Klimaschutz: Warum E-Autos erst ab 2040 die Wende bringen
Massiv Elektroautos fördern und gut ist’s? So funktioniert Klimaschutz im Verkehr nicht, sagen Klimaforscher. Erst ab 2040 können E-Autos die Emissionen deutlich sinken lassen. Alternative Lösungen sind altbekannt und für manchen unbequem.
04.06.2019 – Mehr Fahrrad fahren, mehr Bus und Bahn in einem gut ausgebauten ÖPNV-System und dafür weniger mit dem privaten Auto. Das sind die Lösungen für eine Verkehrs- und Mobilitätswende. Altbekannt, seit Jahren von Wissenschaftlern und Stadtplanern gepredigt und noch immer aktuell. Dennoch will die Bundesregierung vor allem Elektroautos stärker fördern. Jetzt zeigt eine neue Studie, dass das Lieblingsthema vieler Politiker für den Klimaschutz im Verkehr nur sehr langfristig funktioniert.
„Elektroautos können erst ab 2040 die CO2-Emissionen deutlich senken“, lautet das Fazit des Berliner Klimaforschungsinstituts „Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change“, kurz MCC, und der Universität Newcastle. Die Studie wurde in der angesehenen Fachzeitschrift Applied Energy veröffentlicht.
Ein Weiter so mit E-Autos funktioniert nicht
Das bedeutet: Ein Weiter so im Verkehr nur mit E-Antrieb kann es nicht geben. Das wird Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ungern hören. Denn sein Plan lautet eigentlich, Benzin- und Dieselautos mehr oder weniger gegen Elektroautos zu ersetzen, um die deutschen Klimaziele im Verkehr zu erreichen. 40 Prozent weniger Treibhausgase müssen es bis 2030 sein. Erreicht sind bisher: null.
Scheuer plant derzeit, die Kaufprämie für E-Autos deutlich zu erhöhen. Zudem sind synthetische Kraftstoffe im Gespräch, die aber wenig erprobt, sehr teuer und kaum eine ernsthafte Alternative sind, wenn man Verkehrsforschern glaubt. Dennoch will der Verkehrsminister mit diesen Kraftstoffen Verbrennungsmotoren eine Zukunft geben und so gemeinsam mit E-Autos den CO2-Ausstoß senken.
Kurz- und mittelfristig keine Klimaschutzlösung
So würden die Klimaschutzziele im Verkehr nicht erreicht, glauben die Klimaforscher vom MCC. Selbst in England, wo die Ausgangslage für E-Autos im Vergleich zu Deutschland deutlich besser sei, könnten Elektroautos die Emissionen aus dem Verkehr bis 2030 kaum und bis 2040 nur um maximal zehn Prozent senken.
„Langfristig muss E-Mobilität eine tragende Rolle spielen“, gibt Studienautor Felix Creutzig vom MCC zu. Damit aber kurzfristig die Emissionen sinken, müsse die Politik die Spritsteuern erhöhen und so an der Fahrleistung ansetzen, fordert Creutzig. Das Auto muss also weniger gefahren werden und zugleich viele Menschen auf Bus, Bahn oder Fahrrad umsteigen.
Betrieb und Herstellung müssen mit Ökostrom laufen
Die Politik müsse zudem den Kohleausstieg und die Energiewende vorantreiben, sagt Creutzig. Derzeit beinhaltet der deutsche Strommix noch fast 40 Prozent Kohlestrom, E-Autos fahren also im Durchschnitt nicht emissionsfrei. Der Studie zufolge entstehen bei der Herstellung elektrischer Autos etwa 8,8 Tonnen CO2 – 60 Prozent mehr als bei Verbrennern.
Erst wenn Betrieb und Herstellung massenweise mit Ökostrom laufen, können Elektroautos die Klimabilanz im Verkehr deutlich verbessern, sagt der Forscher. Und das sei erst in 20 Jahren der Fall.
Es gibt allerdings nicht nur negative Neuigkeiten: Bis 2030 könnte der CO2-Ausstoß im Verkehr um 20 Prozent sinken, aber nicht dank Elektroautos. Sondern weil die EU den Autobauern strenge Vorgaben für den Ausstoß ihrer Autos gesetzt hat. Doch auch das allein wird nicht ausreichen, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. cw