bahnkunde mit dem Rad zum Bahnhof kommt.

Alexander Rosenthal vom Bundesverband Zukunft Fahrrad

Alexander Rosenthal vom Bundesverband Zukunft Fahrrad
Ein Mann im schwarzen Jacket und kurzen dunklen Haaren
Bild: Zukunft Fahrrad

In Teilen Deutschlands herrscht ein Denkfehler vor: die gesetzliche Vorgabe, dass Deutschland seine Treibhausgas-Emissionen bis 2030 (im Vergleich zu 1990) um 65 Prozent senken und bis 2045 klimaneutral sein muss, bedeutet nicht: „Dieses Emissionsbudget MUSS auch bis auf die letzte Tonne ausgeschöpft werden.“ Ebenso heißt es nicht, dass wir bis 2029 herumwurschteln können und dann 2030 wie durch ein Wunder die Emissionsziele erreichen. Stattdessen gilt schon jetzt: wir müssen unsere Lebensgewohnheiten neu ausrichten. Aber vor allem müssen wir die notwendigen politischen und wirtschaftlichen Veränderungen einfordern.

Ein großes Sorgenkind des Klimaschutzes ist der Verkehrssektor. Seine Emissionen sind seit Jahren konstant hoch, die Dekarbonisierung ist überfällig. Ins Zentrum der Klima- und Verkehrswende gehören Fahrrad und Bahn – und zwar gemeinsam. Sie sind klimafreundlich (Bahnen) bis klimaneutral (Fahrrad) und energiesparend, was in Kriegszeiten zusätzliche Bedeutung gewonnen hat. Und sie haben Vorteile gegenüber dem Auto, unabhängig von dessen Elektrifizierung: Sie schaffen mehr Verkehrssicherheit, benötigen weniger Platz und machen pro Nutzer:in weniger Dreck und Lärm.

Denn das blechzentrierte Straßenbild in Deutschland ist ein riesiges Problem. Auf 100 Haushalte kommen 108 Autos mit steigender Tendenz. Aber so, wie dieses Bild das Ergebnis jahrzehntelanger Politik ist, lässt es sich auch politisch verändern. Warum nicht als Ziel ausgeben, den PKW-Bestand in Deutschland zu halbieren? Denn viele Menschen könnten eigentlich auf den eigenen PKW verzichten. Es gibt nur sehr wenige Strecken, die nicht mit Rad, Bahn oder einer Kombination von beidem zurückgelegt werden könnten.

Aber richtig ist, dass es einem bisher nicht einfach gemacht wird. Es fehlen Abstellplätze an Bahnhöfen, die Fahrradmitnahme ist teilweise nicht möglich und das Buchungssystem fürs Rad ist oft komplex, in jedem Fall aber von Tarifbereich zu Tarifbereich unterschiedlich. Von einer gemeinsamen Buchung von Bahnticket und Sharing-Fahrrad ganz zu schweigen. Und so ist es kein Wunder, dass in Deutschland nicht einmal jeder zehnte Bahnkunde mit dem Rad zum Zug kommt. Zum Vergleich: in den Niederlanden ist es fast jeder zweite.

Mit vielen engagierten Mitstreitern hat nun der Bundesverband Zukunft Fahrrad seit Anfang des Jahres die Köpfe zusammengesteckt und in einer gemeinsamen 'Brancheninitiative Fahrrad und Bahnen' Vorschläge für eine bessere Verknüpfung in fünf Bereichen gemacht:

  1. Bis 2030 benötigen wir 1 Millionen zusätzliche Fahrradparkplätze an Bahnhöfen.
  2. Sharing und Fahrradverleih gehören in viel mehr Kommunen.
  3. Wir brauchen (digitale) Lösungen, damit die Planung, Reservierung und der Kauf von Tickets für Radfahrer:innen lückenlos funktioniert. Dazu gehört es, dass ich mit den Zugtickets auch die Miete für meinen Stellplatz im Fahrradparkhaus oder fürs Fahrrad-Sharing am Zielort mitbuchen kann.
  4. Einfache und einheitlichere Tarife für die Fahrradmitnahme und bessere Informationen über Mitnahmeregelungen und die voraussichtliche Auslastung gehören dazu.
  5. Last but definitely not least: wir benötigen viel mehr Kapazitäten für die Fahrradmitnahme!

Die Aufgabe ist groß und die Zeit drängt. Wir müssen jetzt die Entscheidungen treffen, damit die Maßnahmen bis 2030 umgesetzt werden. Das Konzept ist nun da, der erste Schritt ist getan.

Wer mehr über die Initiative und die Vorschläge lesen möchte, hier entlang: zukunft-fahrrad.org/brancheninitiative-fahrrad-und-bahnen/




Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft