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KlimakriseFossile Konzerne trotz Kohleausstieg weiter subventioniert

Schaufelrad eines Kohlebaggers, darunter läuft ein Mensch
Trotz politisch vereinbartem Kohleausstieg fließen weiter Fördergelder in die Kohleverstromung. Das ist mit den Klimazielen nicht mehr vereinbar. (Foto: Nicole Allé)

Trotz des politisch vereinbarten Kohleausstiegs erhalten Energie-Konzerne weiterhin Förderungen in Milliardenhöhe. Für dringende staatliche Aufgaben wie den Umwelt- und Klimaschutz oder die öffentliche Infrastruktur fehlt dieses Geld zunehmend.

25.07.2023 – Um die vereinbarten Klimaziele zu erreichen, braucht Deutschland einen zügigen Kohleausstieg. Der wurde auch schon von der Bundesregierung beschlossen. Trotzdem fließen immer noch staatliche Gelder in die Förderung von Braunkohle. Eine neue Analyse macht deutlich: Allein 2022 wurden der Abbau von Braunkohle und die Stromerzeugung daraus von der Allgemeinheit mit rund 1,7 Milliarden Euro gefördert – davon kommen 1,2 Milliarden direkt aus dem Staatshaushalt.

Die Ergebnisse der aktuellen Analyse des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der Ökoenergiegenossenschaft Green Planet Energy zeigen ein grobes Missverhältnis auf. „Angesichts klammer werdender öffentlicher Kassen fehlt dieses Geld für andere dringende staatliche Aufgaben, wie etwa den Umwelt- und Klimaschutz, die Gesundheitsversorgung oder die öffentliche Infrastruktur“, kritisiert Nils Müller, Vorstand bei Green Planet Energy.

Das Gros der in der FÖS-Analyse aufgeführten direkten staatlichen Förderungen kommt laut Studie durch Energiesteuer-Vergünstigungen zustande. Diese machen rund 817 Millionen Euro aus. „Die Stromerzeugung aus Kohle wird zwar indirekt durch die Stromsteuer besteuert – aufgrund zahlreicher Ausnahmen vor allem für die energieintensive Industrie wird die Wirkung dieser Steuer allerdings stark minimiert“, erläutert dabei Isabel Schrems, Studienleiterin beim FÖS. Zudem falle die bei der Wärmeerzeugung aus Kohle anfallende Energiesteuer, vor allem gemessen am CO2-Gehalt und den damit verbundenen Umweltkosten, im Vergleich zu anderen fossilen Energieträgern gering aus.

Daneben profitierten die Braunkohleunternehmen auch im Jahr 2022 davon, dass sie von einer Förderabgabe befreit waren, die normalerweise auf die Ausbeutung von Bodenschätzen gezahlt werden müsste. Diese Abgabe beträgt zehn Prozent des Marktwerts, so die Experten, könne aber von den zuständigen Bundesländern reduziert oder erlassen werden. Bei einer Fördermenge von 130 Millionen Tonnen Braunkohle im vergangenen Jahr und einem geschätzten Marktpreis von 17,84 Euro pro Tonne ergibt sich laut Analyse durch die erfolgte Befreiung eine Entlastung von 233 Millionen Euro.

Dritte große Säule der direkten staatlichen Subventionen sind Entschädigungszahlungen, die im Kohleausstiegsgesetz für die Stilllegung von Braunkohlemeilern vereinbart wurden. Für den RWE-Konzern waren das laut FÖS für das Jahr 2022 Zahlungen in Höhe von 173 Millionen Euro. Insgesamt belaufen sich die vereinbarten Entschädigungszahlungen an RWE und die ostdeutsche Leag auf 4,35 Milliarden Euro.

EU prüft unrechtmäßige Beihilfe

Allerdings prüfe die EU-Kommission derzeit, ob diese Zahlungen eine unrechtmäßige Beihilfe darstellen könnten – eine Entscheidung aus Brüssel wird noch vor der Sommerpause erwartet. Auch Green Planet Energy hat sich mit Stellungnahmen am Prüfverfahren beteiligt. „Die Entschädigungen in der jetzigen Form sind vor allem deswegen unangemessen hoch, weil die Braunkohleverstromung aufgrund steigender CO2-Kosten langfristig unwirtschaftlich ist“, kommentiert Nils Müller.

„Neben den staatlichen Förderungen erhalten die Braunkohlekonzerne noch weitere finanzielle Vorteile, die allerdings nicht aus der Staatskasse kommen, sondern zum Teil von allen Verbraucher:innen getragen werden müssen“, ergänzt FÖS-Expertin Isabel Schrems. Dies beinhalte Vergütungen für Braunkohlemeiler, die in die so genannte Sicherheitsbereitschaft überführt wurden bzw. die über einen längeren Zeitraum schrittweise stillgelegt werden sollen. Allein die Vergütung zur Sicherheitsbereitschaft beläuft sich laut Analyse auf 236 Millionen Euro pro Jahr – Kosten, die von der Bundesnetzagentur auf die Netzentgelte umgelegt werden und von allen Stromkunden gezahlt werden müssen.

Wettbewerbsvorteile der Konzerne, Nachteil für die Bürgerenergie

Zudem profitierten die Konzerne davon, dass sie vor Jahren zum Zwecke der Braunkohleförderung an Grundstücke kamen, auf denen sie heute beispielsweise Wind- und Solarparks errichten können. „Andere Projektierer müssen hohen Aufwand betreiben und erhebliche Kosten schultern, um an geeignete Flächen zu gelangen“, sagt Müller. Hier hätten die Konzerne einen erheblichen Wettbewerbsvorteil, der ihre Marktmacht bei der Stromerzeugung auch zementieren könnte und die Chancen für Akzeptanz fördernde Bürgerenergie-Projekte minimiere. Er hält die hohe Summe der in der FÖS-Studie aufgezeigten staatlichen und sonstigen Förderungen für unzeitgemäß und inakzeptabel: „Ein konsequenter Kohleausstieg muss auch bedeuten, die Alimentierung der Kohle durch die Allgemeinheit weitestgehend zu beenden.“ na


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