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Klimaklage





Öko-InstitutVorschläge für mehr Klimaschutz im Luftverkehr

Landeanflug eines Flugzeuges bei Nacht
Der Flugverkehr profitiert von Privilegien, die nicht mehr zeitgemäß sind. (Foto: Danilo Bueno auf Pixabay)

Wenn die Europäische Union Maßnahmen für wirksamen Klimaschutz ergreift, wird auch der Flugverkehr einen Beitrag leisten müssen. Das Öko-Institut plädiert für eine Kerosinsteuer auf EU-Ebene und schärfere globale Ziele.

26.05.2021 – Fliegen ist die klimaschädlichste Fortbewegungsform. Global verursachte der Luftverkehr 2018 insgesamt 2,4 Prozent aller vom Menschen verursachten CO₂-Emissionen. Das mag nicht viel klingen, ist aber aus mehreren Gründen problematisch, denn die CO2-Emissionen allein sind für das Klima nur begrenzt aussagekräftig.

Der tatsächliche Beitrag des Luftverkehrs zur Erderhitzung ist etwa drei Mal so groß wie der Beitrag der CO₂-Emissionen. Das liegt daran, dass er weitere klimaschädliche Wirkungen hat, zum Beispiel durch Wolkenbildung. Nach Berechnungen des Öko-Instituts war der Luftverkehr im Jahr 2018 insgesamt für etwa 5,5 Prozent der menschgemachten Klimaerhitzung verantwortlich.

Zudem verzeichnete die Branche zuletzt jährliche Wachstumsraten von fünf Prozent. Die Corona-Pandemie brachte zwar einen Einbruch um mehr als die Hälfte, aber die Branche rechnet mit einer Wiederbelebung auf dem alten Niveau. Bezahlbare Technologien zum klimaneutralen Fliegen sind weiterhin nicht in Sicht.

Noch immer genießt die Luftfahrtbranche Privilegien, die sie im Wettbewerb mit der Bahn oder dem Straßenverkehr bevorteilen. Während beispielsweise in Deutschland für jeden Liter Benzin 64 Cent Steuern fällig werden, ist Kerosin von der Energiebesteuerung befreit. „Auf den Flugverkehr übertragen, würde dies eine Verdopplung der Preise bedeuten“, sagt Jakob Graichen, Wissenschaftler am Öko-Institut in einem Podcast zum Flugverkehr.

Doch würde Deutschland allein eine solche Steuer einführen, hätte das kaum Effekte für den Klimaschutz. Die Luftfahrtunternehmen könnten leicht zum Tanken auf andere Flughäfen ausweichen.

EU-weite Kerosinsteuer als Instrument

Wie also könnten wirksame Schritte für mehr Klimaschutz in dieser internationalen Branche aussehen? Das Öko-Institut plädiert zunächst für eine EU-weite Kerosinsteuer. Deutschland sollte sich dafür in den Verhandlungen auf EU-Ebene einsetzen. Umgehungsstrategien von Fluggesellschaften könnten damit zumindest auf europäischer Ebene weitgehend vermieden werden, denn kaum jemand wird mit dem Auto in die Ukraine fahren, um eine preiswerte Flugreise anzutreten.

Darüber hinaus sollte die Luftverkehrssteuer so erhöht werden, dass damit die fehlende Mehrwertsteuer auf internationale Flüge ausgeglichen wird und so ein Preisvorteil gegenüber anderen Transportmitteln entfällt.

Schluss mit kostenlosen CO2-Zertifikaten für den Luftverkehr

Bei der anstehenden Reform des EU-Emissionshandels (EU ETS) sollte die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten für den Flugverkehr beendet und stattdessen alle Zertifikate versteigert werden. „Der Luftverkehr erhält weiterhin einen großen Teil der Zertifikate umsonst, obwohl es keine Gefahr gibt, dass er in andere Teile der Welt abwandert“, sagt Jakob Graichen. Zudem sollte der EU ETS weiterhin für alle innereuropäischen Flüge gelten.

Globales Abkommen der Luftfahrtbranche stärken

Auf internationaler Ebene gelte es das Programm CORSIA nachzuschärfen, das 2016 von der internationalen Luftfahrtbranche aus der Taufe gehoben wurde. Die Abkürzung CORSIA steht für Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation und regelt ein globales CO2-Kompensationssystem für den Luftverkehr.  Es setzt auf höhere Effizienz, neue Kraftstoffe und Zertifikate.

Zwar war es das erste international beschlossene Klimaschutzprogramm einer ganzen Branche, hat aber entscheidende Nachteile. Die Qualität der Zertifikate zur Emissions-Kompensation ist sehr verschieden und wird nicht kontrolliert. Zukünftige Einsparungsziele, die weit in der Zukunft liegen, beziehen sich auf das Jahr 2019 mit hohen Emissionen, was de facto dazu führt, dass bis 2035 kaum Reduktionen zu erwarten sind. Diese Einschätzung trifft Jakob Graichen.

Nächstes Jahr soll CORSIA evaluiert werden, nach Meinung der Wissenschaftler vom Öko-Institut ein guter Zeitpunkt zum Nachschärfen. Ein Nullemissionsziel für den Luftverkehr bis 2050, ambitionierte Zwischenziele bis 2035, Beimischungsquoten für synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, und höhere Qualitätsstandards der Kompensationszertifikate könnten wirksame Verbesserungen schaffen.

CORSIA setzt auch auf Effizienzsteigerungen, die tatsächlich in den letzten Jahren erreicht wurden. Doch das absolute Wachstum des Flugverkehrs hat diese Effizienzgewinne immer wieder aufgefressen – die Emissionen sind in absoluten Werten gestiegen, obwohl die Emissionen pro Passagier und Flug gesunken sind

Weil Start und Landung besonders viele Emissionen freisetzen, liegen die Emissionen bei Kurzstreckenflügen pro Flugkilometer höher als bei Langstreckenflügen. Ein weiterer entscheidender Hebel für mehr Klimaschutz im Luftverkehr: Auf kurzen Distanzen gilt es, andere Angebote als praktikable Alternative zum Flieger zu entwickeln. pf

Kommentare

Conny Altenhofen am 26.05.2021

Lärm- und Schadstoffemissionen der Luftfahrt zeichnen verantwortlich für Hundertausende von Toten weltweit. Menschen, die an Gefäßschäden, Herz- Kreislauferkrankungen, Depressionen und Krebs gestorben sind, in Folge des hochgiftigen Ultrafeinstaubs, dem Ausstoß von Kanzerogenen - gerade bei Starts und Landungen, des ohrenbetäubenden Krachs und chemischen Drecks, mit dem die Flieger den gesamten Erdball überziehen. Diese Toten haben Sie in Ihrem Artikel vergessen zu erwähnen. Das ist bedauerlich aber nachvollziehbar, denn diese Luftfahrtopfer starben alleine im Stillen und hatten keine Lobby. Das Geschäftsgebaren der gesamten Luftfahrtbranche steht dem Grundgesetz diametral entgegen und führt es in krimineller Art und Weise ad absurdum: "(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich." Wenn die Luftfahrt mit ihrer Abgreifmentalität marktwirtschaftlich und Umwelt gerecht wirtschaften müsste, wie andere Unternehmen auch, dann würde sich diese Art der Mobilität auf ein erträgliches und nachhaltiges Maß reduzieren. Derzeit ist es leider die ewige Larmoyanz eines Geschäftmodells, auf Kosten von Mensch, Tier, Gesellschaft und Umwelt.

luisa lungstrang am 30.09.2021

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