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AusblickDas wird 2020 wichtig für Klimaschutz und Energiewende

Wie geht es 2020 weiter mit der Windenergie und Energiewende? Die Bundesregierung muss in diesem Jahr drängende Fragen beantworten.
Wie geht es 2020 weiter mit der Windenergie und Energiewende? Die Bundesregierung muss in diesem Jahr drängende Fragen beantworten. (Foto: Karsten Würth (@karsten.wuerth) on Unsplash)

Mit der Klimakonferenz ist das Jahr enttäuschend zu Ende gegangen und 2020 wird nicht leichter: Deutschland und Europa müssen entscheidende Weichen stellen für Klimaschutz und Energiewende. Immerhin ist bekannt, was zu tun ist. Ein Überblick.

03.01.2020 – 2019 war ein Jahr voller Erwartungen für den Klimaschutz und vieler Enttäuschungen. Der Kohleausstieg ist zwar ausgehandelt, aber die Bundesregierung hat es in elf Monaten nicht geschafft, diesen auch einzuleiten. Für den Klimaschutz kommt der Ausstieg im Jahr 2038 ohnehin viel zu spät. Das lang erwartetet und dann enttäuschende Klimapaket der Bundesregierung reicht vorne und hinten nicht für die Klimaziele 2030. Richtig zufrieden ist damit niemand. Die Klimakonferenz in Madrid? Das Positivste ist, dass einige Staaten und darunter die EU eine Abschwächung des Klimaschutzes verhindern konnten. Mehr Klimaschutz bedeutet das aber nicht.

Zum Abschluss des Jahres wurde es dann endlich versöhnlicher: Die Grünen konnten mithilfe ihrer Blockade-Macht im Bundesrat das Klimapaket der Bundesregierung ein wenig mehr in Richtung Klimaschutz drückten: Der CO2-Preis startet im Jahr 2021 mit 25 statt zehn Euro und steigt schneller als CDU/CSU und SPD geplant hatten. Auch der Strompreis sinkt, dafür steigt ebenso die Pendlerpauschale. Damit konnten die Grünen mehr erreichen als allgemein erwartet worden war. Dennoch reicht das nicht für die Klimaziele 2030 oder das Pariser Abkommen.

2020 wird das entscheidende Jahr für die Energiewende

An Problemen rund um die Energiewende mangelt es nicht und sie sind größtenteils hausgemacht. Jahrelang haben CDU/CSU und SPD das Thema vernachlässigt, auf die lange Bank geschoben, abgewiegelt. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erklärte bereits bei Amtsantritt, er sehe keinen Bedarf für Reformen – und rutschte in die Krise der Windenergie rein, vor der Experten bereits vor Jahren warnten.

Diese Krise muss er dringend 2020 lösen. Im vergangenen Jahr wurden über 80 Prozent weniger Windräder gebaut als noch 2018. Die von der Koalition vereinbarten, restriktiven Abstandsregeln für neue Windräder von 1.000 Metern zu „dörfliche Strukturen mit signifikanter Wohnbebauung“ verschärfen das Problem. Die Bundesregierung hat das Ziel ausgerufen, bis 2030 mindestens 65 Prozent des Stroms durch Erneuerbare Energien zu decken und steht gleichzeitig auf der Bremse.

Den Ausbau der Windenergie muss Altmaier deshalb als eines der ersten Probleme angehen. Die SPD hat zu Beginn des Jahres Vorschläge unterbreitet, wie das gehen könnten: Ein „Windbürgergeld“ für Kommunen oder Anwohner soll die Akzeptanz erhöhen. Zudem wollen die Sozialdemokraten das Klagerecht einschränken, damit Anwohner nicht durch jahrelange Gerichtsprozesse Windräder oder Stromleitungen verhindern können. Einspruchsmöglichkeiten müssten sinnvoll gestaltet und Planungsprozesse verschlankt werden. Abstandsregeln will die SPD großzügiger auslegen.

Kommt in diesem Jahr endlich ein besseres Mieterstrom-Gesetz?

Auch die Solarenergie hat zu kämpfen mit der Bundesregierung. Wie bei der Windenergie werden neue Solaranlagen Jahr für Jahr billiger, denn die Preise für Module und Anlagen sinken. Doch das Bundeswirtschaftsministerium schränkt Förderung und Ausbauzahlen ein.

Beispiel Mieterstrom: Obwohl gerade auf den Dächern der Städte genügend Platz für die Erzeugung sauberen Solarstroms vorhanden ist und keine Akzeptanz-Probleme hat, bleibt das Potenzial ungenutzt. Solarstrom auf dem Dach für die Bewohner darunter zu erzeugen ist derart kompliziert, dass Energieversorger und Immobilienbesitzer davor zurückschrecken. Technisch ist das kein Problem, aber die Regelungen im Energiewirtschaftsrecht verstehen selbst Experten kaum, die Abrechnung ein Alptraum. Eine Neuregelung verspricht das Wirtschaftsministerium seit Jahren – und muss endlich handeln.

Nächste Baustelle: die Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes

Das Thema Mieterstrom steht auf dem Zettel für eine umfangreiche Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG), mit dem die Ökostrom-Förderung seit 20 Jahren geregelt wird. Im Frühjahr soll es soweit sein, Verlängerung wahrscheinlich. Neben kleineren Änderungen soll unter anderem die teure Förderung von Meereswindparks nicht mehr die EEG-Umlage und damit die Stromverbraucher belasten, sondern aus dem Haushalt fließen. Außerdem sollen das 65 Prozent-Ökostrom-Ziel im Gesetz festgehalten und die Ausbaupfade für einzelne Technologien angepasst werden.

Bereits geeinigt haben sich Union und SPD darauf, den Deckel für Photovoltaikanlagen zu streichen. Vor Jahren hatte die Politik beschlossen, nicht mehr als 52 Gigawatt Photovoltaikanlagen zu fördern. Angesichts der Klimakrise unhaltbar. Auch eine Erhöhung der Ausbauziele für Meereswindparks ist unkritisch. Diese Punkte wollte die Koalition mit dem Mindestabstand für neue Windräder zur Wohnbebauung bereits im letzten Jahr beschließen. Doch die SPD blockierte dieses „Windkraft-Verhinderungsinstrument“ dann doch noch. Der Streit schwelt weiter.

Das Kohleausstiegs-Gesetz muss schnell kommen

Nächster Streitpunkt Kohleausstieg. Zwar hat der Bundestag das Gesetz zur Strukturförderung der Kohleregionen verabschiedet, dieses tritt aber erst mit dem Kohleausstiegs-Gesetz in Kraft. Die Bundesregierung hatte ursprünglich versprochen, den Ende Januar 2019 gefundenen Kohlekompromiss bis Ende des Jahres eins zu eins umzusetzen. Doch das Wirtschaftsministerium kommt in den Verhandlungen mit den Kohlekonzernen kaum voran, das Gesetz wurde ins neue Jahr verschoben. Wann es soweit ist, steht noch nicht fest.

Eins zu eins wird der Kohlekompromiss am Ende wohl nicht umgesetzt, nur die Richtung stimmt. Wichtig ist dennoch, dass der Kohleausstieg früh im Jahr 2020 gesetzlich fixiert wird, um Energiekonzernen und Investoren Sicherheit für ihre Ökostrom-Investitionen zu geben. Immerhin gehen Experten davon aus, dass der Kohleausstieg ohnehin früher kommt.

Der „Green Deal“ darf 2020 nicht an Kraft verlieren – und muss umgesetzt werden

Im Dickicht der nationalen Energiewende findet sich kaum Ermutigendes, dafür kommt aus Brüssel Hoffnung: Der Elan der seit Dezember amtierenden EU-Kommission. Denn die neue Präsidentin Ursula von der Leyen und ihr Team scheinen umzusetzen, was sie bereits in ihrer Bewerbungsrede vor dem Europäischen Parlament ankündigte: Einen Green Deal, das bisher umfassendste Projekt zum nachhaltigen, ökologischen Wandel und den Umbau unserer Wirtschaft, eine dringend notwendige Vision. Das Ziel: Europa soll 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden.

Gegen Widerstände, vor allem aus Polen, hat die EU-Kommission ihre erste Hürde genommen und sich mit den Mitgliedsländern darauf verständigt, das Ziel der Treibhausgas-Neutralität bis 2050 festzuschreiben. Derzeit arbeitet sie an einem 100-Tage-Klimaprogramm und will nahezu alle Bereiche der EU auf ihr Ziel abstimmen. Besonders wichtig wird die Anhebung des EU-Klimaziels sein. Statt bisher 40 wollen EU-Kommission und Europäisches Parlament mindestens 50 bis 55 Prozent weniger Treibhausgase gegenüber 1990 erreichen.

Das wird nicht leicht, besonders die Mitgliedsländer bremsen von der Leyens Ambitionen. Nicht nur osteuropäische Staaten wie Ungarn, Polen und Tschechien betrachten die Pläne argwöhnisch. Auch die Bundesregierung signalisiert nur zögernd Unterstützung, anders als etwa Frankreich, Spanien, die Niederlande oder die Skandinavier. Der Green Deal wird eine Mammutaufgabe, die 2020 viel Durchsetzungskraft abverlangen wird, sicherlich inklusive einiger Rückschläge. Wollen wir die Klimakrise ernsthaft bekämpfen, müssen allerdings in diesem Jahr die Weichen dafür gestellt werden. Und der Green Deal Wirklichkeit werden.

Der Pariser Klimavertrag muss endlich ernst genommen werden

Das ist umso wichtiger, weil der internationale Klimaschutz in einer Krise steckt und gleichzeitig erste Verpflichtungen des Pariser Klimavertrags gelten: Die Staaten der Erde müssen ihre nachgeschärften nationalen Klimapläne bei den Vereinten Nationen einreichen, spätestens bis zur Klimakonferenz COP26 im November in Glasgow.

Bis auf die EU haben sich die großen Klimasünder – China, USA, Indien, Russland, Japan oder Brasilien – nicht bewegt und auf der Klimakonferenz in Madrid keine Impulse gesetzt. Umso intensiver schaut die Welt, ob die EU und Deutschland es ernst meinen mit ihren Klimazielen. Der Pariser Klimavertrag muss 2020 endlich als das wahrgenommen werden, was er ist: völkerrechtlich verpflichtend. Clemens Weiß


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