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Die Meinung
03. April 2023

Solarparks sind der Zubau-Booster in den 2020er Jahren

Die Photovoltaik-Strategie des Wirtschaftsministers setzt an den richtigen Hebeln an, zieht aber noch nicht alle Register. Stromvermarktungsverträge (PPA) erleichtern die Finanzierung von Solarparks, sollten deshalb nicht von verpflichtenden Differenzverträgen verdrängt werden.

Bernhard Strohmayer ist Leiter Erneuerbare Energien beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne)

Bernhard Strohmayer ist Leiter Erneuerbare Energien beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne)
Foto: bne

Das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium legt mit der Photovoltaik-Strategie die Hebel auf Beschleunigung um, aber noch bleibt die Strategie unter ihren Möglichkeiten. Nötig ist eine Verdreifachung des bisherigen Ausbaus auf jährlich 22 Gigawatt, um die EEG-Ziele für 2030 zu erreichen. Solarparks leisten dafür einen entscheidenden Beitrag. Daher müssen jetzt alle Register gezogen werden, um Solarparks schnell und breit akzeptiert auszubauen. Der von der Bundesregierung vorgesehene jährliche Ausbau von 11 Gigawatt bei Solarparks ist absolut realistisch. Wir gehen davon aus, dass mit den passenden Rahmenbedingungen sogar ein deutlich höherer zweistelliger Gigawatt-Bereich erreicht werden könnte. Schon heute ist weitaus mehr als der nach dem EEG vorgesehene Ausbaupfad für 2023/2024 in laufenden Genehmigungsverfahren.

Biodiversitäts-PV bringt Gigawatt ins System – und stärkt die Artenvielfalt  

Das Ministerium setzt größtenteils an den richtigen Hebeln an: Vorgeschlagen wird unter anderem ein Nutzungsrecht von Grundstücken für die Anschlussleitungen von Solarparks, eine Umwandlung der Länderöffnungsklausel bei benachteiligten Gebieten in eine Opt-Out-Regelung und – noch etwas vage – die Vereinfachung von Hofübergaben in Landwirtschaftsbetrieben mit Freiflächenanlagen. Das sind wichtige Enabler-Maßnahmen, die in den beiden angekündigten Solarpaketen in diesem Jahr Priorität haben müssen.

Damit Kommunen, Landwirtschaft und die Artenvielfalt profitieren, kommt es beim bevorstehenden PV-Turbo auf eine gute Planung von Solarparks an. Positiv ist daher, dass die PV-Strategie erstmals das Potenzial von Biodiversitäts-PV benennt. Biodiversitäts-PV ist die extensive Form der Agri-PV, denn Biodiversität entwickelt sich auf den Solarparkflächen nur, wenn Solarparks richtig geplant und Flächen extensiv bewirtschaftet werden, damit keine Brachen entstehen. Wir empfehlen: Schon im Solarpaket 1, also bis zum Sommer, sollte Biodiversitäts-PV im EEG definiert werden und im Segment 1 des EEG zuschlagsfähig werden, damit im Jahr 2024 erste Projekte vergeben werden könnten. 

Power Purchase Agreements als Treiber einer marktbasierten Energiewende stärken

Eine deutliche Leerstelle in der PV-Strategie sehen wir bei Power Purchase Agreements (PPAs), die ein zentraler Treiber für eine schnelle und marktbasierte Energiewende sind. Hier muss nachgesteuert werden. PPAs sind heute für fast jedes Solarparkprojekt essentiell – auch jenen mit Zuschlag in einer EEG-Ausschreibung. Das EEG-System übernimmt inzwischen nur noch die Absicherung eines Teils der kreditfinanzierten Baukosten.

Erst PPAs als Ergänzung zu Zuschlägen bewegen Banken zu günstigeren Zinsbedingungen und geringeren Eigenkapitalanforderungen. PPAs sind damit zur unverzichtbaren marktlichen Risikoabsicherung von Solarparks geworden. Diese Rolle sollte in der PV-Strategie anerkannt werden, um zu verhindern, dass PPAs durch neue Markteingriffe in den Strommarkt oder angepasste Maßnahmen im Fördersystem kaputtgemacht werden.

Verpflichtende Differenzverträge in den Ausschreibungen, wie von der EU-Kommission vorgeschlagen, würden die PPA-Vermarktung bezuschlagter Anlagen verhindern. Ohne die marktliche Absicherung über PPAs werden Projekte teurer. Für eine Abschöpfung in Form von Differenzverträgen in bestimmten Preisphasen würde man dauerhaft höhere Stromkosten in Kauf nehmen. Stattdessen wäre es wichtig, dass PPAs durch Bürgschaftsprogramme auch für mittelständische Unternehmen zugänglich werden.

Kommunen müssen weiterhin selbst über Solarparks vor Ort entscheiden können

Korrekturbedarf sehen wir auch bei einem weiteren Punkt: Die in der Solarstrategie vorgesehene Ausweitung der Außenbereichsprivilegierung von Solarparks im Baugesetzbuch wäre unserer Ansicht nach der falsche Weg. Denn dadurch könnten die Kommunen nicht mehr selbst über die Planung von Solarparks entscheiden, was der Akzeptanz vor Ort schadet.

Die erst Ende 2022 eingeführte Privilegierung sorgt schon jetzt für Ausbauverzögerungen und in einzelnen Projekten zum Planungsstopp in regulären Bebauungsplanverfahren. Dabei handelt es sich keinesfalls um kleine Mengen, die nun vollkommen unnötig Genehmigungsprobleme bekommen. Erste Kommunen haben sogar Planungsmoratorien erlassen. Anstelle einer weiteren Ausweitung der Privilegierung sollte besser das Bebauungsplanverfahren speziell für Solarparks vereinfacht und die Verfahrensfreiheit für Solarparks nach bayerischem Vorbild vorangetrieben werden. Demnach ist nach einem beschlossenen Bebauungsplan nicht noch zusätzlich eine Baugenehmigung erforderlich. Kommunen, die beim PV-Ausbau schneller sein wollen, würde dies damit so leicht wie möglich gemacht werden.  

Lösung bei der Hofübergabe-Problematik muss Priorität haben

Bei der Umsetzung der PV-Strategie müssen jetzt die richtigen Prioritäten gesetzt werden. In der Praxis werden Solarparks häufig durch ein Problem verhindert, das gar nicht energiewirtschaftlich gelöst werden kann, sondern eine Änderung im Steuerrecht erfordert. Nahezu alle Solarparks entstehen auf landwirtschaftlichen Flächen. Dabei ist es egal, ob sie innerhalb der EEG-Flächenkulisse, als Bürgersolarpark oder förderfreier PPA-Solarpark entstehen.

Die nötigen Flächen werden über Jahrzehnte für Solarparks genutzt, weshalb fast immer ein Generationenwechsel und damit eine Hofübergabe in den Landwirtschaftsbetrieben erfolgt. Das Problem: Solarparkflächen zehren die steuerliche Freigrenze der Landwirte für die Hofübergabe bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer auf, da sie wie Gewerbegebiete bewertet werden. Viele Landwirte zögern daher bei der Flächenbereitstellung. Eine der wichtigsten Maßnahmen ist daher die Zuordnung von Freiflächen mit PV-Anlagen zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen bei Hofübergaben. Diese Maßnahme darf nicht auf Agri-PV beschränkt sein, denn dies würde den weit überwiegenden Teil der Probleme nicht lösen. Der bne hat dazu einen konkreten Lösungsvorschlag vorgelegt.

Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft hat eine ausführliche Stellungnahme zur PV-Strategie des BMWK abgegeben.




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