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Die Meinung
15. Mai 2023

Heizen mit Biomasse und Biogas: Nur in absoluten Ausnahmefällen sinnvoll

Anders als Wärmepumpen und Wärmenetze sind Heizungen auf Basis von Biomasse nur äußerst begrenzt nachhaltig einsetzbar. Im Gebäudeenergiegesetz müssen sie deshalb als das abgebildet werden, was sie wirklich sind: Nischenanwendungen für Bestandsgebäude.

Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe e.V.

Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe e.V.
Foto: DUH/Stefan Wieland

Angesichts der Importabhängigkeiten bei fossilen Energieträgern wie Gas und Öl und dem kontinuierlichen Verfehlen der Klimaziele des Gebäudebereichs muss die Dekarbonisierung der Wärme endlich mit Hochdruck vorangebracht werden. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG), welches regeln soll, dass ab 2024 nur noch Heizungen eingebaut werden sollen, die zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden, ist daher von überragender Bedeutung. Es muss unter Berücksichtigung sozialer Härten zügig verabschiedet werden und dem raschen Zubau von Wärmepumpen und Anschlüsse an klimafreundliche Wärmenetze ab dem nächsten Jahr den Weg ebnen.

Immerhin berücksichtigt der derzeit stark diskutierte Kabinettsbeschluss des Gesetzes zu Teilen die Sonderrolle, die der Biomasse aufgrund ihrer äußerst begrenzten nachhaltigen Potenziale zukommt. So sollen Heizungen, die Holz oder andere biogene Festbrennstoffe verbrennen nur in Kombination mit einer Solaranlage und einem Pufferspeicher eingebaut werden und weder Holzheizungen noch biogene Gasheizungen eine Erfüllungsoption im Neubau darstellen. Beide Maßnahmen sind angesichts des dramatischen Waldzustandes sowie der Favorisierung von Biogasanlagen zur flexiblen Strombereitstellung absolut nachvollziehbar. Extrem beunruhigend ist daher der Ruf nach immer weitreichenderen Ausnahmen und Einsatzmöglichkeiten von biogenen Gasen und Holzheizungen – zumal Biomasse nach aktueller Beschlusslage selbst im Neubau weiterhin in Hybridsystemen mit Wärmepumpen und in Wärmenetzen zum Einsatz kommen kann.

Biogene Gase sind knapp und teuer

Vielmehr müssen biogene Gase klar als nachrangige Heizungsoption kommuniziert werden, denn eine Gleichstellung mit Wärmepumpen und anderen erneuerbaren Energieträgern hinkt gleich an mehreren Stellen. Zunächst einmal entsteht Wärme aus Biogas lediglich als Koppelprodukt bei der Vor-Ort- Stromerzeugung und ist entsprechend rar. Zwar sollte eine verstärkte Nutzung der ausgekoppelten Wärme unbedingt angestrebt werden. Da jedoch bei vielen Biogasanlagen die Anschlüsse an Wärmenetze zu weit entfernt liegen und weitere ökonomische Hindernisse bestehen, lässt sich die gasbasierte Wärmeerzeugung durch Biogasanlagen allenfalls geringfügig ausweiten.

Auch der Hype um Biomethan ist nicht mehr als eine Nebelkerze. Von ca. 9.000 Biogasanlagen bereiten derzeit nur ca. 240 Anlagen das Biogas zu Biomethan auf und speisen es in Gasnetze ein. Dort wird es mit einem entsprechenden „Qualitätsaufschlag“ teuer weiterverkauft. Noch mehr als in Biogasanlagen werden in größeren Biomethananlagen Energiepflanzen verwendet, allein auf Mais ist mehr als die Hälfte der Energiebereitstellung zurückzuführen. Nachhaltig ist eine Ausweitung dessen angesichts des bereits hohen Flächendrucks und den negativen Folgen von Landnutzungsänderungen sicherlich nicht.

Statt also im Zuge der GEG-Diskussion biogene Gase als Allheilmittel darzustellen, sollten wir uns mehr mit dem Umstieg von Energiepflanzen auf nachhaltige Substrate beschäftigen, die einen Mehrwert für den Landnutzungsbereich kreieren. Konkret heißt das raus aus dem noch immer viel zu starken Einsatz von Getreidekorn und Mais mittels eines degressiven Maisdeckels und hin zu stofflich nicht verwendbaren Rest- und Abfallstoffen. Diese knapp verfügbaren und saisonalen Schwankungen unterworfenen Ressourcen sollten jedoch nicht primär zur Wärmeerzeugung genutzt werden, sondern in hochflexiblen Biogasanlagen Strom zu Spitzenlastzeiten erzeugen und damit systemdienlich die fluktuierende Stromeinspeisung durch Wind- und Solaranlagen ausgleichen.

Holz wird bereits übernutzt und muss klar begrenzt werden

Auch Heizungen auf Basis von Holz in Form von Scheitholz, Pellets oder Hackschnitzeln sind nicht als grundsätzliche Erfüllungsoption für Gebäudeheizungen geeignet. Schon heute wird ein Drittel der Holzernte direkt energetisch genutzt, seit 1990 hat sich die Menge an Holz für die Erzeugung von Strom und Wärme mehr als verdreifacht. Angesicht des katastrophalen Waldzustandes und der Notwendigkeit, Holz mehr und vor allem länger und kaskadenartig stofflich zu nutzen, ist dies eine fatale Entwicklung in die komplett falsche Richtung.

Dabei steht die Verbrennung von Holz der Dekarbonisierung grundsätzlich im Wege, denn Holz ist ein kohlenstoffhaltiger Energieträger. Bei seiner Verbrennung werden klimawirksame Stoffe freigesetzt, neben Kohlenstoff dabei auch Ruß, dass über 20 Jahre ein Treibhausgaspotenzial besitzt, welches bis zu 3.200-mal so hoch ist wie das von CO2. Die Hoffnung, dass zeitnah genügend Holzmengen nachwachsen, um diese enorme Kohlenstoffschuld auszugleichen ist angesichts der voranschreitenden Erderhitzung und immer näher rückenden Überschreitung einzelner Kipppunkte im Klimasystem mehr als ungewiss.

Anreize zur Holzverbrennung wie etwa durch entsprechende Anpassungen im GEG und seinen Förderinstrumenten sind verantwortlich dafür, dass die Nachfrage nach Holz zur energetischen Nutzung weiter zunimmt. Sie nehmen somit eine fahrlässige Übernutzung der Wälder billigend in Kauf, obwohl dies zu mehr CO2-Emissionen durch mehr Verbrennung, einer Verringerung der Speicherfähigkeit der Kohlenstoffsenke Wald und zunehmender Luftverschmutzung führt. Solche gesundheits-, umwelt- und klimaschädlichen Lock-ins müssen im Jahr 2023 und damit fast 20 Jahren von Erreichung der Klimaneutralität Deutschlands unbedingt vermieden werden. Die geplante Gleichstellung von Biomasse-Heizungen in der neu vorgestellten flankierenden Förderrichtlinie sollte vor diesem Hintergrund auf jeden Fall rückgängig gemacht werden.

Bürger:innen klare Pfade zum klimaneutralen Gebäudebestand aufzeigen

Im Lichte der enormen Verunsicherung im Wärmesektor müssen politische Konzepte Verbraucher:innen klare Handlungsoptionen zur Zielerreichung eines klimaneutralen Gebäudebestandes aufzeigen. Hier fällt der gegenwärtige Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes zu kurz und droht weiter aufgeweicht zu werden. Ein unkommentiertes Nebeneinanderstellen mehrerer Erfüllungsoptionen spiegelt leider nicht die tatsächliche Verfügbarkeit und Eignung dieser Optionen wieder. Vielmehr verbergen sich hinter einzelnen der angebotenen „Lösungsoptionen“ wie Biomasse und biogenen Gasen massive Risiken für den Erfolg der Wärmewende in Deutschland.

Im Rahmen der GEG-Novellierung ist eine klare Priorisierung von Wärmepumpen und klimafreundlichen Wärmenetzen sowie Energieeffizienzmaßnahmen nötig. Biomasseheizungen sollten lediglich in Ausnahmefällen in Bestandsgebäuden eine Option darstellen und mit entsprechenden Nachhaltigkeits- und Luftreinhalteanforderungen versehen sein. Das eigens vom BMWK in Auftrag gegebene Gutachten Gebäudestrategie Klimaneutralität 2045 präsentiert dazu eine Reihe von sinnvollen Handlungsempfehlungen. Die Abgeordneten des Bundestages tun gut daran, sich daran zu orientieren. Denn die im Koalitionsvertrag versprochene nachhaltige Zukunft der Bioenergie sollte sich nicht nur der derzeit in Arbeit befindlichen nationalen Biomassestrategie (NABIS), sondern auch in der Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes und damit einhergehenden Förderkonzepten widerspiegeln.




Kommentare

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Lämmermann 16.05.2023, 11:15:34

Heimisches Holz, wichtig sind die kurzen Wege und auch die Wertschöpfung vor Ort, ist nachhaltig. Es wird maximal nur soviel genutzt wie nachwächst. Für stabile Wälder braucht es die Durchforstung. Das ganze anfallende Holz im Wald verrotten zu lassen ist weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll. Leider ist der Bericht weder Bürgernah noch hat es Zukunft Kohle zu verstromen.. Der benötigte Strom kann doch gar nicht in den bereits überkasteten Stromnetze eingespeist werden. Ich habe eine PV-anlage, Hackschnitzelheizung und bin an einen Nahèärmenetz angeschlossen. betreiben aktiv und umweltschonend Waldumbau hin zum Dauerwald. Leider ist der Bericht von Theoretiker verfasst. Keine Ahnung von der Oraxis


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