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EEG-Novelle 2020Energiewende-Akteuren mehr zutrauen

Solaranlage auf Mehrfamilienhaus in Berlin
Der Entwurf des EEG 2021 stößt auf vielfache Kritik. Energiewende-Akteure werden ausgebremst. (Foto: Clemens Weiß)

Zahlreiche Verbände haben den Entwurf zum EEG 2021 kritisiert. Der Öko-Energieversorger NATURSTROM bemängelt die fortgesetzte Gängelung durch den Gesetzgeber. Es bliebe kaum noch Spielraum für innovative Konzepte und Bürgerenergie.

22.09.2020 – Mit Spannung wird morgen die Entscheidung des Bundeskabinetts zur vorgelegten EEG-Novelle erwartet. Anfang September gab sie Wirtschaftsminister Altmaier in die Ressortabstimmung. In der letzten Woche gab es gerade mal vier Tage Zeit für die Verbändeanhörung.

Dabei hat es die Novelle in sich. Auf rund 140 Seiten wird das EEG in vielen Details geändert und soll als EEG 2021 bereits im Januar 2021 in Kraft treten. Nach vielfacher Meinung aus der Branche sind die Anpassungen leider nicht zielführend. Weder werde ein wirksamer Impuls für den Ausbau der Erneuerbaren gesetzt, noch die EU-Vorgaben zur Erleichterung des Eigenverbrauchs und der Bürgerbeteiligung umgesetzt.

Der Vorstand des Öko-Energieversorgers NATURSTROM Thomas E. Banning moniert, dass die vorgesehenen Ausbaupfade den zusätzlichen Ökostrombedarf im Zuge der Sektorenkopplung ignorieren. Dem selbstgesteckten Ziel der Treibhausgasneutralität bereits in den 2040er-Jahren trage der Entwurf nicht Rechnung, da ein unveränderter Strombedarf auf heutigem Niveau angesetzt sei.

Elektroautos, Wärmepumpen und andere Stromanwendungen im Mobilitäts- und Wärmesektor bringen aber den Klimaschutz nur dann voran, wenn der benötigte Strom aus erneuerbaren Quellen gewonnen wird. „Auch für die groß angekündigte Wasserstoffstrategie der Bundesregierung benötigen wir hierzulande deutlich mehr Ökostrom. Für das EEG muss es also heißen: realistische Stromverbrauchsannahmen und einen schnelleren Erneuerbaren-Zubau“, sagte Banning.

Vorgeschlagene Maßnahmen reichen nicht

Der Öko-Energieversorger erkennt an, dass einige Regelungen in die richtige Richtung gehen: die bisher enthaltene Erhöhung der Ausschreibungsmengen, die Ausweitung der Flächenkulisse für Photovoltaik-Freiflächenanlagen, die Südquote bei der Windenergie oder die eigene, aber zu geringe Vergütungskategorie für Mieterstrom. Diese Maßnahmen reichen aber bei Weitem nicht aus oder werden durch restriktive Regelungen wie die Verpflichtung zur stufenlosen Steuerung von Erzeugungsanlagen durch die Netzbetreiber bereits ab 1 Kilowatt Leistung, die Ausweitung der Vergütungskürzungen bei negativen Preisen oder die Umstellung auf Jahresmarktwerte konterkariert.

Banning macht deutlich: „Die Bundesregierung will mit dem EEG 2021 zurecht verankern, dass der Stromsektor in den 2040er-Jahren treibhausgasneutral werden soll. Aus unserer Sicht müssen spätestens zu Anfang dieses Jahrzehntes 100 Prozent Erneuerbare Energien erreicht sein. Dies gelingt aber nicht, wenn die Bundesregierung die kostengünstige Stromerzeugung aus Wind und Sonne mittels Ausschreibungen weit unter dem Ausbaupotenzial deckelt und wenn gleichzeitig der Betrieb neuer Projekte durch die Ausweitung der Vergütungskürzung bei negativen Preisen an der Strombörse unkalkulierbar gemacht werden.“

Weiterbetrieb ausgeförderter Anlagen unzureichend geregelt

Eine erhebliche Leerstelle sieht NATURSTROM auch in der fehlenden Regelung für den Weiterbetrieb von Wind- und Solaranlagen, deren Förderung ausläuft. Der Energiewende könne in den kommenden Jahren sogar ein Rückbau an Windenergie-Leistung drohen. „Das BMWi ignoriert die prekäre Lage der Altanlagen, die ihren EEG-Anspruch verlieren, und das in Corona-Zeiten, in denen die Börsenstrompreise in den Keller gerutscht sind“, erklärt Banning.

Um den Betreiberinnen und Betreibern kurzfristig eine Perspektive zu bieten, plädiert er für eine niedrige, befristete Auffanglösung. Hierdurch wird die weiter klar als Zielbild bestehende private Vermarktung nach unten abgesichert, so dass viele Anlagen vor der Abschaltung bewahrt werden können. „Das kostet kaum etwas, bringt aber viel“, sagt Banning mit Blick auf ein bereits im Juni veröffentlichtes Konzept des Unternehmens, das sowohl im Betrieb von Öko-Kraftwerken als auch in der Stromvermarktung tätig ist.

Engagement für die Energiewende wird erschwert

Banning bemängelt zudem grundsätzlich, dass das EEG die Erneuerbaren im Detail immer mehr gängelt und kaum noch Luft bleibt für innovative Versorgungskonzepte, Bürgerenergie-Akteure und die mittelständische Energiewendewirtschaft. Das Engagement für eine dezentrale Energiewende werde an vielen Stellen erschwert statt gefördert.

Als Beispiel nennt er die Erschwerung des Eigenverbrauchs bei Ü20-Solaranlagen durch eine energiewirtschaftlich, volkswirtschaftlich und für die Anlagenbetreiber einzelwirtschaftlich unsinnige Viertelstundenbilanzierung nur weniger Kilowattstunden. Aber auch die neu eingeführten Ausschreibungen für Aufdach-Photovoltaik kritisiert Banning, insbesondere die niedrige Leistungsgrenze bzw. deren schnelle Absenkung sowie das Verbot von Eigenverbrauch bei diesen Anlagen.

 „Eigeninitiative scheint dem BMWi eher unheimlich zu sein – dabei brauchen wir Freiräume und Pioniere, um erst die Stromversorgung und dann den ganzen Energiesektor vollständig auf Erneuerbare umzustellen“, fordert Banning. Er hoffe auf Besserungen im parlamentarischen Verfahren. pf


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