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Petersberger KlimadialogMerkel will durch diskutieren klimaneutral werden

Angela Merkel bei einer Rede
(Bild: Sven Mandel / CC-BY-SA-4.0)

Mit ihrer Rede auf dem Petersberger Klimadialog hat Angela Merkel die Klimaschutz-Debatte beschleunigt, um sie gleich wieder zu bremsen. Klimaneutral bis 2050, aber: Das Klimakabinett muss darüber erstmal diskutieren, gehandelt wird später.

16.05.2019 – „Ich schlage vor, dass wir im Klimakabinett eine Diskussion darüber führen, wie wir das Ziel klimaneutral bis 2050 erreichen“, sagte Merkel am Dienstag noch etwas vage um dann deutlicher zu werden: Es gehe nicht mehr darum, ob wir das Ziel erreichen, sondern nur noch wie. Es ist ein klares Bekenntnis zum Klimaschutz, eine überfällige klimapolitische Entscheidung, um die globale Erwärmung zu bremsen.

Eine Hintertür bleibt

Bisher sehen die deutschen Pläne 80 bis 95 Prozent weniger Emissionen bis 2050 vor. Um das völkerrechtlich verbindliche Pariser Klimaabkommen einzuhalten, müssen es dagegen spätestens 2050 netto null sein, also klimaneutral. Innerhalb Europas wird die Anhebung der Klimaziele derzeit diskutiert. Neun EU-Staaten unter der Führung Frankreichs waren in der vergangenen Woche vorangeprescht, Merkel hatte gebremst.

Die Bundeskanzlerin begrüßte in ihrer Rede auf dem Petersberger Klimadialog zwar die Initiative, schloss sich aber nicht sofort an. Erst müssten vernünftige Lösungen im Klimakabinett gefunden werden. Im Umkehrschluss bedeutet das: Sollte die Koalition aus Union und SPD sich nicht zu ausreichenden Klimaschutzmaßnahmen durchringen, könnte das Ziel, bis 2050 netto keine Treibhausgase mehr auszustoßen, vom Tisch sein.

Was will Merkel?

Welche Rolle die Bundeskanzlerin im seit Monaten tobenden Koalitionsstreit um den Klimaschutz spielt, bleibt weiterhin unklar. „Lau, leise, lustlos“ sei sie in der Klimapolitik, kommentierte vor wenigen Tagen eine mit der Materie vertraute Journalistin der Tagesschau scharf. „Als Klima-Kanzlerin ein Totalausfall“. Etliche Klimaexperten sehen es ähnlich.

Auf dem Petersberger Klimadialog stärkte sie dagegen Bundesumweltministerin Svenja Schulze den Rücken. „Es ist richtig, dass die Umweltministerin darauf beharrt, dass wir die rechtlichen Rahmensetzungen vornehmen“, sagte Merkel. Die SPD-Ministerin pocht auf ein erstes deutsches Klimaschutzgesetz bis Ende des Jahres. So steht es im Koalitionsvertrag und ist dringend geboten, will Deutschland seine Klimaziele für 2030 einhalten. Die Zeit drängt.

Kraftlose Bundeskanzlerin

Doch gerade Merkels Union beharrt auf so wenig Klimaschutz wie möglich, der Kohleausstieg allein verlangt vielen in der CDU und CSU offenbar schon alles ab. Die CDU-Kanzlerin stärkt derweil der SPD-Ministerin den Rücken.

Und die Sozialdemokraten revanchieren sich: „Mein Eindruck ist, dass die Kanzlerin diesen Kampf um den Klimaschutz führen will“, sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch in der vergangenen Woche. Er wisse aber nicht, ob die Union das wolle. Besitzt Merkel also die Kraft, sich in ihrer eigenen Partei durchzusetzen? Die Frage bleibt weiterhin offen. Bisher sah es nicht danach aus.

Bloß nicht zu sehr einmischen

Merkel bestätigte Mierschs Spekulationen indirekt in ihrer Rede: „Ich würde mir wünschen, dass wir das können.“ Dazu passt eine weitere Aussage: „Wenn wir uns keine ehrgeizigen Ziele setzen, dann werden wir große Schwierigkeiten haben, überhaupt den Weg dahin zu finden“, machte sie deutlich.

Um dann gleich wieder undeutlich zu werden. Über die Instrumente für den Klimaschutz, also einen CO2-Preis oder jahresscharfe Sektorziele für die Energiewirtschaft, für Industrie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft sagte sie erneut: nichts Konkretes. Merkel treibt mit ihrer Rede die Klimadebatte voran, um sie gleich wieder zu bremsen. Bloß nicht zu sehr in die Diskussion eingreifen, das scheint sie sich vorgenommen zu haben. cw


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