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EU-UmweltministerVerbrenner-Verbot mit Hintertürchen

Solartankstelle für E-Autos
Das Verbrenner-Aus für Nutzfahrzeuge in der EU kommt. Der Ausbau der Infrastruktur für die schöne neue E-mobile Welt müsste dafür noch massiv an Tempo zulegen. (Foto: Ralphs_Fotos / Pixabay)

Die EU-Umweltminister haben das Verbrenner-Aus für Neuwagen bis 2035 beschlossen. E-Fuels als Kraftstoffe könnten aber noch zulässig bleiben. Dank FDP muss sich auch die deutsche Bundesregierung weiterhin mit dem Thema beschäftigen.

01.07.2022 – In der Europäischen Union sollen nach der Einigung der EU-Länder ab 2035 nur noch „klimaneutrale Neuwagen“ verkauft werden, so das Ergebnis der Umweltminister-Tagung am späten Dienstag-Abend. Die Flottengrenzwerte für Autos – Vorgaben für die Autoindustrie, wie viel CO₂ die Fahrzeuge im Betrieb emittieren dürfen – sollen dabei bis 2035 auf null gesenkt werden. Neuwagen mit Verbrennungsmotor könnten nach diesen Vorgaben nicht mehr verkauft werden.

Das Enddatum für klimaschädliche Verbrenner halten Umweltverbände für zu spät. „Wenn aus unserer Sicht auch fünf Jahre zu spät, sind 100 Prozent emissionsfreie Pkw 2035 ein wichtiges Signal“, kommentierte Antje von Broock, Geschäftsführerin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) den vorläufigen Kompromiss der EU-Länder. „Wir hätten uns aber ein noch klareres Bekenntnis zum batterieelektrischen Antrieb gewünscht.“ Ziel sollte nach Vorstellung des BUND sein, dass hierzulande bereits 2030 der letzte Verbrenner-Pkw zugelassen wird, auch um das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel von 15 Millionen batterieelektrischen Pkw bis 2030 zu erreichen. Den Konzernstrategien großer Automobilkonzerne wäre mit einer Verwässerung des Kommissionsvorschlags nicht gedient.

Nachdem die deutsche Umweltministerin Lemke im Vorfeld der Tagung angekündigt hatte, einem Verbrenner-Aus zustimmen zu wollen, warnte die Bundes-FDP und fordert, dass nach 2035 auch Verbrenner-Autos zugelassen werden können, die mit E-Fuels fahren, also synthetischen Kraftstoffen, die mit hohem Stromverbrauch aus Wasserstoff und CO2 in der Chemieindustrie hergestellt werden. „Verbrennungsmotoren mit CO₂-freien Kraftstoffen sollen als Technologie auch nach 2035 in allen Fahrzeugen möglich sein“, sagte Bundesfinanzminister und FDP-Vorsitzende Christian Lindner vor dem Treffen. Daran sei die Zustimmung zu Flottengrenzwerten gebunden.

Das FDP-Gerangel um E-Fuels und Verbrenner bremse den Antriebswechsel, kritisiert der BUND. „E-Fuels sind eine Scheinlösung, sie sind ineffizient, nicht automatisch klimaneutral und werden auf absehbare Zeit teuer sowie begrenzt verfügbar bleiben“, meint von Broock. „E-Fuels sollten nur da eingesetzt werden, wo eine direkte Elektrifizierung nicht möglich ist.“

Die FDP stand mit ihrer Haltung zu E-Fuels nicht allein. Italien und weitere Mitgliedstaaten hatten vor der Tagung gefordert, neue Verbrenner-Modelle erst ab 2040 zu verbieten. Der italienische Umweltminister zeigte sich während der Verhandlungen bereit für ein Verbot ab 2035, mit der Forderung einer Ausnahme für E-Fuels. Die EU-Kommission hatte in ihrem Gesetzesentwurf zum Kohlendioxidausstoß von Autos zunächst vorgeschlagen, dass von 2035 an de facto nur noch Elektrofahrzeuge neu zugelassen werden können. Nun will sie aber einen Vorschlag formulieren, der „klimafreundliche Kraftstoffe“ auch für Neuwagen mit Verbrennungsmotor berücksichtigt.

Ein fauler Kompromiss, sagen Kritiker. Das EU-Parlament plädiert indes für ein grundsätzliches Aus für neue Autos mit Verbrennungsmotor ab 2035. Die 27 EU-Staaten müssen sich letztendlich mit dem Europaparlament einigen.

Mobilitätswende beschleunigen

Auf das Argument von Seiten der FDP, dass durch ein Verbrenner-Verbot Arbeitsplätze entfallen könnten, entgegnete Umweltministerin Lemke, dass die Umstellung ebenso einen Technologieschub mit sich bringen und auf andere Bereiche ausstrahlen würde – was wiederum neue Arbeitsplätze schaffen könnte. Die Infrastruktur – etwa mit Ladestationen – müsse allerdings rasch aufholen. Die wenigen E-Fuels, die zur Verfügung stehen, würden dann für Antriebe von Schiffen und Flugzeugen benötigt, für die es noch keine echten Alternativen gibt.

Mit einem Verbrenner-Aus sei es nicht getan, mahnt indes der BUND. Zudem müssen jetzt dringend Maßnahmen zur sozialverträglichen Mobilitätswende mit weniger und kleineren Autos auf den Weg gebracht werden. „Verkehrsminister Wissing ist in diesem Zusammenhang gefordert, für das Klimaschutzsofortprogramm schnell wirksame Maßnahmen vorzulegen, um die im Klimaschutzgesetz festgeschriebenen CO2-Höchstmengen im Verkehr in diesem und den nächsten Jahren einzuhalten“, fordert BUND-Geschäftsführerin von Broock. na


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